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AntoineCarteret

3.4.1813 Genf, 28.1.1889 Petit-Saconnex (heute Gemeinde Genf), reformiert, von Genf. Sohn des Daniel, Wechselmaklers, und der Adrienne geborene Vettiner. 1858 Louise Moulinié, Tochter des Jacques Dauphin, Fabrikanten von Zifferblättern. Antoine Carteret studierte 1829-1834 Natur- und Geisteswissenschaften an der Akademie von Genf. Ab 1841 war er als radikaler Politiker aktiv, war Mitglied der Association du Trois Mars und Redner vor den in La Coulouvrenière versammelten Radikalen. 1841-1842 gehörte er dem Genfer Verfassungsrat an, 1842-1851, 1854-1856, 1864-1869 dem Grossen Rat (Legislative 1847-1851 Präsident) und 1842-1846 dem Stadtparlament (Legislative). Carteret befürwortete die radikale Revolution vom Oktober 1846, hielt sich aber vom Aufstand fern. 1846-1847 war er Mitglied der Verfassungskommission, 1847 zweiter Genfer Abgeordneter an der eidgenössischen Tagsatzung. 1847-1851 war er Stadtrat (Exekutive), 1851-1853 Staatsrat. Carteret widersetzte sich der in seinen Augen katholikenfreundlichen Religionspolitik von James Fazy wie auch dessen Finanzpolitik und trat für Steueranhebungen statt Staatsverschuldung ein. Nach 1868 stand er dem Ultramontanismus zunehmend feindlich gegenüber und gewann gegen Fazy die Mehrheit der Radikalen für seine antikatholische Politik, die das im Protestantismus wurzelnde Identitätsgefühl der Genfer ansprach. Mit überwältigender Mehrheit wurde er 1870 wieder in den Staatsrat (Exekutive) gewählt, dem er bis zu seinem Tod angehörte.

"Die Journalistenschule: Der Bitte der Journalisten nachkommend und um ihrem Griesgram abzuhelfen, hat sich Herr Carteret bereit erklärt, ihnen einige Turnstunden zu erteilen." Die im Carillon de Saint-Gervais 1884 erschienene Karikatur macht sich über die gespannten Beziehungen zwischen dem Erziehungsdirektor Carteret und der Genfer Presse lustig (Bibliothèque de Genève).
"Die Journalistenschule: Der Bitte der Journalisten nachkommend und um ihrem Griesgram abzuhelfen, hat sich Herr Carteret bereit erklärt, ihnen einige Turnstunden zu erteilen." Die im Carillon de Saint-Gervais 1884 erschienene Karikatur macht sich über die gespannten Beziehungen zwischen dem Erziehungsdirektor Carteret und der Genfer Presse lustig (Bibliothèque de Genève).

Als Leiter des Erziehungswesens brachte Carteret 1872 das Gesetz über die obligatorische öffentliche Schule durch die Volksabstimmung, gründete die medizinische Fakultät und gestaltete 1876 die Akademie zur Universität um. 1873 wurde die Eglise catholique nationale geschaffen, deren Priester von den Gläubigen gewählt und als einzige vom Staat anerkannt waren. Auf dem Gipfel seiner Popularität schaltete Carteret die gemässigten Radikalen zugunsten seiner radikal-liberal genannten Richtung aus und griff zu härteren Massnahmen, unter anderem zur Verbannung von Bischof Gaspard Mermillod und zur Beschlagnahmung von Kirchen. 1876 verstärkte ein Gesetz die Aufsicht des Staates über die Gemeinden. Carterets Popularität liess nach; 1879 verlor seine Partei die Mehrheit im Grossen Rat und im Staatsrat. Innerhalb der Partei gewann mit Georges Favon eine sozialere und zum Religionsfrieden neigende Richtung die Oberhand. Vergeblich bekämpfte Carteret 1886 die Revision des Gesetzes über die öffentlichen Schulen: dem humanistischen Ideal verpflichtet, wehrte er sich vor allem gegen den praxisorientierten Unterricht. 1887 versetzten ihn seine Kollegen im Staatsrat gegen seinen Willen ins Departement des Inneren und des Kultus; dies führte zu einem Bruch zwischen seinen Parteigängern, den nunmehr Radikal-Nationalen, und den Anhängern der Bewegung Favons. Die Spaltung ermöglichte 1889 den Sieg der demokratischen Opposition. 1848-1850 war Carteret Ständerat, 1869-1878 und 1881-1889 Nationalrat. 1872 stimmte er gegen die Revision der Bundesverfassung. Carteret publizierte unter anderem 1862 eine Sammlung von Fabeln und 1872 einen Roman.

Quellen und Literatur

  • AEG, Nachlass
  • F. Ruchon, Histoire politique de la République de Genève, 1953
  • Gruner, Bundesversammlung 1, 935-937
Weblinks
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GND
VIAF

Zitiervorschlag

Marc Vuilleumier: "Carteret, Antoine", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.10.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003854/2014-10-13/, konsultiert am 28.03.2023.