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Thierachern

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk und Verwaltungskreis Thun, umfasst das Dorf Thierachern, die Weiler Wahlen, Egg und Schwand sowie Einzelhöfe am linken Ufer der Aare. 1250 Tierachern. 1764 338 Einwohner; 1850 803; 1900 868; 1950 1085; 1960 1187; 1990 1906; 2000 1888.

Im Gemeindegebiet wurden Einzelfunde aus dem Neolithikum (Schmittmoos, Lerchenmatt), der Bronze- (Giebel-Rebberg, Schöneich, Schmittmoos, Mühlematt, Steghalten) und der Latènezeit (Hubel, Höh, Rebberg; Skelettgrab in Mühlematt) sowie römische Siedlungsreste und Gräber (unter der Kirche) entdeckt. In Egg kamen römische oder frühmittelalterliche Steinkistengräber zum Vorschein. Nicht datierbar sind die Steinhügel im Oberen Hasliholz und bei Halterain sowie Reihengräber und ein Bollensteinpflaster bei Wahlen. Der Niedergerichtsbezirk Thierachern gehörte mit Wahlen und Tannenbühl zur mittelalterlichen Herrschaft Strättligen und wechselte mit dieser nach dem Aussterben der Freiherren von Strättligen 1349 mehrfach den Besitzer. Ab 1594 wurde Thierachern von der Bernburgerfamilie May als Herrschaft Thierachern von Toffen aus verwaltet. 1607 erwarb Bern Thierachern und teilte den Twing dem Amt Thun zu. Zur Kostenersparnis wurden die vier Gerichte Thierachern, Wahlen, Tannenbühl und Blumenstein 1676 im Gerichtsbezirk Thierachern-Blumenstein vereint.

Die 1228 erwähnte Martinskirche ist eine der in der Strättliger Chronik angeführten zwölf Thunerseekirchen. Der romanische Apsidensaal wurde 1706-1708 durch Abraham Dünz den Jüngeren zur heutigen Kirche erweitert. Mit dem Zerfall der Herrschaft Strättligen kam der Kirchensatz an wechselnde Inhaber, bis Bern ihn 1773 erwarb. Die Kirchgemeinde nahm 1578 Uetendorf auf, während Bühl 1676 und Pohlern 1922 zur Kirchgemeinde Blumenstein übergingen.

Bis zur Kanderkorrektion 1713 – davor durchquerte der Fluss die Thuner Allmend und mündete nördlich der Stadt in die Aare – war Thierachern zum Schutz von Dorf und Flur zu aufwendigen Flussverbauungen gezwungen. 1841 verkaufte die Gemeinde ihre als Weide genutzte Allmend, das heisst 23% ihres Areals, der Eidgenossenschaft zur Anlage des Waffenplatzes Thun. Dieser schuf zwar für den ländlich geprägten Ort Verdienstmöglichkeiten, führte aber auch zu diversen Belastungen (z.B. Schiesslärm). Infolge der vielen Zuzüger vor allem ab den 1960er Jahren entstanden die Neuquartiere Brüggarten (Wohnbaugenossenschaft) und Niesenstrasse. Die 1895 gegründete Sekundarschule (heute Oberstufenschule) wird seit 1959 im Verband mit Amsoldingen, Höfen und Uebeschi geführt. 2000 waren knapp 80% der arbeitstätigen Gemeindebevölkerung Wegpendler. 2005 übertraf der 1. Sektor, der 35% der Arbeitsplätze in der Gemeinde stellte, den 2. mit knapp 13% immer noch deutlich. Das Egg-Gut, ein öfters umgebauter Riegbau mit Ökonomiegebäuden, der auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, und der um 1820 errichtete Herrenstock Mülimatt befinden sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Privatbesitz.

Quellen und Literatur

  • Thierachern, 1991
  • E. Schneeberger, Bauinventar der Gem. Thierachern, 2002
  • A.-M. Dubler, «Die Region Thun-Oberhofen auf ihrem Weg in den bern. Staat (1384-1803)», in BZGH 66, 2004, 61-117

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Thierachern", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.10.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000540/2012-10-04/, konsultiert am 29.03.2024.