Politische Gemeinde des Kantons Thurgau, Bezirk Weinfelden. Die Gemeinde besteht seit 1995 und umfasst die ehemaligen Ortsgemeinden Bürglen, Leimbach und Opfershofen der ehemaligen Munizipalgemeinde Bürglen sowie Istighofen, ehemalige Ortsgemeinde der ehemaligen Munizipalgemeinde Bussnang. Die zuvor ebenfalls zur Munizipalgemeinde Bürglen zählenden ehemaligen Ortsgemeinden Donzhausen und Hessenreuti sowie Uerenbohl gehören seit 1995 zu Sulgen. 1282/1284 Burgelon. Politische Gemeinde: 2000 3197 Einwohner. Ehemalige Munizipalgemeinde Bürglen: 1850 1049 Einwohner; 1900 1792; 1950 2428. Ehemalige Ortsgemeinde Bürglen: 1450 ca. 250 Einwohner; 1634 153; 1682 435; 1797 420; 1850 442; 1900 1238; 1950 1714; 1990 2323.
Nach 1350 entstand durch Konzentration des Besitzes der 1176 erstmals erwähnten Freiherren von Bürglen ein abgerundetes Herrschaftsgebiet, das ab 1408 den Herren von Klingenberg, ab 1443 Marquart Brisacher aus Konstanz und ab 1447 den Freiherren von Sax-Hohensax gehörte. Diese hatten in Bürglen seit 1360 verschiedene Rechte besessen und bauten die Herrschaft um 1500 zu ihrem Machtzentrum aus. 1550 verkauften sie Bürglen den Breitenlandenberg, die es 1579 der Stadt St. Gallen abtraten. Die bis 1798 vom St. Galler Obervogt verwaltete Herrschaft umfasste seit dem Spätmittelalter die niederen Gerichte Bürglen, Uerenbohl, Guntershausen (heute Guntershausen bei Berg), Heldswil, Mettlen und Istighofen sowie Teile von Hüttenschwil und Sulgen. Dazu kamen 1580 Mühlebach (heute Mühlebach bei Amriswil), 1647 Bleiken, 1664 Hessenreuti und 1665 Amriswil. Kirchlich gehörte Bürglen zur Pfarrei Sulgen. Ab 1274 ist eine Pfründe, ab 1346 die Burgkapelle belegt. Die 1504 erwähnte St. Leonhardskapelle dürfte älteren Ursprungs sein. Vermutlich bestand sie ebenso wie die ab 1585 belegte und 1695 abgebrannte «Höll»-Kapelle bis ins späte 17. Jahrhundert. Nach der Reformation 1529 kehrte der Gerichtsherr zum katholischen Glauben zurück, während das Dorf reformiert blieb. Nachdem St. Gallen 1585 vom Stift St. Pelagius in Bischofszell Kollatur und Zehnten erworben hatte, wurde Bürglen von Sulgen, ab 1617 von Neukirch an der Thur und ab 1676 schliesslich von einem Schlossprediger versorgt. 1678 erfolgte die Zuteilung von Andwil, 1714 von Oberandwil, Eggertshusen und Guggenbüel. 1809 wurde die von Sulgen unabhängige reformierte Pfarrei Bürglen-Andwil gebildet.
Die um 1300 angelegte befestigte Siedlung konnte sich wegen des Niedergangs der Freiherren von Bürglen und der Konkurrenz anderer Orte nicht als Stadt behaupten. Nach dem Dorfbrand 1528 verschuldeten sich die Einwohner für den Wiederaufbau bei der Herrschaft, die 1540 die Rechte am Gemeindeland zugesprochen erhielt. Unter sankt-gallischer Herrschaft verlor Bürglen die Autonomie. Die Stadt setzte den Ammann und Vorsitzenden des Niedergerichts ein, förderte die Ansiedlung ihrer Bürger als lokaler Elite und wandelte die Erb- in Schupflehen um. Zwar genossen die sogenannten Konstanzerbauern eine gewisse Unabhängigkeit, und im 17. Jahrhundert förderte der Ausbau des Schlosses die Ansiedlung neuer Gewerbe. Im 18. Jahrhundert aber führte eine Herrschaftspraxis, die die Bildung tragfähiger dörflicher Strukturen verhinderte, zur allgemeinen Verarmung.
1803-1816 gehörte Bürglen zur Munizipalgemeinde Birwinken, 1816-1994 war Bürglen Munizipalgemeinde. 1810-1875 prägten die Häberlin, Besitzer der 1903 durch einen markanten Neubau ersetzten Mühle, die Dorfpolitik. Mitte des 19. Jahrhunderts war Bürglen Treffpunkt fortschrittlicher Kreise, was sich in der landwirtschaftlichen Ausstellung von 1846 sowie in der radikalen Zeitung «Der Volksmann» der Gebrüder Bion 1847-1850 widerspiegelte. Ab 1860 erfolgte die Umstellung auf Viehwirtschaft, 1933 die Güterzusammenlegung und Intensivierung des Obstbaus. Die Eröffnung der Kammgarnspinnerei 1874, welche vor allem italienische Arbeiterinnen anwarb und eine eigene Wohnbaupolitik betrieb (Neubürglen), hatte tief greifende Folgen. Während 1870 der Anteil der Ausländer und Katholiken 3% bzw. 2% der Bürgler Bevölkerung betrug, hatte er sich 1910 bereits auf 40% bzw. 45% erhöht, derjenige der Frauen lag bei 57%. Der freisinnig-bäuerlichen Mehrheit standen die Demokraten, ab 1930 die SP gegenüber. 1945 begann die politische Integration der Katholiken, was 1959 zum Bau der katholischen St. Josephskirche als Filiale von Sulgen führte. Neben Kammgarnspinnerei, Wollfärberei (1843-1979) und Stickerei waren vor allem die Kieswerke wirtschaftlich von Bedeutung. Seit 1980 beherbergt das Areal der ehemaligen Wollfärberei verschiedene Kleinunternehmen und Vereine. Um das bereits im 19. Jahrhundert als Schulhaus genutzte Schloss entstand im 20. Jahrhundert ein Schulquartier. Wirtschaftliche und politische Veränderungen führten dazu, dass sich der muslimische Bevölkerungsanteil durch die Zuwanderung aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien am Ende des 20. Jahrhunderts deutlich erhöht hatte.