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Diemtigen

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Niedersimmental. Die ausgedehnte Berggemeinde umfasst das zum Simmental geöffnete Diemtigtal mit Nebentälern und besteht aus den Bäuerten Oey (Zentrum), Diemtigen, Bächlen, Horben, Riedern, Entschwil, Zwischenflüh, Schwenden sowie seit 1992 der Unterabteilung Sporthalle Diemtigtal. Weite Alp- und Waldgebiete breiten sich an den umliegenden Berghängen aus. 1257 Diemtingen. 1764 1138 Einwohner; 1850 2150; 1900 2014; 1950 2049; 1970 1913; 2000 2054.

Pfarrhaus und Kirche. Kolorierte Aquatinta von Samuel Weibel, 1822 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).
Pfarrhaus und Kirche. Kolorierte Aquatinta von Samuel Weibel, 1822 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).

Eventuell mesolithische Siedlungsspuren (Abri am Oeyenriedschopf) sowie ein bronzezeitlicher Dolch (Bergli) weisen auf prähistorische menschliche Präsenz hin. Das Tal war im Hochmittelalter besiedelt und herrschaftlich strukturiert. Davon zeugen Reste urkundlich nicht belegter Wehrbauten, so die Burgruine Kronegg (Eggwald) und die Warte Grafenstein (Oey). Die Hasenburg (1257 castrum de Diemtingen) auf dem Burghubel nördlich von Diemtigen war im 12.-13. Jahrhundert Zentrum der Talherrschaft der Freiherren von Strättligen. Spätere Inhaber waren die Adelsfamilie von Raron, Kyburg (1257), Weissenburg (1307) und Brandis (1369). Von den Bernburgern von Scharnachtal erwarb Bern das Tal mit hohen und niederen Gerichten 1439 und fügte es zur Kastlanei Niedersimmental. 1798-1803 gehörte Diemtigen zum helvetischen Kanton Oberland. Die 1314 erstmals erwähnte Kirche in Diemtigen (Nikolauspatrozinium, romanischer Saalbau, um 1490 erweitert) war Filiale von Erlenbach im Simmental und wurde zur Zeit der Reformation 1527 auf Wunsch der Talleute zur Pfarrkirche. Dem 1844 geäusserten Begehren der entfernten Bäuerten nach einer eigenen Kirchgemeinde kam 1911 der Bau der Kapelle Schwenden entgegen. 1361 und 1393 erwarben die Talleute von der Herrschaft Privilegien (Erbrecht, Fixum statt Herrschaftssteuer). 1649 wurde das Landrecht kodifiziert. Die Siedlungen verraten ihre spätmittelalterliche Anlage. Der Baubestand datiert zum Teil ins 15. Jahrhundert. Säumerwege erschlossen das Tal, und in Bächlen steht die um 1500 erbaute ehemalige Säumerherberge. Passübergänge führten nach Adelboden, Lenk und Zweisimmen. Die Bäuerten sind ab dem 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Vom 16. Jahrhundert an nahm die Viehwirtschaft im Tal-, Vorsass- und Alpbetrieb zu. Vieh wurde exportiert, Korn im Unterland gekauft. Bergbau (Silber, Kohle) wurde zur selben Zeit mit wenig Erfolg betrieben. Mangelnder Verdienst führte zur Abwanderung, vor 1800 in den Solddienst, danach vor allem nach Nordamerika, Deutschland und Russland. Verschiedene Heilbäder mit Eisen-, Schwefel- und Gipswasser – bekannt vor allem das Rothbad in Horben (18. Jh.) und das Kurhaus Grimmialp in Schwenden (1899) – sind Vorläufer des modernen Tourismus. Ab 1963 entwickelten sich Winter- und Sommersport (Skifahren, Langlaufen, Wandern, Gleitschirmfliegen usw.); Hotels, Ferienwohnungen und Ferienlager entstanden. Erwerbszweige waren Ende des 20. Jahrhunderts Viehzucht mit Alpwirtschaft (Käserei) sowie ein vielfältiges Gewerbe, vor allem in der Holzverarbeitungs- und Baubranche. Diemtigen ist mit 107 Alpen die «grösste Alpwirtschaftsgemeinde der Schweiz». Von diesen sind 46% in auswärtigem Besitz, vor allem von Kanton und Burgergemeinde Bern. Nebenerwerb bieten Tourismus und Forstwirtschaft. Nahe der Simmentalstrasse und an der Spiez-Zweisimmen-Bahn (Station 1897) gelegen, hat sich Oey zum Zentrum von Diemtigen entwickelt, mit der Gemeindeverwaltung, Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben sowie 27% der Einwohner (1993). In den Bäuerten erfüllen sogenannte Schul-, Weg-, Wald- und Wassergemeinden bestimmte kommunale Aufgaben. Die Gemeinde Diemtigen erhielt 1986 den Wakker-Preis für ihr Bemühen um den Schutz der Streusiedlungslandschaft. Sie unterhält acht Schulhäuser und bildet einen Sekundarschulverband mit Erlenbach im Simmental. Regelmässig fallen Wildbachverbauungen an.

Quellen und Literatur

  • U. Stucky, Ortsplanung Diemtigen, 1975
  • H. Trachsel, Diemtigtal, 1979
  • O. Nyffeler et al., Diemtigtal, 1992
  • C. Kessler Loertscher, Bauinventar der Gem. Diemtigen, [1995]
  • Diemtigen, 1997
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Diemtigen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 01.12.2006. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000460/2006-12-01/, konsultiert am 19.03.2024.