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Cisalpinische Republik

«Die eine und unteilbare Cisalpinische Republik». Bildnis auf dem Kopf einer Zivilstandsbescheinigung von 1801 für einen Bürger der Cisalpinischen Republik, der in der Helvetischen Republik lebte (Archivio di Stato del Cantone Ticino, ​​​​​Bellinzona, Fondo Repubblica elvetica).
«Die eine und unteilbare Cisalpinische Republik». Bildnis auf dem Kopf einer Zivilstandsbescheinigung von 1801 für einen Bürger der Cisalpinischen Republik, der in der Helvetischen Republik lebte (Archivio di Stato del Cantone Ticino, ​​​​​Bellinzona, Fondo Repubblica elvetica).

Am 29. Juni 1797 wurde nach dem Willen Napoleon Bonapartes und des französischen Direktoriums die Cisalpinische Republik gebildet: Diese umfasste nach der Vereinigung mit der Cispadanischen Republik die heutige Lombardei, einen Teil der Emilia-Romagna sowie die nordwestliche Toskana. Nach der österreichisch-russischen Besetzung von 1799-1800 wurde die Cisalpinische Republik von Bonaparte zurückerobert, am 26. Januar 1802 in die Italienische Republik umgewandelt und 1805 ins Königreich Italien eingegliedert. Der Staat, der ab 1797 ca. 42'500 km2 und 3,24 Mio. Einwohner umfasste, gliederte sich in 20 Departemente von unterschiedlicher Grösse und Bevölkerungsdichte. Neben der bevölkerungsreichen Hauptstadt Mailand mit rund 124'000 Einwohnern (1765) stellten Bologna und Ferrara die wichtigsten Städte dar. Trotz der ständigen Plünderungen durch die Besatzer prosperierte die Wirtschaft, die vor allem auf Ackerbau, aber auch auf einer bedeutenden Vieh- und Seidenraupenzucht fusste. Wichtige Rohstoffe waren das Holz aus den Alpenregionen und der Marmor der Apenninen. Ein gut organisiertes traditionelles Handwerk, eine wachsende Seidenindustrie und ein sehr lebhafter Handel ergänzten die Wirtschaft der Cisalpinischen Republik.

Nach der Auflösung der österreichischen Verwaltungsstrukturen schuf Bonaparte eine provisorische Militäragentur, die vor allem dem Einzug der Kriegskontributionen diente. Im August 1796 wurde die Generaladministration der Lombardei mit einem Direktorium von fünf Ministern (Exekutive) und einer Legislative von 240 Mitgliedern eingerichtet; die höchste Staatsgewalt blieb jedoch beim französischen Oberbefehlshaber (Bonaparte) in der Lombardei. Am 8. Juli 1797 wurde die Cisalpinische Verfassung erlassen, eine bürgerliche Rechtsordnung nach dem Vorbild der französischen Verfassung von 1795. An die Spitze des lombardischen Direktoriums wurden lokale Politiker wie der Herzog Gian Galeazzo Serbelloni und Francesco Melzi d'Eril gestellt; zum Parlament zählten auch Gelehrte wie Pietro Verri und Giuseppe Parini oder Wissenschaftler wie Alessandro Volta.

Die Beziehungen zwischen der Cisalpinischen Republik und der Eidgenossenschaft waren anfänglich belastet durch die fortgesetzten – und von den «Cisalpinern» oder «Patrioten» im Tessin unterstützten – italienischen Versuche, die südlich der Alpen gelegenen schweizerischen Gebiete zu annektieren und so einen Nationalstaat nach französischem Muster zu schaffen, der Gebiete mit gleicher Kultur, Sprache und Gewohnheiten umfassen sollte. Nachdem Campione d'Italia besetzt, das bündnerische Veltlin annektiert und auf Lugano am 15. Februar 1798 ein Handstreich verübt worden war, reduzierte sich nach der Bildung der Helvetischen Republik die cisalpinische Bedrohung auf das Mendrisiotto. Während des Konsulats und des französischen Kaiserreichs stützten sich die Beziehungen der Cisalpinischen Republik (bzw. der Italienischen Republik und des Königreichs Italien) zumindest offiziell auf die gegenseitige Anerkennung der Souveränität, dies nicht zuletzt dank dem Wirken der helvetischen Diplomaten Pietro Taglioretti und Giovanni Antonio Marcacci. Erst 1810-1813 liess Napoleon das Tessin von Truppen und Zollbeamten des Königreichs Italien besetzen, um den Schmuggel und die Desertionen zu unterbinden. Von 1797 an hatten zahlreiche österreichfreundliche Flüchtlinge im Tessin Zuflucht gefunden, und trotz strenger Kontrollen auch viele Deserteure, die erst ab 1803 ausgeliefert wurden. Die fast vollständige Abhängigkeit des Tessins von der Zufuhr von Getreide, Salz und weiteren Produkten (u.a. Textilien) diente in vielen Fällen als Druckmittel der Cisalpinischen Republik. Das Ausfuhrverbot von Lebensmitteln und Industrieprodukten aus Italien, das von Napoleon und den lombardischen Behörden mehrmals verhängt worden war, wurde vom Tessin jedoch durch einen gewinnbringenden Schmuggel umgangen, der nicht einmal zur Zeit der militärischen Besatzung aufhörte.

Quellen und Literatur

  • L. Delcros, Il Ticino e la Rivoluzione Francese, 2 Bde., 1959-1961
  • P.L. Zäslin, Die Schweiz und der lombardische Staat im Revolutionszeitalter 1796-1814, 1960
  • C. Zaghi, L'Italia di Napoleone dalla Cisalpina al Regno, 1986
  • S. Guzzi, Logiche della rivolta rurale, 1994
  • C. Caldelari, Napoleone e il Ticino, 2003

Zitiervorschlag

Marco Dubini: "Cisalpinische Republik", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.12.2019, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/006621/2019-12-12/, konsultiert am 16.04.2024.