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Rüegsau

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Trachselwald, Verwaltungskreis Emmental. Die Gemeinde umfasst die Siedlungskerne Rüegsau und Rüegsbach, Einzelhöfe in Hügellage sowie das Dorf Rüegsauschachen an der Emme. 1888-1889 fand mit vier Nachbargemeinden durch Abtausch von Einzelhöfen eine Grenzbereinigung statt. 1139 Ruxow, 1229 Ruchisowe. 1764 959 Einwohner; 1850 2294; 1900 2567; 1950 2902; 1980 2611; 2000 2935. In Rüegsau stiess man auf einen neolithischen Einzelfund, in Eugstern auf eine mittelalterliche Goldmünze.

Kloster

Das Benediktinerinnenkloster Rüegsau prägte die Entwicklung der Gemeinde bis zu seiner Säkularisation 1528. Die Anfänge liegen im Dunkeln. Es wird vermutet, dass das Kloster wie die Abtei Trub durch Thüring von Lützelflüh in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründet worden war. Rüegsau, in dem 1256-1299 erstmals ein Propst, ab 1320 eine Meisterin und 1526-1528 eine Äbtissin erwähnt werden, unterstand der Abtei Trub. Kastvögte waren wie in Trub die Herren von Brandis. 1421 liess sich das Kloster Freihof und Immunität des Klosterbezirks bestätigen. Die Klosterherrschaft erstreckte sich auf das Gebiet der heutigen Gemeinden Rüegsau und Affoltern im Emmental. Das Kloster verfügte über Streubesitz im unteren Emmental. Grenzen und Kompetenz des Niedergerichts, dem der Kastvogt vorstand, wurden 1421 verurkundet. Ab 1454 besass das Kloster ein eigenes Siegel. Die Nonnen stammten aus Ministerialen- und Stadtbürgerfamilien der Umgebung. Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts versorgte ein ständiger Kaplan Konvent und Talschaft. Die Klosterkirche (Heiligkreuzpatrozinium) wurde zwischen 1130 und 1150 gebaut, 1495 nach einem Brand erneuert und 1528 verkleinert. Ihr waren die Kapellen St. Johann in Rüegsau (erst 1433 erwähnt, vermutlich vorklösterliche Pfarrkirche) und St. Blasius in Rüegsbach (wohl 1317 erwähnt) unterstellt, die das Begräbnisrecht behielten. Es bestand eine Messeordnung für die Kapellen. Erst 1500 wurde die Kloster- zur Pfarrkirche erklärt. Mit der Reformation 1528 wurden die Nonnen ausbezahlt und das Klostergut der Verwaltung des ehemaligen Kastvogts (Herrschaft Brandis) zugeschlagen, der den Pfarrer und die Armenspende in Rüegsau und Lützelflüh unterhalten musste. Die Gemeinde Rüegsau behielt die ehemalige Klosterkirche und die Blasiuskapelle, während die St. Johannkapelle abgebrochen wurde. Der Kirchensatz kam an die Herrschaft Brandis, 1607 an Bern.

Gemeinde

Im 16. Jahrhundert löste der Feldgrasbau der Einzelhöfe den Zelgbau im Dorf ab. Die ehemaligen Klosterwälder mit Nutzungsrecht der Bauern bestanden neben privaten "Schiedwäldern" (vom ehemaligen Herrschaftswald ausgeschiedener Wald) der Einzelhöfe. Die Gemeinde regelte im Dorfrecht von 1614 den Zuzug von Fremden, auch hinsichtlich der Armensiedlung in Rüegsauschachen. 1763 wurde eine Brücke über die Emme errichtet, mit Anschluss an die linksufrige Emmentalstrasse, zu deren Unterhalt Rüegsau beitrug. Die Bahnstrecke Burgdorf-Langnau (1881 Station Hasle-Rüegsau) und der Ausbau der Talstrasse 1899 bewirkten, dass das ehemals arme, nunmehr industrialisierte Rüegsauschachen das übrige, zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch landwirtschaftlich-kleingewerbliche Gemeindegebiet an wirtschaftlicher und demografischer Bedeutung überflügelte. Bis 1798 gehörte das Gemeindegebiet zur Landvogtei Trachselwald, seit 1803 zum gleichnamigen Amtsbezirk.

Quellen und Literatur

  • SSRQ BE II/8
  • F. Häusler, Das Emmental im Staate Bern bis 1798, 2 Bde., 1958-68
  • HS III/1, 1912-1933
  • J. Rettenmund, Amtsbez. Trachselwald, 1991
  • B. Frutiger, Bauinventar der Gem. Rüegsau, 2009
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Rüegsau", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000552/2011-12-09/, konsultiert am 28.03.2024.