Politische Gemeinde des Kantons Appenzell Ausserrhoden, ehemaliger Bezirk Hinterland. Strassendorf auf 838 m am linken Ufer des gleichnamigen Flusses mit zahlreichen Weilern, Einzelhöfen und Alpen. Die mit 48 km2 flächenmässig grösste Gemeinde Ausserrhodens umfasste bis ins frühe 18. Jahrhundert auch Schönengrund, das sich 1720-1722 abtrennte. 831 Erwähnung des Weilers Färchen (Farrichun), im 9. Jahrhundert des Flusses in der lateinischen Form Urnasca. 1344 Urnäschen. 1667 1772 Einwohner; 1794 2798; 1818 1917; 1850 2464; 1900 3087; 1950 2579; 2000 2336.
Unter der äbtischen Herrschaft bildete Urnäsch vorerst mit Herisau einen Verwaltungsbezirk, im 14. Jahrhundert war es eine Rhode des Amts Hundwil und gehörte mit diesem innerhalb des Reichsverbands zur Vogtei St. Gallen. Kommunales Eigenleben zeigte Urnäsch bereits im 14. Jahrhundert; es trat als lendlyn 1377 dem Schwäbischen Städtebund und 1401 dem Bund mit der Stadt St. Gallen bei, allerdings noch unter dem Siegel Hundwils, und war wie Letzteres eine treibende Kraft in den Appenzeller Kriegen 1401-1429. Vorerst nach Herisau kirchgenössig, erlangten die Urnäscher nach dem 1414 erfolgten Bau der Antoniuskirche 1417 die endgültige kirchliche und politische Selbstständigkeit. Innerhalb der Streusiedlung entwickelte sich um die Kirche ein Dorfkern. 1525 trat der Ort zur Reformation über. Die Kirche wurde nach dem Dorfbrand von 1641 wieder aufgebaut und 1866-1868 renoviert. Die katholische Pfarrei Urnäsch-Hundwil-Waldstatt mit der Kirche im Weiler Zürchersmühle wurde 1911 gegründet.

1480 bereinigten Urnäsch und Hundwil nach der Trennung der gemeinsamen Alpen den Grenzverlauf. Seit der Landteilung 1597 gehört Urnäsch als erste der sechs äusseren Rhoden zum Land Appenzell Ausserrhoden und war regelmässig Tagungsort des Kleinen Rats. Die Gemeindeteile Tal und Dorf dehnten sich ab dem 18. Jahrhundert entlang der Route Waldstatt-Schwägalp aus und wuchsen allmählich zusammen.
Alp- und Viehwirtschaft sowie Forstwirtschaft spielen seit je eine herausragende Rolle. Grosse Bedeutung kam bis um 1900 dem Holz- und Holzkohlenexport zu. Trotz Schutzbestimmungen für die Gemeindewälder – solche hatte die Gemeinde erstmals 1533 erlassen – nahm die Abholzung ab 1820, vorerst für die Köhlerei, später auch für die Papierindustrie massiv zu; 1826 wurden neun Sägemühlen gezählt. Die Kantonsregierung erklärte 1901 die verbliebenen Waldungen zu Schutzwäldern. Im 17. Jahrhundert bestand eine Pulvermühle, 1801-1867 eine Ziegelei, bis ins frühe 19. Jahrhundert eine Salpetersiederei. Der von 1592 an gehaltene Jahrmarkt wurde ab 1726 durch zwei weitere ergänzt. Die Herstellung von Leinwandtuch ist bereits 1515 bezeugt, der Flachsanbau 1604. Weberei (1826 672 Weber) und besonders der Stickereiboom im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts prägten die Gemeinde. In diesem Zeitraum entstanden mehrere Fabriken. Die Krise der Zwischenkriegszeit traf in Urnäsch vor allem die Heimindustrie, während die Fabriken meist erfolgreich diversifizierten. Die Textilindustrie blieb auch nach 1945 wichtigster Erwerbszweig, sie erfuhr erst in den 1980er Jahren einen teilweisen Einbruch. Eine Teppichfabrik nahm 1965 den Betrieb auf, eine Spinnerei 1978. Seit 1875 verfügt Urnäsch über eine Station an der Bahnlinie Herisau-Appenzell. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Bedeutung des Fremdenverkehrs, wobei Urnäsch von seiner Lage als Ausgangsort für Ausflüge zur Schwägalp und zum Säntis profitierte (1935 Bau der Säntis-Schwebebahn, 1944 des Skilifts sowie der Sprungschanze). 2008 eröffnete das Reka-Feriendorf mit ca. 300 Betten. Obwohl viele seiner Einwohner in die Region Herisau-Gossau-St. Gallen pendelten, bestand in Urnäsch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch immer ein umfassendes Arbeitsplatzangebot (2005 957 Stellen). Wichtigste Branchen waren Textilindustrie, Buchdruckerei, Milch- und Viehwirtschaft (2009 Eröffnung einer Käserei als erstes regionales Entwicklungsprojekt in der Schweiz) sowie allgemein das Handwerk und das Kleingewerbe. Zu den Besonderheiten von Urnäsch gehört ein vielfältiges Brauchtum mit Silvesterklausen, Bloch und Sennenbällen. Das Appenzeller Brauchtumsmuseum öffnete 1976 seine Tore. Urnäsch weist ein Ortsbild von nationaler Bedeutung auf.