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FischingenKloster

Benediktinerabtei bis 1848, seit 1977 Benediktinerpriorat, am Oberlauf der Murg, in der Gemeinde Fischingen TG. Bis 1814 Diözese Konstanz, seit 1829 Diözese Basel. Patrone: Maria, Johannes der Täufer, Johannes der Evangelist. Kurz vor 1138 (Fishine, Vishina, 1259 Piscina) vom Konstanzer Bischof Ulrich II. in dessen Herrschaftsgebiet gegründet.

Der erste Abt, Waltram (1138-1146), baute die Kirche sowie gesonderte Behausungen für Mönche, Nonnen und Gäste. Das bischöfliche Eigenkloster Fischingen war anfänglich ein Doppelkloster; der Frauenkonvent ist wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert eingegangen. Nach erster Blüte zählte das Männerkloster im 13.-16. Jahrhundert kaum mehr als zehn Mönche. Diese betreuten neben dem klösterlichen Leben die inkorporierten Pfarreien Bettwiesen, Bichelsee, Dussnang (mit Au), Fischingen selbst und Sirnach. Infolge des bischöflichen Freiheitsbriefes von 1409 erwarb Fischingen in den folgenden Jahrzehnten die Vogteien Bichelsee, Balterswil und Krillberg. Mit der Eroberung des Thurgaus durch die Eidgenossen wurden diese Schirmherren des Klosters. Abt Heinrich Schüchti (1466-1510) förderte den Kult der um 1200 verstorbenen Klausnerin Idda. 1481 schrieb Albrecht von Bonstetten die Legende der Heiligen; 1496 liess Schüchti das spätgotische Idda-Grabmal errichten. 1526 traten Abt Heinrich Stoll von Zürich und die wenigen Mönche zur Reformation über, das Klosterleben erlosch. Die Wiedererrichtung des Klosters erfolgte durch die katholischen Orte, die 1532 zwei Priester einsetzten und 1540 den St. Galler Konventualen Markus Schenkli als neuen Abt von Fischingen forderten. Nach Krisenjahren erlebte Fischingen unter Abt Christoph Brunner (1574-1594) einen Aufschwung: neue Konventgebäude wurden errichtet, eine solide Ausbildung der Mönche eingeführt und 1580 die Idda-Bruderschaft gegründet. Ausserdem fand in den Klosterpfarreien eine Rekatholisierung statt.

Eine Reihe hervorragender Äbte führte in der Barockzeit den Konvent von stets 30-34 Mönchen zu einer religiösen, geistigen und kulturellen Blüte. Abt Placidus Brunschwiler sicherte in seiner langen Regierung (1616-1672) durch geschickte Wirtschaftsführung und Neuerwerbungen die materielle Grundlage des Klosters und pflegte den monastischen Geist. Unter Abt Joachim Seiler (1672-1688) stand der Konvent auf dem Höhepunkt des geistlichen Lebens; 1685-1687 erfolgte der Bau der neuen Klosterkirche. 1693 erwarb Fischingen vom Konstanzer Bischof die Herrschaft Tannegg und schuf mit den im 15. Jahrhundert erworbenen Vogteien sowie den Herrschaften Lommis (1599), Spiegelberg (1629) und Wildern (1683) ein geschlossenes Territorium. Die 1704-1718 errichtete Iddakapelle ist ein Juwel barocker Baukunst. Abt Nikolaus Degen liess 1753-1761 den Psallierchor der Kirche und die grosszügigen barocken Konventflügel im Osten und Süden des Gevierts erbauen; im Westen blieben wegen Geldmangels die Bauten von 1577 und 1635 bestehen. Die Französische Revolution brachte den Verlust der weltlichen Herrschaft. Abt Augustin Bloch und sein Konvent wussten sich dem Umbruch klug anzupassen, indem sie ein gutes Verhältnis zum neuen Kanton Thurgau suchten. Der radikal-liberalen Staatsumwälzung im Thurgau folgte 1836 das Klostergesetz, mit welchem die staatliche Verwaltung des Klosters begann. 1848 hob der thurgauische Grosse Rat Fischingen mit sieben andern Klöstern im Kantonsgebiet auf.

1852-1879 dienten die Klostergebäude als Fabrik (Jacquardweberei) und internationale Handelsschule. 1879 kaufte der Verein St. Iddazell Kloster und Liegenschaften und gründete darin die Waisenanstalt St. Iddazell, die sich in der Folge zum Kinder- und Schülerheim entwickelte. Nach dem Bau des Sonderschulheims Chilberg 1974-1976 wurden die Kinder aus den Konventgebäuden ausgesiedelt. Im Ökonomietrakt wird die Realschule St. Iddazell mit Internat weitergeführt. 1977 erfolgte die rechtliche Widererrichtung des Klosters mit sechs Professen von Engelberg. 1982 wurde das Bildungshaus im Ost- und Südflügel der Konventgebäude eröffnet. Neben der kirchlich-religiösen Bildungsarbeit steht das Haus auch für Gastkurse weiterer Kreise offen. Der kleine Konvent betätigt sich in Pfarreiseelsorge, Katechese, Schule, Bildungsarbeit und in der Klosterschreinerei.

Quellen und Literatur

  • B. Schildknecht, «Fischingen, eine wiedererstandene benediktin. Stätte», in Studien und Mitt. zur Gesch. des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 89, 1978, 631-677
  • HS III/1, 672-710
Von der Redaktion ergänzt
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Zitiervorschlag

Benno Schildknecht: "Fischingen (Kloster)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.01.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000301/2005-01-19/, konsultiert am 28.03.2024.