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LeukGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Wallis, Hauptort des gleichnamigen Bezirks, seit 2013 mit Erschmatt. Am Abhang rechts der Rhone zwischen Dalaschlucht und Feschelbach gelegen, ist Leuk-Stadt von Rebbergen umgeben und erinnert mit seinem mittelalterlichen Schloss, seinen Türmen und alten Steinhäusern an norditalienische Städtchen. Zur Gemeinde gehören neben Leuk-Stadt das am linken Rhoneufer gelegene Dorf Susten im Talgrund sowie die linksufrigen Weiler Brianen, Feithieren, Gampinen und Pfyn. 515 villa de Leuca, französisch Loèche. 1850 1042 Einwohner; 1900 1592; 1950 2336; 2000 3361.

Leuk war bereits in vorrömischer Zeit besiedelt, wie unter anderem vereinzelte Gräberfunde mit Mohnkopfnadeln, Fibeln und Gürtelhaken aus der Latènezeit belegen. Im 6. Jahrhundert gehörte Leuk zum Krongut des Burgunderkönigs Sigismund, der es der Abtei Saint-Maurice schenkte. Die romanisierte keltische Bevölkerung von Leuk wurde um die Jahrtausendwende von einwandernden Alemannen allmählich germanisiert, wies aber im 14. Jahrhundert noch eine starke romanische Minderheit auf.

Im Früh- und Hochmittelalter wechselte Leuk wiederholt den Besitzer, bis es 1138 endgültig der Mensa des Bischofs von Sitten einverleibt wurde. Die geistlichen Landesherren förderten Leuks Entwicklung durch verbriefte Zugeständnisse: 1209 hatte Leuk sein eigenes Mass, 1285 sein Spital und 1310 eine Warensust an der alten Handelsstrasse zwischen Norditalien und den Märkten der Champagne mit Reglement für die Fuhrleute. Die bischöflichen Lehensträger Viztum und Meier bauten das Bischofsschloss (Sitz des Meiers) und den Viztumsturm. Schon im 14. Jahrhundert bestand die Burgschaft Leuk aus den drei Dritteln Loye (Lobio), Tschablen (Cabulo) und Galdinen (Caldana), die sich zu selbstständigen Gemeinden mit vorwiegend wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben entwickelten. 1458 setzte Leuk sein Gewohnheitsrecht schriftlich fest, das "alt Burgrecht" wurde 1563 ergänzt.

Mit dem Niedergang des Lehnswesens, der Schwächung der weltlichen bischöflichen Gewalt und dem Aufkommen des demokratischen Selbstbewusstseins der Walliser Zenden wurden die ehemals führenden Familien de Leuca, Perrini, von Raron und Pontemallio durch neue regimentsfähige Geschlechter abgelöst: unter anderem durch die Familien Werra, Mageran, Allet, Ambühl, Albertini, Gasner, Mayenzet, Zen Ruffinen und Loretan. Der Marktflecken wurde in der Folge zum selbstbewussten Städtchen mit beachtlichen Burgerhäusern und einer stattlichen Kirche. Der im Westen durch die Dalaschlucht (Turm und Brücke aus dem 14. Jh.), im Süden durch die Rhone und im Osten durch die Feschelschlucht (Brücke von 1563) natürlich geschützte Ort war wiederholt Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen: 1296 siegten die bischofstreuen Landleute auf der sogenannten Seufzermatte über den Oberwalliser Adel (u.a. vom Turn, von Raron), der durch Berner Oberländer unterstützt wurde. 1386 verhinderten die Leuker den Vormarsch des Grafen Amadeus VII. von Savoyen ins Oberwallis durch die Zerstörung der Dalabrücke. 1415 wurden während der Rarner Kriege Bischofsschloss und Viztumsturm von den Landleuten zerstört. Auf den Ruinen des Letzteren erbaute der Prismeller Ulrich Ruffiner 1541 das heutige spätgotische Rathaus. Während der Kämpfe gegen die Franzosen entging Leuk 1799 nach der Schlacht bei Pfyn nur knapp der Brandschatzung. Die 1999 gegründete Stiftung Schloss Leuk hat sich die stil- und fachgerechte Restaurierung des Bischofsschlosses Leuk, dessen Unterhalt und Verwaltung sowie die Förderung kultureller Anlässe zum Ziel gesetzt. Auf dem mittelalterlichen Turm des Schlosses errichtete der Architekt Mario Botta eine gläserne Aussichtskuppel.

Leuk besass, wie archäologische Untersuchungen belegen, schon im 6./7. Jahrhundert eine Kirche, die vermutlich aus einem römischen Bau hervorgegangen war. Noch vor dem 9. Jahrhundert wurde diese Kirche durch eine grössere Anlage ersetzt. Weitere Neubauten konnten für das 11. und 12. Jahrhundert nachgewiesen werden. Aus dieser Zeit stammt auch der mächtige romanische Glockenturm. Die heutige, von Ulrich Ruffiner spätgotisch gebaute, reich mit Altären und Skulpturen ausgestattete Pfarrkirche St. Stephan wurde 1494 von Bischof Jost von Silenen eingeweiht. Im Beinhaus mit seinem Totentanzfresko fand man 1982 unter meterhoch aufgeschichteten Gebeinen 26 Statuen aus der Zeit vom 13. bis 16. Jahrhundert, darunter eine Pietà (14. Jh.) von ausserordentlicher Qualität. Neben der Pfarrkirche verdienen die Wallfahrtskapelle Thel und die 1690-1694 auf dem alten Pestfriedhof erbaute Ringackerkapelle Erwähnung: das Marienheiligtum, dessen Einsiedelei ca. 1720-1885 von einem Eremiten bewohnt wurde, ist einer der bedeutendsten Barockräume des Wallis.

Die Pfarrei Leuk wird 1227 erstmals urkundlich erwähnt. Sie umfasste ursprünglich den ganzen Zenden Leuk. Erst nach 1500 entstanden Tochterpfarreien, unter anderen 1501 Leukerbad, 1660 Gampel, 1663 Turtmann, 1962 Susten. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts neigten die führenden Leuker Familien zum Protestantismus. Als der Walliser Landrat 1604 in Visp den Verbleib bei der katholischen Konfession beschloss, zogen einzelne Familien (Mageran, Ambühl) nach Bern, der Grossteil aber kehrte zum alten Glauben zurück.

Der Ortsteil Susten spielte durch seine Lage an der Landstrasse eine bedeutende Rolle im mittelalterlichen Durchgangsverkehr. Sustengebäude haben sich keine erhalten. Östlich von Susten steht das einstige Schloss Perrini-von Werra, das in jüngerer Zeit in ein Altersheim umgewandelt wurde.

Luftaufnahme von Leuk von Süden, 1970er Jahre (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Archiv Stuart Morgan).
Luftaufnahme von Leuk von Süden, 1970er Jahre (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Archiv Stuart Morgan). […]

Die wirtschaftliche Grundlage des Fleckens Leuk war neben dem Warentransport, der bis ins Spätmittelalter sehr bedeutend war, die Landwirtschaft (Viehhaltung, Alpwirtschaft, Weinbau). Der Landbesitz der Gemeinde umfasst einen grossen Teil des Pfynwalds, den als Golfplatz umgenutzten Leuker Grund, Wälder im Gebiet der Voralpen und die Alpen Grächten, Meschler, Märitschi und Ill sowie grosse, Anfang des 21. Jahrhunderts brandgeschädigte Wälder am Leuker Sonnenberg und im Talgrund. Die Kiesentnahme an der natürlich fliessenden Rhone im Pfynwald wurde aus Naturschutzgründen in den 1970er Jahren eingeschränkt. Der 1928 begonnene Kalksteinabbau an der Rhone in Susten wurde inzwischen aufgegeben. 2005 besass Leuk noch zehn hauptberufliche Landwirte und sieben Weinkellereien. Die Alusuisse-Werke (heute Alcan AG) in Chippis und Steg boten nach 1908 auch vielen Leukern Arbeitsplätze. Die 1915 in Betrieb genommene Leuk-Leukerbad-Bahn wurde 1967 auf Busbetrieb umgestellt. 2005 erhielt das Bahnhofsquartier Susten ein neues Gesicht: eine neue Bahnbrücke über die Rhone, einen neuen Bahntunnel in Richtung Salgesch und ein neues, etwas ostwärts versetztes Bahnhofsgebäude. Leuk, das während Jahrhunderten zentraler Verwaltungsort der Region war, ist Anfang des 21. Jahrhunderts noch Schul-, Gerichts- und Dienstleistungszentrum und ist dank der Satellitenbodenstation SES (International Teleport Switzerland AG) mit ihren weithin sichtbaren Riesenantennen ein interkontinental bedeutendes Telekommunikationszentrum (Baubeginn 1972).

Quellen und Literatur

  • G. Carlen et al., «Kunsthist. Inventar der Stadt Leuk », in Vallesia 30, 1975, 81-168
  • G. Descœudres, «Materialien zur Pfarrei- und Siedlungsgesch. von Leuk», in Vallesia 39, 1984, 139-238
  • H.R. Ammann, «Das Vizedominat von Leuk», in BWG 18, 1985, 415-465
  • H.R. Ammann, «Meiertum und Meier von Leuk», in BWG 19, 1987, 209-231
  • H.A. von Roten, «Zur Gesch. der ref. Gem. Leuk 1560-1651», in Vallesia 46, 1991, 39-66
  • R. von Werra, «Leuk im späten MA», in Vallesia 49, 1994, 1-137
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Alois Grichting: "Leuk (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.01.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002720/2017-01-04/, konsultiert am 28.03.2024.