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UlrichDürrenmatt

Titelseite der Sammlung satirisch-politischer Gedichte "Bärentalpen", die 1878 unter seinem Pseudonym Christian Frymuth in Herzogenbuchsee erschienen (Universitätsbibliothek Basel, Ei* VII 48).
Titelseite der Sammlung satirisch-politischer Gedichte "Bärentalpen", die 1878 unter seinem Pseudonym Christian Frymuth in Herzogenbuchsee erschienen (Universitätsbibliothek Basel, Ei* VII 48).

20.4.1849 Schwandacker (Gemeinde Guggisberg), 27.7.1908 Herzogenbuchsee, reformiert, von Guggisberg. Sohn des Christian, Kleinbauern, und der Anna geborene Zbinden. Anna Maria Breit, Tochter des Johann, Lehrers. Primarschule Rüschegg, Lehrerseminar Münchenbuchsee, Lehrtätigkeit in Rüschegg und Bern, Weiterbildung zum Sekundarlehrer, Lehrer in Delsberg, Frauenfeld und Thun. 1880-1908 Redaktor der konservativen «Berner Volkszeitung» (Herzogenbuchsee). 1882 Mitbegründer und später Führer der konservativen (bernischen) Volkspartei, 1899-1905 Gemeinderat von Herzogenbuchsee. 1886-1908 Berner Grossrat, 1902-1908 Nationalrat.

In seiner Jugend dem Radikalismus nahe stehend und Mitglied des Grütlivereins, wechselte Ulrich Dürrenmatt unter dem Eindruck des Kulturkampfs ins Lager der Reformiert-Konservativen. Er wurde zum Mittelpunkt der konservativen Opposition gegen die freisinnige Vorherrschaft im Kanton Bern und auf Bundesebene. In diesem Sinne kämpfte er für den Ausbau der Volksrechte, bekannte sich aber im Übrigen zur «konservativen Demokratie» auf der Grundlage des Christentums und zu den traditionellen Wertvorstellungen des Bauernstandes. Gegenüber der materiellen Interessenpolitik des Schweizerischen Bauernverbands unter Ernst Laur ging er auf Distanz. Als konservativer, redegewandter Volkstribun vertrat er auf Föderalismus, Bauerntum, Familie und Christentum basierende Werte und wehrte sich vehement sowohl gegen die Wirtschaftsgläubigkeit der Freisinnigen wie gegen die Forderungen der Sozialisten.

Dem Geist des wilhelminischen Deutschen Reichs, der sich auch in der Schweiz breit zu machen begann, stellte er die ländlich-bernischen Tugenden entgegen. Entsprechend bekämpfte er den Vorschlag, Hochdeutsch als Verhandlungssprache des Berner Grossen Rats einzuführen, und pries dafür das Berndeutsche als jene Sprache, welche die wahren Werte verkörpere. Schon während seiner Thuner Zeit gab er seine ersten Sammlungen von politischen, zum Teil in Mundart gehaltenen Gedichten heraus: unter dem Pseudonym Chrischte Frymueth bzw. Christian Frymuth «Mutz, wach' uf!» (1877) und «Bärentalpen» (1878). Als Redaktor der viel gelesenen «Buchsizeitung», d.h. «Berner Volkszeitung», versah er jede Nummer mit einem auf aktuelle Tagesfragen Bezug nehmenden Titelgedicht. Diese zum Teil in landberndeutsch oder auch Guggisberger Mundart geschriebenen «Titelgedichte» gehören mit zum Besten, was die schweizerische politische Lyrik im 19. Jahrhundert hervorgebracht hat. Sie halfen massgeblich mit, die von Gottfried Strasser und andern vorbereitete sogenannte Berndeutschbewegung nach der Wende zum 20. Jahrhundert zu konstituieren.

Quellen und Literatur

  • Gruner, Bundesversammlung 1, 157 f., (mit Werkverz.)
  • T. Maurer, Ulrich Dürrenmatt 1849-1908, 1975
Weblinks
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 20.4.1849 ✝︎ 27.7.1908

Zitiervorschlag

Peter Stettler: "Dürrenmatt, Ulrich", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.03.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004473/2010-03-24/, konsultiert am 28.03.2024.