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Charmey

Brücke und Weiler La Tzintre. Aquarell von Joseph-Emmanuel Curty, um 1800 (Musée gruérien, Bulle).
Brücke und Weiler La Tzintre. Aquarell von Joseph-Emmanuel Curty, um 1800 (Musée gruérien, Bulle). […]

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Freiburg, Bezirk Greyerz, 2014 mit Cerniat (FR) zur neuen Gemeinde Val-de-Charmey fusioniert. Das im Jaunbachtal gelegene Charmey umfasste sechs Weiler und war mit einer Fläche von 7857 ha die grösste Gemeinde des Kantons. 1211 Chalmeis, bis 1760 Feiguières, deutsch früher Galmis. 1811 609 Einwohner; 1850 852; 1900 1247; 1950 1282; 2000 1547.

Gemäss der Pancarte (Urbar) des Priorats Rougemont war Charmey 1115 unbewohnt. Eine Pfarrei ist jedoch bereits 1228 nachgewiesen (Kirchenpatrozinium: Heiliges Kreuz, ab 1735 heiliger Laurentius). Durch Teilung der Herrschaft Corbières 1249 entstand die Mitherrschaft Charmey, deren Herren in der Burg Sur la Roche (1736 En la Motte du château) wohnten. 1319 wurden die Einwohner von Charmey von der Vogtsteuer befreit, unterstanden aber noch bis 1650 dem Todfall. Der Zweig der Corbières von Charmey erlosch vor 1361. Charmey blieb aber ein militärischer Verwaltungsbereich, in dem die Einwohner – gegen das Zufluchtsrecht – für den Unterhalt der Burg zu sorgen hatten. Deren letzte Mauerteile stürzten 1824 ein. 1454 ging Charmey an die Grafen von Greyerz, 1555 an Freiburg über, unter dem es zur Vogtei Corbières gehörte. Sein Widerstand gegen eine Kriegssteuer wurde 1614 von der Obrigkeit gebrochen.

Charmey liegt in einer Viehzuchtregion. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde der Weiler La Tzintre im Talboden zum wichtigen Sammelplatz für Vieh, das in den Alpgebieten des Pays-d'Enhaut und des Saanenlands gesömmert wurde. Der Aufschwung der Weidewirtschaft verhalf Unternehmen wie Pettolaz frères et neveux, das um 1780 über ein Kapital von 500'000 bis 600'000 Taler verfügte, durch den Export von Greyerzer Käse nach Lyon zu Reichtum; er beschleunigte aber auch den Erwerb von Grundbesitz durch Freiburger Patrizier, die um 1760 ca. 40% des nutzbaren Bodens besassen. Diese Entwicklung ging mit einer erheblichen zivilen und militärischen Emigration, vor allem nach Frankreich, einher. Durch die Fertigstellung der Strasse von Bulle nach Boltigen über den Jaunpass 1881 wurde der Zugang nach Charmey erleichtert. Zur gleichen Zeit brach jedoch die Krise in der Korbflechterei aus, die vielen Heimarbeitern Verdienstmöglichkeiten geboten hatte (1880 20% der Erwerbstätigen, 1910 5%). Einem gewissen Radikalismus, den die Einwohner von Charmey in den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck brachten, stand eine konservative Lokalpolitik, vor allem der Pächter der grossen französischen Grundbesitzer wie zum Beispiel des Grafen von La Chesnais, gegenüber. 1920 war der Anteil der Beschäftigten im 2. Sektor (Holzindustrie, Schokoladenfabrik Broc) etwa gleich gross wie derjenige der im 1. Sektor Tätigen. Der Bau von Seilbahnen und Skiliften ab 1962 trug zur Entwicklung des Tourismus bei (2000 2920 Betten). 1991 wurde ein Regionalmuseum eingeweiht.

Quellen und Literatur

  • A. Seydoux, La population charmeysanne de 1761 à 1875, Liz. Freiburg, 1969
  • P.-P. Bugnard, La vie politique à Charmey en Gruyère dans la seconde moitié du XIXe siècle, Liz. Freiburg, 1976
  • M. Perret, Charmey, 1977, (21991)
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Pierre-Philippe Bugnard: "Charmey", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.10.2016, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000897/2016-10-21/, konsultiert am 29.03.2024.