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Arlesheim

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Hauptort des Bezirks Arlesheim. Im Birseck (unteres Birstal) gelegenes, ursprüngliches Bachzeilendorf mit jüngerem Dorfzentrum am Domplatz (ehemalige Residenz des Basler Domkapitels), heute Teil der Agglomeration Basel. 708 (in nachgefertigter Urkunde) und 1239 Arlisheim. 1585 31 Häuser; 1722/1723 70; 1815 616 Einwohner; 1850 910; 1900 1599; 1950 3898; 1970 8038; 2000 8628.

Vorrömische Zeit

Die geschützte Lage am Westfuss des Gempenplateaus förderte eine frühe Besiedlung des Gebiets. In der Höhle Birseck-Ermitage, 1910 von Fritz Sartorius-Preiswerk entdeckt, sowie in der Höhle Hollenberg 3, 1950 von Martin Herkert entdeckt, fanden sich Spuren aus der Altsteinzeit (Magdalénien, ca. 10'000 v.Chr.): Feuerstellen, aus Rengeweih geschnitzte Speerspitzen, Silizes, Schmuckanhänger aus Schnecken- und Muschelschalen. Vom Ende der Altsteinzeit stammen sogenannte galets coloriés, mit rötlichem Farbstoff streifenartig bemalte Kalkgerölle, und Silexgeräte in der Höhle Birseck-Ermitage. In die Mittelsteinzeit (ca. 6000-5000 v.Chr.) datieren Silexgeräte im Abri (Felsüberhang) beim Hohlefels, 1905 von Fritz Sarasin ausgegraben, und in der Höhle Birseck-Ermitage. Hier wurde auch eine Hockerbestattung aus der in unserer Gegend weitgehend unerforschten Übergangszeit vom Meso- zum Neolithikum (um 5200 v.Chr.) entdeckt. Mehrere jungsteinzeitliche Beilklingen aus dem ganzen Gemeindegebiet, aus der Dachsenhöhle und der Kleinen Höhle am Hohlefels wurden 1952-1954 von Martin Herkert, Bernhard Hesse und Andreas Schwabe ausgegraben. Aus der Kleinen Höhle stammen Skelettreste von Kindern (Bestattungsart unbekannt) mit Grabbeigaben wie Silexpfeilspitzen sowie ein typologisch der Horgener Kultur (um 3000 v.Chr.) zuweisbares Keramikgefäss. Aus der Bronzezeit sind nur wenige, meist unsichere Funde, aus der Eisenzeit bisher keine Spuren nachgewiesen.

Römische Zeit bis heute

Der Dinghof zu Arlesheim gehörte vom 8. Jahrhundert an dem Odilienkloster auf Hohenburg im Elsass. Er wurde 1239 dem Basler Bischof Lüthold von Rötteln verkauft. Nach dem Verzicht der Frohburger auf ihre Ansprüche 1245 verpfändete der Bischof von Basel Arlesheim 1273 den Herren von Ramstein, erwarb das Dorf jedoch 1435 zurück. Danach gehörte Arlesheim zur fürstbischöflichen Herrschaft Birseck. Die Einwohner waren vorerst nach Pfeffingen pfarrgenössig, besassen aber spätestens 1341 eine Pfarrkirche (St. Odilia, Ende 17. Jahrhundert vergrössert, 1816 abgebrochen) und 1396 einen eigenen Pfarrer. Die Kollatur stand dem Bischof von Basel, nach 1678 dem Domkapitel Basel zu. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war Arlesheim kurze Zeit mit Reinach (BL) in einer Pfarrei vereinigt. Obwohl Arlesheim mit der Stadt Basel, wahrscheinlich unter Einfluss des Vogts auf Birseck, kein Burgrecht abschloss, nahm es 1528 den reformierten Glauben an. Bischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee gelang jedoch 1582 die Rekatholisierung. Im Dreissigjährigen Krieg durch Plünderungen und Brandschatzungen arg in Mitleidenschaft gezogen, entwickelte sich das kleine, eher abseits der Hauptachsen gelegene Weinbauerndorf (bischöfliche Trotte, 1622 erbaute Lehenmühle) nach dem Umzug des Basler Domkapitels von Freiburg im Breisgau nach Arlesheim 1678 zu dessen Verwaltungszentrum und zur repräsentativen, frühbarocken Residenz: Vermutlich nach dem künstlerischen Konzept und zunächst auch unter Leitung von Franz Demess entstand 1679-1681 der Dom; 1680-1687 folgten die prächtigen Domherrenhäuser. Arlesheim wurde zum Anziehungspunkt für Adlige, hohe Geistliche, Diplomaten, Künstler und Handwerker. Das Hofleben der Domherren förderte auch das einheimische Handwerk. 1726 entstand die Geldschaffnerei. 1763 wurde der Sitz der Vogtei Birseck vom gleichnamigen Schloss in den Andlauer Hof in Arlesheim verlegt. Die 1785 durch Balbina von Andlau und Domherr Heinrich von Ligerz erstellte Eremitage, der grösste englische Garten in der Schweiz, machte Arlesheim europaweit bekannt und zog viele Reisende an.

In der Revolutionszeit stand Arlesheim nach der kurzlebigen Raurachischen Republik (1792-1793) bis 1814 unter französischer Herrschaft (1793-1800 Departement Mont-Terrible, 1800-1814 Departement Haut-Rhin): Der Dom und die Domherrenhäuser wurden als Nationalgut vergantet. Mutige Bürger kauften den Dom und bewahrten ihn so vor dem Abbruch. Später erwarb die Kirchgemeinde Arlesheim die Gebäude, und der Dom wurde zur Pfarrkirche. 1814-1815 war Arlesheim Sitz des alliierten Generalgouverneurs des Bistums Basel. 1815 dem neuen Kanton Basel zugeteilt, trat Arlesheim 1832 dem neuen Kanton Basel-Landschaft bei und wurde zugleich Hauptort des Bezirks Arlesheim.

Nach der Flucht des Domkapitels aus Arlesheim beim Einmarsch der Franzosen war das Dorf in eine wirtschaftliche Depression gefallen; viele Einwohner litten unter Armut. Neuen Verdienst brachte die 1830 von Johann Siegmund Alioth von Basel nach Arlesheim an die Birs verlegte erste maschinelle Schappe-Fabrik der Schweiz (1976 geschlossen). Für seine reformierten Arbeiter baute Daniel August Alioth 1856 in seinem Garten eine Kapelle und errichtete eine damals in der Schweiz einzigartige Patronatskirche, von welcher aus die Seelsorge der noch wenigen reformierten Familien des Birsecks betrieben wurde. 1882 bildete sich die reformierte Kirchgemeinde Arlesheim. Erst die 1875 eröffnete Jura-Simplon-Bahn und insbesondere 1902 die Birseckbahn Basel-Arlesheim-Dornach (Trambahn, seit 1976 Baselland Transport) brachten weitere Impulse für Industrie und Dienstleistungsbereiche: unter anderem 1892 Elektrizitätsgesellschaft Alioth (später BBC), 1921 anthroposophische Ita-Wegmann-Klinik, Heilmittelfirma Weleda. Arlesheim wurde mit seinem milden Klima und seinen sonnigen Rebhängen zum beliebten Standort von Fabrikantenvillen. 1880 entstand die erste Arbeitersiedlung in Neu-Arlesheim. Weitere Arbeiterquartiere förderten die konfessionelle Verlagerung im einst ganz katholischen Dorf, was 1911-1912 zum Bau der reformierten Kirche führte (1990 41% katholische, 38% reformierte Einwohner). Nach 1960 entwickelte sich Arlesheim zur Wohngemeinde in der Agglomeration Basel (1990 69% Wegpendler, 77% Arbeitsplätze im 3. Sektor). Die daraus erwachsenen Infrastrukturprobleme (u.a. Überbauung Lee) führten zur Ortskernplanung von 1971 und zu den Dorfplatzsanierungen von 1987 und 1991. Der historische Kern Arlesheims, die Wohnqualität und der dörfliche Charakter (1981 Ortsmuseum) konnten dadurch gewahrt werden.

Quellen und Literatur

  • H.-R. Heyer, Der Dom zu Arlesheim, 1981
  • C. Bosshart-Pfluger, Das Basler Domkapitel von seiner Übersiedlung nach Arlesheim bis zur Säkularisation (1678-1803), 1983
  • H.-R. Heyer, «War der Jesuitenpater Franz Demess der Architekt des Arlesheimer Dombez.?», in ZAK 44, 1987, 60-62
  • O. Studer et al., Heimatkunde Arlesheim, 1993 (inkl. vorröm. Zeit)
  • Tatort Vergangenheit, hg. von J. Ewald, J. Tauber, 1998
Von der Redaktion ergänzt
  • Heyer, Hans-Rudolf: Der Bezirk Arlesheim, 1969, S. 45-194 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, 1).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Paul Gutzwiller; Brigitta Strub: "Arlesheim", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 06.10.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001191/2010-10-06/, konsultiert am 28.03.2024.