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Veyrier

Politische Gemeinde des Kantons Genf, auf der linken Seite der Arve, umfasst das gleichnamige Dorf und die Weiler Le Petit-Veyrier, Sierne, Pinchat und Vessy. Die Gemeinde gehört zu den Communes réunies und liegt am Fuss des Salève. Zwei alte Brücken über die Arve verbinden Veyrier mit Etrembières und Carouge (GE). Veyrier grenzt an das französische Departement Haute-Savoie. 1201 Vayrie. Pfarrei: 1412 30 Feuerstätten; 1792 ca. 300 Einwohner; Gemeinde; 1834 500 Einwohner; 1850 567; 1900 780; 1950 1813; 2000 8892.

Die Entdeckung einer Station aus dem Magdalénien durch François-Isaac Mayor machte Veyrier 1833 bekannt; tatsächlich lag die Station jedoch in der angrenzenden französischen Gemeinde Etrembières. Seit diesem Zeitpunkt tragen Grabungen und Zufallsfunde viel zum Verständnis des Lebens der Rentierjäger bei, die sich um ca. 10'000 v.Chr. unter Abris niedergelassen hatten. Ein weiträumiger, in spätrömischer und frühmittelalterlicher Zeit genutzter Friedhof bei Les Berlies (heute in Frankreich) wurde Ende des 19. Jahrhunderts archäologisch untersucht.

Die Herrschaft über Veyrier besass hauptsächlich das Genfer Domkapitel. Die Adelsfamilie de Villette, Vasallen der Grafen von Genf, hielten einen Teil des Gebiets als Lehen. Die abgegangene Burg Symond oder Cymont oberhalb der Strasse von Pas-de-l'Echelle bildete das Zentrum der Herrschaft des Domkapitels. 1536 besetzte Bern die Region, musste aber 1567 die Vogtei Ternier-Gaillard an den Herzog von Savoyen zurückgeben. Veyrier unterstand einer beschränkten savoyischen Hoheit, wobei die Herrschaft Genf noch zahlreiche Rechte hielt. Im 18. Jahrhundert wurde ein Schloss im Dorf erbaut. Nach dem ersten Turiner Vertrag von 1754 wurde der gesamte Ort savoyisch (ab 1782 Provinz Carouge). 1792 erfolgte die französische Besetzung, die bis 1814 dauerte (Departement Mont-Blanc, 1798 Departement Léman). Zu diesem Zeitpunkt wurde die politische Gemeinde geschaffen, wobei die Grenzziehung Anfang des 19. Jahrhunderts noch verschiedene Änderungen erfuhr. 1813 erfolgte die zwischenzeitliche Vereinigung mit Etrembières. Zunächst erneut bei Savoyen, wurde Veyrier dann 1816 mit dem zweiten Turiner Vertrag eine Gemeinde des Kantons Genf und damit wieder Teil der Schweiz.

Die Pfarrei ist 1201 bezeugt. Der Bau der ersten Kirche kann nicht datiert werden; das 1412 fassbare Mauritiuspatrozinium weist zwar vielleicht auf eine frühe Gründung hin, reicht aber allein für eine eindeutige Aussage nicht aus. Die heutige Kirche wurde im 18. Jahrhundert erbaut. Unter bernischer Herrschaft wurde Veyrier reformiert. Ab Anfang des 17. Jahrhunderts wurde der katholische Ritus unter dem Herzog von Savoyen wieder eingeführt.

Während des Ancien Régime war die wirtschaftliche Ertragskraft von Veyrier wegen seiner nur mittelmässigen Böden begrenzt. Ein bedeutender Teil der Fläche war bewaldet, was zusätzliche Einkunftsmöglichkeiten bot. Ausserdem wurde Gestein zur Kalkgewinnung und für Aufschüttungen abgebaut. Die Lehmvorkommen in Vessy und Pinchat erlaubten die Ansiedlung von Ziegeleien. 1778 wurde die Brücke von Sierne erbaut (Neubauten 1824 und 1983). Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlaubten Fortschritte in der Landwirtschaft die Ausweitung der Produktion und des Viehbestands. In etwa diesem Zeitraum setzte auch ein markanter Bevölkerungsanstieg ein. Bis 1950 blieb die Gemeinde hauptsächlich agrarisch geprägt. Die Trockenlegung der Sümpfe der Arve in der Zwischenkriegszeit schuf Land für den Gemüseanbau. Ab 1887 war das Dorf Veyrier durch eine dampfbetriebene Schmalspureisenbahn mit Genf verbunden. 1898 wurde diese durch eine elektrische Strassenbahn ersetzt, die 1956 wiederum einem Bus wich. Die Eröffnung einer Standseilbahn auf den Salève 1892 steigerte den touristischen Wert von Veyrier. 1932 trat eine Seilbahn an deren Stelle. Vom Zweiten Weltkrieg an und beschleunigt noch seit den 1960er und 1970er Jahren verlor Veyrier infolge des Baus zahlreicher Villen und Wohnblöcke seine bäuerliche Prägung und entwickelte sich zu einer suburbanen Wohngemeinde.

Quellen und Literatur

  • G. Amberger et al., Veyrier, 1990
  • Commune de Veyrier, 2010
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Isabelle Brunier: "Veyrier", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.07.2013, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002927/2013-07-08/, konsultiert am 16.10.2024.