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Gams

Politische Gemeinde des Kantons St. Gallen, Region Werdenberg, am Fuss des Alpsteins und am Rand der Rheintalebene, die sich hier in ihrer grösster Breite ausdehnt, gelegen. Die Gemeinde umfasst neben dem Dorf Gams den Gamserberg mit seiner Streusiedlung sowie Gasenzen. Gams beherrschte den östlichen Zugang ins Toggenburg sowie den Saumpfad über die Saxerlücke nach Appenzell und St. Gallen. Es lag an der wichtigen linksrheinischen Verkehrsroute Chur-Sargans-Bodensee und war Etappenort der Pilgerwege nach Einsiedeln und Rankweil. 835 Campesias, 1210 Chames, 1236 Gamps, früher romanisch Chiamp. Bis ins Spätmittelalter war Gams romanisch. 1800 1043 Einwohner; 1850 1783; 1900 2156; 1950 2025; 1970 2219; 2000 2867.

Waffenfunde oberhalb Gasenzen weisen auf eine Begehung in der Bronzezeit hin. Das Kloster St. Gallen erhielt 835 Schenkungen in Gams, im 10. Jahrhundert werden Güter des Klosters Einsiedeln, 1210 der Freiherren von Sax und des Prämonstratenserklosters Churwalden erwähnt. Im 13. Jahrhundert gelangte Gams in den Besitz der Freiherren von Sax und bildete nach der Erbteilung von 1360 eine eigene Herrschaft. 1393 erfolgte der Verkauf an die Herzöge von Österreich, die 1413 Kaspar von Bonstetten, der durch Heirat mit der Familie von Sax verwandt war, belehnten. Im Alten Zürichkrieg besetzten österreichische Truppen die Herrschaft Gams. Darauf zerstörten die Appenzeller die Burg Hohensax und die Vorburg Frischenberg, gaben sie dann aber 1461-1463 auf Drängen der Eidgenossen den Bonstetten zurück. 1496 verkauften diese die Herrschaft Gams an die Herren von Werdenberg, und 1497 gelangte Gams auf Drängen der Gamser durch Verkauf an Schwyz und Glarus, die das nunmehrige Amt Gams unter Wahrung verbriefter Sonderrechte ihrer Landvogtei Gaster unterstellten. Im Schwabenkrieg 1499 wurde Gams niedergebrannt. 1798 kam die Herrschaft zum helvetischen Kanton Linth. 1802 bildete Gams für kurze Zeit einen autonomen Freistaat, die sogenannte Republik Gams. 1803 wurde Gams dem Distrikt Sargans des neuen Kantons St. Gallen, 1831 dem Bezirk Werdenberg zugeteilt.

Eine Kirche ist in Gams 835 bezeugt, 979 wird die Pfarrkirche St. Sebastian erstmals erwähnt, die später dem heiligen Michael geweiht wurde. 1868 fand die Einweihung der neu errichteten Michaelskirche statt. Der Pfarrsprengel reichte ursprünglich über das Simmitobel hinauf ins oberste Toggenburg; bis 1484 gehörten auch die Wildhauser zur Gamser Pfarrei, die ihrerseits bis 1823 dem Bistum Chur unterstand und dann zum Bistum St. Gallen kam. Unter der Herrschaft von Schwyz und Glarus blieb Gams eine katholische Enklave; noch 2000 zählte Gams mit einem 63%-Anteil eine katholische Mehrheit im damaligen, grösstenteils reformierten Bezirk.

Ende des 19. Jahrhunderts veränderte die als Heimarbeit betriebene Stickerei die zuvor von Rindvieh- und Pferdezucht, Alpwirtschaft und Ackerbau geprägte Wirtschaft. Die Strasse nach Wildhaus (1829-1833) und der Bahnhof Haag-Gams (1858) brachten einen bescheidenen Aufschwung. Der Niedergang der Stickerei in den 1920er Jahren und der sogenannte Gamser Bankenkrach 1936-1937 trafen die Gemeinde schwer und brachten eine Rückbesinnung auf die Landwirtschaft. Die Verbauungen und Korrekturen der Wildbäche ab 1900 und die Gesamtmelioration 1957-1978 brachten einen Zuwachs an Wies- und Ackerland und ermöglichten eine rationelle Bewirtschaftung. Gams ist stark agrarisch geprägt (Viehzucht, Milchwirtschaft, Tafelobstanbau); die Käserei gehört mit jährlich etwa 300 t zu den bedeutendsten Emmentaler-Produktionsstätten der Schweiz. Die Forst- und Alpwirtschaft besitzen noch eine grosse Bedeutung. Die Industrialisierung erfolgte nur zaghaft. Neben einheimischem Gewerbe nahm 1953 die August Häussermann GmbH (seit 1996 Ortlinghaus AG) die Produktion von Lamellen und Kupplungen auf, und 1971 eröffnete die Contraves AG (seit 1991 Multi-Board Electronic AG) ihren Gamser Zweigbetrieb für die Fabrikation von gedruckten Schaltungen.

Quellen und Literatur

  • A. Müller, Beitr. zur Heimatkunde von Gams, 1937
  • J. Staehelin, Gams in vergangenen Tagen, 1960
  • N. Kessler, Gams, 1985
Von der Redaktion ergänzt
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GND

Zitiervorschlag

Wolfgang Göldi: "Gams", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.10.2006. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001347/2006-10-24/, konsultiert am 29.03.2024.