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Sundgau

Die Bezeichnung Sundgau tauchte im 9. Jahrhundert bei der Teilung des Herzogtums Elsass in den Nordgau und den Sundgau auf. Das Gebiet umfasste das Süd- bzw. Oberelsass, zu dem damals auch die Ajoie gehörte. Im 13. Jahrhundert wurde jener Teil des Elsass als Sundgau bezeichnet, der südlich der durch Thann fliessenden Thur lag. Heute wird die hügelige Landschaft südlich von Mülhausen zwischen dem staatlichen Hardtwald im Osten und der Rhein-Rhone-Wasserscheide im Westen Sundgau genannt, in Abgrenzung zum elsässischen Jura nördlich der Kantone Basel, Jura und Solothurn. Man unterscheidet zwischen dem an Teichen und Karpfen reichen oberen Sundgau im Westen, dem unteren Sundgau im Osten und den dazwischen liegenden Tälern der Ill und ihres Zuflusses Thalbach. Die wichtigsten Zentren der ländlichen Gegend sind das historisch bedeutsame Altkirch und Pfirt.

Auch ein bis nach Thann reichendes Dekanat bzw. Landkapitel des Bistums Basel, dessen Grenzverlauf variierte, trug den Namen Sundgau; die wichtigsten Gebietsänderungen erfolgten 1669 und 1775. Im bis heute katholischen Sundgau existieren auch Täufergemeinden sowie einige teilweise sehr grosse jüdische Gemeinden, etwa in Dürmenach. In Hegenheim vor den Toren Basels liegt ein grosser jüdischer Friedhof, der von Elsässern und Schweizern genutzt wird.

Von 1125 bis Anfang des 14. Jahrhunderts war das Gebiet im Besitz der Grafen von Pfirt. Zu dieser Familie gehörten Berthold, 1248-1262 Bischof von Basel, und Johanna, die nach dem Tod ihres Vaters Ulrich III. 1324 Albrecht II. von Habsburg heiratete, worauf der Sundgau als Teil Vorderösterreichs an die Habsburger gelangte. Ein Teil des Sundgauer Adels fiel 1386 bei Sempach. Das Gebiet wurde wiederholt verwüstet, unter anderem 1354 und 1369 von Basel sowie 1445 und 1446 von Solothurn. Auch im Waldshuterkrieg 1468 und im Schwabenkrieg 1499 wurde es angegriffen. Nach dem Dreissigjährigen Krieg, in dem 1632-1633 und 1637-1639 hauptsächlich schwedische Truppen Verwüstungen angerichtet hatten, siedelten sich im Sundgau Einwanderer aus den Kantonen Luzern, Solothurn und Aargau an. Der Vertrag von Münster 1648 übertrug die Rechte der Habsburger der französischen Krone. Ludwig XIV. übergab die Grafschaft Pfirt und die Herrschaft Altkirch Kardinal Jules Mazarin und seinen Gefolgsleuten. Bei der Einteilung Frankreichs in Departemente kam der Sundgau 1789 zum Departement Haut-Rhin. Altkirch war 1815-1857 eine Unterpräfektur des Departements Haut-Rhin und 1871-1918 eine Kreisdirektion des Bezirks Oberelsass. Im Zweiten Weltkrieg flüchteten junge Männer aus dem Sundgau in die Schweiz, um sich der Einberufung ins Militär zu entziehen.

Grenzgängerinnen und Grenzgänger am Schweizer Zoll bei Saint-Louis. Fotografie von Hans Bertolf, 1971 (Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013 1-5105 1).
Grenzgängerinnen und Grenzgänger am Schweizer Zoll bei Saint-Louis. Fotografie von Hans Bertolf, 1971 (Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013 1-5105 1). […]

Der Sundgau gehörte immer zum wirtschaftlichen Einflussgebiet Basels, dessen kirchliche Institutionen dort über zahlreiche Güter und Rechte verfügten. Der Historiker Georges Livet bezeichnete die Region als «Brotkasten der Eidgenossenschaft», da diese in der frühen Neuzeit ihr Getreide aus dem Sundgau bezog. Die Eisenbahnlinie Paris-Basel führt durch das Gebiet (seit 2008 der sogenannte TGV Est). Die 1910-1970 betriebene Nebenlinie Dannemarie-Pfetterhouse wurde bis Bonfol und Puntrut ausgebaut. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts rekrutierte die Industrie von Stadt und Agglomeration Basel einen Teil ihrer Arbeitskräfte im Sundgau, so arbeitete mehr als ein Viertel der berufstätigen Bevölkerung Altkirchs in Basel. Ein grosser Teil des Sundgaus gehört zur Regio Basiliensis.

Quellen und Literatur

  • P. Stintzi, «L'immigration suisse dans la vallée supérieure de la Thur», in Annuaire de la Société d'histoire des régions de Thann-Guebwiler, 1953-54
  • C. Ammann, A. Dubail, Porrentruy-Bonfol-Alsace, 1983
  • G. Bischoff, «Altkirch et le Sundgau», in Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1984, 69-85
  • C. Wilsdorf, Histoire des comtes de Ferrette, 1991
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Jean-Luc Eichenlaub: "Sundgau", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.02.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007122/2014-02-18/, konsultiert am 07.10.2024.