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Militärischer Frauendienst (MFD)

Werbeplakat aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs der Genfer Grafiker Du Bois & Perrier, 1944 (Schweizerische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung).
Werbeplakat aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs der Genfer Grafiker Du Bois & Perrier, 1944 (Schweizerische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts empfahlen der Schweizerische Frauenbund und der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen die Schaffung eines obligatorischen Frauendienstes für die Landesverteidigung. Doch ein solches, der Tradition zuwiderlaufendes Obligatorium wurde nie eingeführt. 1903 sah das Gesetz den Einsatz von Frauen im Rahmen des Roten Kreuzes vor. 1914-1918 arbeiteten diese in Soldatenstuben, im Rotkreuzdienst und während der Epidemie der spanischen Grippe von 1918 in Militärspitälern. 1934 verpflichtete der Bundesbeschluss über den passiven Luftschutz die Frauen zur Mitwirkung in dieser zivilen Organisation. Im Januar 1939 wurden sie von den Frauenvereinen ermuntert, sich für die Hilfsdienste der Armee zu melden. Anfang April entstand aufgrund einer Verordnung über den Hilfsdienst der in kantonaler Zuständigkeit liegende Frauenhilfsdienst (FHD), dem der Rotkreuzdienst angegliedert wurde. Etwa tausend Freiwillige meldeten sich für den Motorwagendienst beim Touring Club Schweiz und Automobil-Club.

Bei der allgemeinen Mobilmachung im September 1939 waren Tausende von Frauen bereit, Dienst zu leisten, doch reagierten die Männer und Unternehmer, die auf Arbeitskräfte angewiesen waren, zurückhaltend. Einige Kommandanten setzten Frauen ohne jegliche juristische Grundlage für Sekretariatsarbeiten ein. Das Beispiel der finnischen Frauenorganisation Lotta Svärd im finnisch-russischen Winterkrieg von 1939-1940 beschleunigte die Aufnahme der Frauen in die Schweizer Armee. Am 27. Januar 1940 unterstellte das Militärdepartement den FHD dem Territorialdienst der Armee, und am 2. Februar erliess General Henri Guisan Richtlinien über dessen Organisation. Neben dem zivilen (z.B. Kriegswäscherei, Soldatenfürsorge) wurde auch der militärische FHD geschaffen, der in den Bereichen Gesundheit, Verwaltung, Übermittlung, Transport, Fürsorge, Motorwagendienst, Fliegerbeobachtung, Küche und Feldpost tätig war. Dadurch standen mehr Männer für die Kampftruppen zur Verfügung. Ende 1940 zählte der FHD über 18'000 Angehörige, Ende 1941 23'000 und im Mai 1945 17'000, die insgesamt 3'695'476 Diensttage leisteten. Während des Aktivdienstes standen ständig 3000 Frauen unter den Fahnen.

In der Nachkriegszeit unterstand der FHD als Rahmenorganisation der Gruppe für Generalstabsdienste und konnte bei Bedarf Tausende von Freiwilligen einberufen. Der Rotkreuzdienst hingegen wurde wieder unabhängig. Nach Oberst Ernst Vaterlaus leitete Hedwig Schudel (1946-1951), dann Andrée Weitzel (1953-1976) den FHD. Die Frauen konnten im Falle einer Heirat und Geburt oder nach 90 Diensttagen ihre Entlassung beantragen und sich ab 1962 der Reserve anschliessen.

Der 1981 in der Bundesverfassung festgeschriebene Grundsatz der Gleichstellung von Mann und Frau sowie die Armeereformen brachten grundlegende Veränderungen mit sich. 1986 entstand aus dem FHD der Militärische Frauendienst (MFD), der zur Gruppe für Ausbildung gehörte. 1995 wurde dieser durch die dem Armeechef unterstellte Dienststelle Frauen in der Armee (FDA) ersetzt. Bereits 1986 waren gleiche militärische Grade für Frauen eingeführt worden, 1995 folgten gleiche Dienste, gemischte Schulen und Einheiten, mit der Armee XXI der Zugang zu allen Funktionen, die gleiche Dienstdauer, dieselbe persönliche Bewaffnung sowie die Beteiligung an Auslandeinsätzen (Swisscoy). Der einzige Unterschied besteht bei der Rekrutierung, die nach wie vor auf Freiwilligkeit beruht. Die Gleichberechtigung führte zur Auflösung des MFD, da die Frauen nun zusammen mit den Männern Dienst leisten. 1975 waren es 1450 Frauen, 1980 2100, 1989 2600, 1999 1265, 2010 920. Johanna Hurni (1977-1988), Eugénie Pollak (1989-1998) und, als letzte in dieser Funktion, Doris Portmann (1998-2005) standen dem FHD, MFD bzw. FDA vor.

Quellen und Literatur

  • A. Weitzel, La participation de la femme à la défense générale, 1979
  • J. Stüssi-Lauterburg, Helvetias Töchter: Frauen in der Schweizer Militärgesch. von der Entstehung der Eidgenossenschaft bis zur Gründung des Frauenhilfsdienstes (1291-1939), 1989
  • D. Heuberger, J. Stüssi-Lauterburg, Die Frau in der Armee von 1939 bis heute, 1990
  • B. Signer, Die Frau in der Schweizer Armee, 2000
  • R. Stämpfli, Mit der Schürze in die Landesverteidigung: Frauenemanzipation und Schweizer Militär 1914-1945, 2002
  • P. Zürcher-Vercelli, «Die Chefs der militärdienstleistenden Frauen von den Anfängen des FHD bis heute», in Info Frauen in der Armee, 2003, Nr. 3, 18-24
Weblinks

Zitiervorschlag

Hervé de Weck: "Militärischer Frauendienst (MFD)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.04.2013, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008693/2013-04-25/, konsultiert am 18.04.2024.