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Stimm- und Wahlrecht

Das Stimm- und Wahlrecht beinhaltet in der modernen Demokratie die Teilhabe der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger an der politischen Willensbildung. Es umfasst das Recht, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen (Stimm- und aktives Wahlrecht) und für die Wahl in öffentliche Ämter kandidieren zu können (passives Wahlrecht). Die verfassungsmässig und gesetzlich geregelten Bedingungen für die Zulassung zum Stimm- und Wahlrecht entscheiden, welcher Teil der Bürgerschaft bzw. der niedergelassenen Bevölkerung dieses grundlegende politische Recht effektiv ausüben kann. Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte ist der Kreis der zum Stimm- und Wahlrecht Zugelassenen mehrfach ausgeweitet worden. Das allgemeine Wahlrecht für Männer wurde in der Schweiz bereits 1848 eingeführt – allerdings mit Einschränkungen bei der Umsetzung in den Kantonen. Die Ausweitung auf die gesamte erwachsene Bürgerschaft (Frauenstimmrecht) erfolgte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Von der Helvetik bis zur Regeneration

Vor 1798 herrschte in der Eidgenossenschaft entsprechend der verfassungsmässigen Vielfalt keine einheitliche Regelung des Stimm- und Wahlrechts. In allen Orten war aber ein grosser Teil der einheimischen Bevölkerung vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen. Die Aristokratisierung des politischen Lebens im Lauf der frühen Neuzeit verunmöglichte eine echte Mitwirkung an der politischen Willensbildung auch dort, wo noch regelmässig Wahlen durchgeführt wurden.

Mit der Helvetischen Revolution wurde die Ungleichheit in den politischen Rechten beseitigt. Die Verfassung vom 12. April 1798 brachte die Ausdehnung des Bürgerrechts, die Niederlassungsfreiheit und die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Menschenrechte) und schuf damit die Voraussetzungen für das allgemeine Wahlrecht für Männer (Wahlsysteme). Die Untertanen und Hintersassen wurden zu Schweizer Bürgern erklärt. Wahlberechtigt waren gemäss Artikel 28 der ersten helvetischen Verfassung alle im Stimmregister eingetragenen männlichen Bürger und Bürgersöhne ab vollendetem 20. Lebensjahr (Mündigkeit), die seit mindestens fünf Jahren in derselben Gemeinde niedergelassen waren (Helvetische Republik).

In den folgenden Verfassungen wurde das Stimm- und Wahlrecht jedoch schrittweise eingeschränkt. Die Verfassung von Malmaison vom 29. Mai 1801 schrieb den Kantonen zum ersten Mal vor, den Vermögenszensus oder die Ausübung eines selbstständigen Berufs und eine Steuerleistung als Voraussetzung für das Wahlrecht einzuführen. Die Mediationsakte von 1803 überliess die Wahlrechtsordnung zum grössten Teil den Kantonsverfassungen, die das allgemeine Wahlrecht weiter einschränkten. 1805 wurden die kantonsfremden niedergelassenen Schweizer Bürger durch einen Tagsatzungsbeschluss vom Wahlrecht im Niederlassungskanton ausgeschlossen, dies entgegen der Bundesakte von 1803. Die Städtekantone (Zunftstädte, Patrizische Orte) kehrten zum Erfordernis der einjährigen Zunftzugehörigkeit zurück, die von einem bestimmten Vermögen, der Wehrpflicht, der Erfüllung des 30. Altersjahrs und vom Gemeinderecht abhängig gemacht wurde. Auch die neuen Kantone sahen ähnliche Regelungen vor. In den Landsgemeindekantonen war das kantonale Bürgerrecht Voraussetzung, um zur Landsgemeinde zugelassen zu werden. In den konfessionell einheitlichen Kantonen (Innerschweiz, beide Appenzell, Luzern, bis 1815 Bern und Basel) hing das Wahlrecht auch von der Konfessionszugehörigkeit ab.

In der Restauration blieben die Hintersassen (Bürger anderer Kantone) vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen, vielerorts verloren auch die Beisassen (Kantonsbürger ausserhalb der Heimatgemeinde) politische Rechte, die zum Teil nur noch am Heimatort ausgeübt werden durften. Im Übrigen boten die kantonalen Wahlordnungen ein höchst unterschiedliches Bild; sie knüpften etwa an die Vorrechte der Patrizier, einen bestimmten Bildungsgrad, den Vermögenszensus und das Bürgerrecht an.

Die 1830 in Kraft gesetzte Tessiner Kantonsverfassung, gedruckt bei Giuseppe Ruggia e Comp., Lugano (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern, G 5940/2).
Die 1830 in Kraft gesetzte Tessiner Kantonsverfassung, gedruckt bei Giuseppe Ruggia e Comp., Lugano (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern, G 5940/2). […]

Mit dem Durchbruch liberaler Ideen in der Regeneration ab 1830 wurde das Prinzip des allgemeinen Wahlrechts wieder belebt (Liberalismus). Vorerst setzte sich dieses aber nur zögerlich durch. Verstärkte Vertretung der Wohlhabenden durch einen (gemilderten) Zensus und Vorrechte der Städte blieben in den ersten geänderten Verfassungen erhalten, durchaus mit Zustimmung der aus dem Bildungs- und Besitzbürgertum stammenden liberalen Führer. Der zunehmende Einfluss der Volksbewegung verhalf aber der vollständigen politischen Gleichheit allmählich zum Erfolg. Das Stimm- und Wahlrecht wurde auf die ausserhalb ihrer Bürgergemeinde niedergelassenen Kantonsbürger ausgedehnt. In einigen Kantonen kam es schliesslich zu einer Ausdehnung auf alle Schweizer Bürger, die später auch Eingang in die Bundesverfassung (BV) fand. Ab 1831 wurde der Zensus abgeschafft; 1848 war der Kanton Tessin der einzige Kanton, welcher das allgemeine aktive Wahlrecht noch durch einen Zensus beschränkte. Beibehalten wurde der Ausschluss wirtschaftlich Erfolgloser, das heisst Armengenössiger (Armut) und Zahlungsunfähiger. Unselbstständig Erwerbende wurden hingegen mit Ausnahme der in manchen Kantonen für kurze Zeit ausgeschlossenen Dienstboten zu den politischen Rechten zugelassen. Schliesslich hatten die meisten Kantone noch vor der Gründung des Bundesstaats das allgemeine Wahlrecht der Männer eingeführt, das nicht mehr an ein bestimmtes Vermögen, an Bildung, Beruf oder den Wohnort gebunden war. Unter dem Einfluss radikaler Staatsideen wurden im Kanton Waadt 1845 und im Kanton Genf 1847 sogar die Armengenössigen stimmberechtigt (Radikalismus).

Im Bundesstaat

Die Bundesverfassung von 1848 gewährleistete auch niedergelassenen Schweizer Bürgern anderer Kantone die Ausübung des Stimm- und Wahlrechts in kantonalen Angelegenheiten. Auf Bundesebene blieb das Stimm- und Wahlrecht abhängig vom kantonalen Aktivbürgerrecht: Wer im Wohnsitzkanton wegen Geisteskrankheit (Psychisch Kranke), Geistesschwäche, strafrechtlicher Verurteilung, fruchtloser Pfändung, Konkurs, Sittenlosigkeit, Bettelei, administrativer Versorgung usw. vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen war, konnte auch an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen nicht teilnehmen (gegen 20% der erwachsenen männlichen Bürger). Die Niederlassungsfreiheit war auf Schweizer christlicher Konfessionen beschränkt, die nachwiesen, dass sie durch Vermögen, Beruf oder Gewerbe sich oder ihre Familie ernähren konnten, und die seit mindestens fünf Jahren Schweizer Bürger waren. Diese Beschränkungen wurden 1866 weitgehend beseitigt, wodurch auch die Juden die freie Wohnortswahl erhielten (Judentum). Wesentlich für die Vereinheitlichung des allgemeinen Wahlrechts wurden die Rekursentscheide der politischen Bundesbehörden sowie die Praxis der Bundesversammlung bei der Gewährleistung der Kantonsverfassungen. Beseitigt wurden auf diesem Weg verschiedene kantonale Zensusbestimmungen, der Stimmrechtsausschluss der Dienstboten, der Ausschluss der Analphabeten (Alphabetisierung), später durch das Bundesgericht auch der Ausschluss von Geistlichen.

Wahlkreise und Wahlorte im Kanton Luzern im 19. Jahrhundert
Wahlkreise und Wahlorte im Kanton Luzern im 19. Jahrhundert […]

Die Verfassung von 1874 gewährte den niedergelassenen Schweizern anderer Kantone und Gemeinden auch das kommunale Stimm- und Wahlrecht. Zudem erhielt der Bund die Kompetenz, den Ausschluss von den politischen Rechten auch für die Kantone zu regeln. Hierfür wurden drei gesetzgeberische Anläufe unternommen, die jedoch alle erfolglos blieben (1875, 1877 und 1882). Das Scheitern einer bundesrechtlichen Regelung führte zu einer jahrzehntelangen Erstarrung des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts. Auf verschiedenen Wegen wurden die Zugewanderten und vermögenslosen Bevölkerungsschichten von den politischen Rechten ferngehalten; dadurch wurde für einen grossen Teil der potenziell Stimmberechtigten ein indirekter Zensus eingeführt.

1915 erklärte das Bundesgericht den Steuerzensus als verfassungswidrig, schützte dagegen den Ausschluss infolge Armengenössigkeit. Nach der Wirtschaftskrise des Ersten Weltkriegs wurde der Ausschluss infolge Zahlungsunfähigkeit auf den verschuldeten Vermögenszerfall beschränkt. Seit 1971 darf weder der strafrechtlich Verurteilte noch der zahlungsunfähige Bürger vom aktiven Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen werden. 2007 wurde ausserdem die Nebenstrafe der Amtsunfähigkeit abgeschafft. So kann auch das passive Wahlrecht nicht mehr als Folge eines Strafurteils eingeschränkt werden.

Das Frauenstimmrecht wurde zwischen 1959 und 1972 in praktisch allen schweizerischen Gemeinwesen eingeführt (in Bundesangelegenheiten 1971). Das Bundesgericht hat nach Annahme des Geschlechtergleichheitsartikels 1981 (Artikel 4 Absatz 2 BV 1874; Artikel 8 Absatz 3 BV 1999; Gleichstellung) auch die letzten Schranken beseitigt (Bundesgerichtsentscheid 116 Ia 359 vom 27. November 1990).

Die kantonalen Regelungen der Zulassung zu den politischen Rechten boten ein uneinheitliches Bild, bis 1978 das neue Bundesgesetz über die politischen Rechte von 1976 in Kraft trat. Damit wurde der Stimmrechtsausschluss bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen zum ersten Mal durch das Bundesrecht geregelt; er betraf fortan nur mehr Personen, die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt waren. In den nächsten Jahrzehnten passten die Kantone ihr eigenes Stimm- und Wahlrecht der Bundesregelung weitgehend an. Als erster Kanton nahm Genf 2020 eine Verfassungsrevision deutlich an, die auch Bürgerinnen und Bürgern mit geistiger oder psychischer Beeinträchtigung die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen ermöglicht.

Die politische Volljährigkeit tritt im Bund seit 1991 mit vollendetem 18. Altersjahr ein. Die Kantone waren hier Vorläufer und hatten ab 1977 das Stimmrechtsalter von 20 auf 18 Jahre gesenkt (der Kanton Schwyz bereits 1898). Im Kanton Glarus erlangen Bürgerinnen und Bürger seit 2007 das aktive Stimm- und Wahlrecht mit 16 Jahren; für das passive Wahlrecht gilt weiterhin die Vollendung des 18. Lebensjahrs als Voraussetzung.

Die Schranken des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts

Das Stimm- und Wahlrecht im Bund steht allen Schweizerinnen und Schweizern zu, die das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben und die nicht wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind (Artikel 136 Absatz 1 BV 1999; gemeint sind Personen, die wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden).

Plakat des Aktionskomitees für das Frauenstimmrecht im Kanton Zürich von Richard Paul Lohse, 1947 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat des Aktionskomitees für das Frauenstimmrecht im Kanton Zürich von Richard Paul Lohse, 1947 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

Die Kantone regeln die politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten (Artikel 39 Absatz 1 BV 1999). Mit Blick auf das Rechtsgleichheitsgebot und das bundesrechtliche Erfordernis einer demokratischen Kantonsverfassung müssen die Kantone das allgemeine und gleiche Stimm- und Wahlrecht gewährleisten (Artikel 8 Absatz 1 und Artikel 51 Absatz 1 BV 1999). Grundsätzlich gelten auf kantonaler Ebene die gleichen Anforderungen wie im Bund. Voraussetzung sind das Schweizer Bürgerrecht (mit Ausnahmen), Stimmrechtsalter 18 (in Glarus 16) sowie kein Stimmrechtsausschluss wegen dauernder Urteilsunfähigkeit (nicht in Genf). Niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer sind nur in einer Minderheit der Kantone stimmberechtigt, so auf kommunaler und kantonaler Ebene in den Kantonen Jura (seit 1979) und Neuenburg (1849 Gemeinden, 2002 Kanton), nur auf kommunaler Ebene in den Kantonen Waadt (2003), Freiburg (2005) und Genf (2005). Appenzell Ausserrhoden (1996), Graubünden (2004) und Basel-Stadt (2006) erlauben ihren Gemeinden, ausländischen Staatsangehörigen das Stimmrecht in kommunalen Angelegenheiten zu gewähren. In den Kantonen Jura, Neuenburg, Waadt und Freiburg steht Ausländerinnen und Ausländern auf Gemeindeebene auch das passive Wahlrecht zu. In den neuen, um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert entstandenen Kantonsverfassungen zeichnet sich kein klarer Trend zu einer Ausdehnung des Stimm- und Wahlrechts auf Niedergelassene ab. Abstimmungen zur Einführung des Ausländerstimmrechts verliefen fast ausschliesslich in der Westschweiz erfolgreich.

Die politischen Rechte werden am Wohnsitz ausgeübt (Artikel 39 Absatz 2 BV 1999); Bund und Kantone können Ausnahmen vorsehen. Der politische Wohnsitz befindet sich grundsätzlich am zivilrechtlichen Wohnsitz (Artikel 23 Absatz 1 Zivilgesetzbuch). Ausnahmen gelten unter anderem für Fahrende, Wochenaufenthalter und getrenntlebende Ehegatten sowie beim passiven Wahlrecht. Das Stimm- und Wahlrecht darf nur am einen und einzigen Wohnsitz ausgeübt werden (Artikel 39 Absatz 3 BV 1999): Niemand kann von mehreren Orten aus zugleich wählen und stimmen, Initiativen und Referenden ergreifen und unterzeichnen oder für Wahlen kandidieren. Das Wohnsitzprinzip wurde etwas gelockert,  insbesondere durch die Zulassung der stellvertretenden Stimmabgabe und durch die – von der Mehrzahl der Kantone in den 1990er Jahren eingeführte – erleichterte Briefwahl. Auf Bundesebene und in manchen Kantonen können auch Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer politische Rechte ausüben; in diesen Fällen wird ihre Stimme in ihrer Heimatgemeinde oder in einer früheren Wohnsitzgemeinde gezählt.

Die Stimmregister, in die alle auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene stimmberechtigten Personen eingetragen werden, sind grundsätzlich öffentlich und der Eintrag darf an keine erschwerenden Bedingungen mehr geknüpft werden. Kantone können für die Aufnahme ins Stimmregister eine Karenzzeit von bis zu drei Monaten vorsehen (Artikel 39 Absatz 4 BV 1999); diese betrifft nur die Ausübung von kantonalen und kommunalen politischen Rechten. Die Frist läuft ab Einreichung des Niederlassungsgesuchs und ist nur noch in den Kantonen Bern und Jura bekannt.

Wahlberechtigte und Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1919-2019
Wahlberechtigte und Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1919-2019 […]

Der Stimmzwang war früher in mehreren Kantonen verbreitet und ist heute ausser im Kanton Schaffhausen fast überall abgeschafft. Er ist ein blosser Teilnahmezwang, da es niemandem verwehrt wird, einen leeren Wahl- oder Stimmzettel abzugeben. Immerhin gilt die Teilnahme an Wahlen, Abstimmungen und Gemeindeversammlungen in den Kantonen Aargau, Glarus, Obwalden, Nidwalden und Uri noch als – allerdings nicht sanktionsbewehrte – Bürgerpflicht (Stimm- und Wahlbeteiligung).

Beim passiven Wahlrecht gab es im 19. Jahrhundert bedeutend mehr Einschränkungen als heute. In den Kantonsverfassungen konnte sich der Zensus für die Wählbarkeit länger halten als der Zensus für das Stimm- und aktive Wahlrecht, allerdings nur in Luzern und im Tessin über 1848 hinaus. Die Bundesverfassung von 1848 sah vor, dass neu eingebürgerte Schweizer erst nach einer fünfjährigen Frist in den National- und Bundesrat wählbar waren. Bis 1999 waren Geistliche nur dann in den Nationalrat wählbar, wenn sie bereit waren, ihre kirchlichen Ämter aufzugeben. Dadurch wurden die römisch-katholischen Geistlichen de facto von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Die Diskriminierung des Klerus beim passiven Wahlrecht (Ausnahmeartikel) war bereits während der Regeneration gerade auch in katholischen Kantonen (nicht aber im Tessin) verbreitet. Einschränkungen, die heutzutage noch existieren, ergeben sich hauptsächlich aus der personellen Gewaltenteilung und in einzelnen Kantonen aus Amtszeitbeschränkungen sowie Mindest- und Höchstaltersgrenzen für Exekutiven. In Kantonen und Gemeinden weit verbreitet ist der Amtszwang, d.h. die Verpflichtung für eine gewählte Person, das Amt zu übernehmen und auszuüben. Der Amtszwang gilt nur für Nebenämter und ist meist auf eine Amtsdauer beschränkt.

Quellen und Literatur

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  • Siegenthaler, Paul: «Der Stimmzwang als rechtsstaatliches Problem», in: Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 97, 1961, S. 241-255.
  • Schefold, Dian: Volkssouveränität und repräsentative Demokratie in der schweizerischen Regeneration 1830-1848, 1966.
  • Bericht der Studienkommission zur Prüfung von Reformvorschlägen für die Wahl des Nationalrates und das Stimmrechtsalter, 1972.
  • Mattmüller, Markus: «Die Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts als gesamteuropäischer Vorgang», in: Gilg, Peter; Junker, Beat; Reich, Richard (Hg.): Geschichte und politische Wissenschaft. Festschrift für Erich Gruner zum 60. Geburtstag, 1975, S. 213-236.
  • Andrey, Georges; Gruner, Erich: Die Wahlen in den schweizerischen Nationalrat, 1848-1919. Wahlrecht, Wahlsystem, Wahlbeteiligung, Verhalten von Wählern und Parteien, Wahlthemen und Wahlkämpfe, 4 Bde., 1978.
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  • Hangartner, Yvo: «Altersgrenzen für öffentliche Ämter», in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 2003, S. 339-351.
  • Caroni, Martina: «Herausforderung Demokratie», in: Zeitschrift für Schweizerisches Recht, 132/1, 2013, S. 5-93.
  • Auer, Andreas: Staatsrecht der schweizerischen Kantone, 2016.
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  • Horlacher, Maj-Britt: Die politischen Rechte der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, 2018.
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Weblinks

Zitiervorschlag

Tomas Poledna; Pierre Tschannen: "Stimm- und Wahlrecht", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2022. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026453/2022-12-02/, konsultiert am 19.03.2024.