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Münchenbuchsee

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Fraubrunnen. Kommende und Landvogtei. Die Gemeinde am Südrand des Moosseetals umfasst das gleichnamige Dorf sowie die Siedlung Hofwil. 1180 Buhse (Mundart: Buchsi); erst seit dem 19. Jahrhundert zur Unterscheidung von Herzogenbuchsee Münchenbuchsee. 1764 494 Einwohner; 1850 1298; 1900 2088; 1950 2592; 1970 6459; 2000 9609.

Neolithische und hallstattzeitliche Einzelfunde im Moos, bronzezeitliche bei Hofwil; je ein eisenzeitliches und ein hochmittelalterliches Erdwerk am Schwandenberg. Grabhügel (Limbärgeten); frühmittelalterliche Skelettgräber im Hofwilwald. Das Gebiet gehörte im 12. Jahrhundert den Freiherren von Buhse; Cuno, ein Jerusalempilger, schenkte dem Johanniterorden 1180 die Dörfer Münchenbuchsee (mit Eigenkirche), Wankdorf und Worblaufen sowie Reben am Bielersee. Die Spitalstiftung, 1192 vom Papst bestätigt, wurde später in eine Johanniterkommende umgewandelt. Der benachbarte Adel und Bernburger statteten diese mit weiteren Gütern aus; dazu zählten die Kirchensätze Twann (1252), Moosseedorf (1256), Krauchthal (1273), Bremgarten (1306), Wohlen (1320), ferner Burg, Gericht und Dorf Moosseedorf (1256-1257) sowie die Herrschaft Bremgarten (1306). Kern des Besitzes war das Gericht Münchenbuchsee mit verschiedenen Zelgdörfern (Diemerswil; Gsteig, Schwanden in der Gemeinde Schüpfen; Seewil, Moosaffoltern in der Gemeinde Rapperswil; Waltwil in der Gemeinde Wengi; Bangerten mit Hohrain; Deisswil; Wiggiswil; Moosseedorf). Das Siegel der Kommende ist 1264 bezeugt. 1329 nahm Bern diese ins Burgrecht auf. Der einst ummauerte Komtureibezirk, eine Freistätte, umfasste auf der Südseite des Innenhofs den ältesten Teil der Burg Cunos, den Komtureitrakt mit Konventhaus (Saal 13. Jh.) und Komturhaus sowie die ebenfalls erhaltene Kirche (Chor 1260-1280, Glasmalereien 13. Jh., Schiff stark verändert, Turm 1891). Nordseits lagen "Sommerhaus", Gästehaus und Ökonomie. Die klösterliche Gemeinschaft war klein; 1480 zählte sie neben Komtur und Prior sechs Brüder. Die Komture, die aus einheimischen oder entfernteren Adels- und Ministerialenfamilien stammten, versahen zum Teil in Personalunion auch die Kommende Thunstetten oder noch weitere Häuser; in Münchenbuchsee sass dann ein Statthalter. Zu den Aufgaben der Kommende gehörten Seelsorge, Führung der Pilgerherberge (Spital) und Armenspende. In der Reformation (1528) bot der Komtur Peter von Englisberg Hand zur Säkularisation und erhielt von Bern das Schloss Bremgarten als Wohnsitz. Aus der Kommende wurde die bernische Landvogtei Münchenbuchsee; ihre Niedergerichte in Münchenbuchsee, Moosseedorf (bis 1721), Illiswil (ab 1721) lagen im ab 1406 bernischen Landgericht Zollikofen (vorher kyburgisch) mit Gerichtsstätte ("Landstuhl") im Dorf. Das Komturhaus wurde Pfarrhaus, das Konventhaus mit Nebenbauten zu Kornmagazinen; die übrigen Gebäude dienten der Landvogteiverwaltung. Auf der Nordseite entstand 1600-1620 anstelle der mittelalterlichen Gebäude das Landvogteischloss mit der Zehntscheune. 1798 wurde die Landvogtei aufgehoben, 1803 ihr Gebiet dem Amt Fraubrunnen zugeteilt.

Das mittelalterliche Zelgdorf Münchenbuchsee gehörte mit Gütern und Allmenden (1267 belegt) der Kommende und nach 1529 Bern; an seiner Spitze stand der grundherrliche Ammann. Nach 1528 übernahm die Gemeinde die Pilgerherberge als Taverne (obrigkeitliches Lehen). Die Kirchgemeinde umfasst Münchenbuchsee, Moosseedorf, Diemerswil, Wiggiswil und Deisswil. Interkommunale Weide- und Holznutzungsrechte im Moos und am Grauholzberg führten zwischen 1490 und 1571 mit den Nachbargemeinden zu Streit (1688 Nutzungsreglement für Münchenbuchsee, Hofwil, Moosseedorf). Holzmangel erzwang im 18. Jahrhundert die Verwendung von Torf als Brennstoff. Zu den von der Stadt Bern ausgebeuteten Mooren gehörte ab 1777 trotz Weiderechten der Gemeinde auch das obrigkeitliche Buchsimoos. Der Eingriff machte 1780 eine Tieferlegung der Urtenen nötig. 1799-1956 betrieb die Gemeinde die Torfgewinnung. Sie erwarb 1804 vom Kanton Bern die Taverne Bären (1847 Neubau an der neuen Landstrasse). Bei der Ablösung der Nutzungsrechte kam Münchenbuchsee zu Moos und Wald; das Moos wurde 1828-1836 teilweise unter Bauern, Taunern und Hofwil aufgeteilt, der Wald 1852. Die Melioration des Mooses, 1780 begonnen, setzte sich 1855-1856 in der Absenkung des Spiegels des Moossees und 1917-1920 in der Drainage und der Güterzusammenlegung fort. Das Verkehrskonzept des 19. und 20. Jahrhunderts löste Veränderungen im Dorfbild und Wirtschaftsgefüge aus, indem es Münchenbuchsee enger an die Hauptstadt band: 1844-1846 wurde die neue Landstrasse Bern-Lyss erstellt, 1857 und 1864 die Stationen Münchenbuchsee-Zollikofen bzw. Münchenbuchsee an den Bahnlinien Bern-Olten bzw. Bern-Biel eröffnet. Der Anschluss an die Solothurn-Zollikofen-Bern-Bahn (heute Regionalverkehr Bern-Solothurn) in Zollikofen erfolgte 1916. Zwei Zubringer führen zu den nahen Autobahnen.

Der Dorfraum längs der Strasse und um den Bahnhof Münchenbuchsee wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überbaut. Ab 1953 entstand nach Waldrodungen an der Grenze zu Zollikofen das Allmendquartier, ab den 1960er Jahren in Dorfnähe das Waldeggquartier, die beide als Wohn- und Gewerbezonen konzipiert wurden. Das vielfältige Arbeitsplatzangebot (Baumaschinenfabrik, Baugewerbe, Metall-Stahlbau, Isolierglas-, Kunststoffverarbeitung, Lebensmittelverarbeitung und -handel, Druckereigewerbe, Autoverwertung, Metallteile-Grosshandel) und die Nähe zu Zentren ringsum liessen die Bevölkerungszahl ab 1965 emporschnellen. Das Dorf begann sich bis an die Gemeindegrenzen auszudehnen (Neuquartiere Neumatt, Weier, Laubberg, Riedli); die Gemeinde war zu grossem Bauaufwand gezwungen (je zwei Schulanlagen und Kindergärten, Neubau der 1858 gegründete Sekundarschule, 1982 Sportzentrum Hirzenfeld, 1985 Freizeitzentrum). Der Grosse Gemeinderat bildet seit 1974 die kommunale Legislative. Im Gemeindeverband (Münchenbuchsee, Mooseedorf, Deisswil, Diemerswil und Wiggiswil) werden regionale Aufgaben in den Bereichen Fürsorge, Vormundschaft und Altenpflege (1979 Weiermatt) wahrgenommen. Seit 2004 ist Münchenbuchsee für die Belange Zivilschutz, Polizei, Feuerwehr und technische Betriebe mit 33 weiteren Gemeinden dem Regionalen Kompetenzzentrum Ostermundigen angeschlossen. Die Kantonale Sprachheilschule (ab 1890 als Taubstummenanstalt im Schloss) und das Sonderschulheim Mätteli (1967) sowie die psychiatrische Privatklinik Wyss (1845) sind von überregionaler Bedeutung. Trotz Nähe zur Stadt pflegt Münchenbuchsee seine eigene Dorfkultur (Vereine, Konzerte, Musikschule, Bibliothek, Volkshochschule).

Quellen und Literatur

  • F. König, F. Rufer, Land und Leute des Moosseetales, 1920
  • R. Petitmermet, 150 Jahre Gem. Münchenbuchsee, 1949
  • Beitr. zur Gesch. von Münchenbuchsee, 1972-
  • U. Haefeli, Ein Dorf wird Vorstadt, 1996
  • HS IV/7, 383-404
  • R. Walker, Bauinventar der Gem. Münchenbuchsee, 2007
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Münchenbuchsee", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.11.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000307/2009-11-19/, konsultiert am 18.04.2024.