de fr it

Ferney-Voltaire

Gem. im Pays de Gex, Dép. Ain (F), 8 km nördlich von Genf. Bis 1758 Fernex, dann Ferney, seit 1878 F. 1453 20 Feuerstätten; 1568 35; 1759 41; 1780 184; im 19. Jh. und bis 1960 zwischen 900 und 1'200 Einw.; 1997 7'291. F. gehörte 1536-67 zu Bern, 1567-89 zu Savoyen, 1589-1601 zu Genf und von 1601 an zu Frankreich. Seit 1793 bildet F. eine selbstständige Gemeinde.

Im Altertum gehörte das Ortsgebiet zur Colonia Iulia Equestris. Im FrühMA entstand um eine galloröm. Villa ein Dorf, das Sitz einer Gerichtsbarkeit und dann auch einer Pfarrei wurde. Das Dorf F. wird um 1150, die Pfarrei 1344 und die Burg 1356 zum ersten Mal erwähnt. Die Bauern von F. besassen ihr Land als Allod. Die 1453 vom Hzg. von Savoyen für Etienne Frédéric de Lucques geschaffene Herrschaft fiel später an die Fam. La Frasse und kam dann an die Fam. de Montfalcon, denen die Lausanner Bf. Aymon und Sébastien angehörten. Als Kirchengut beschlagnahmte Bern 1536 die Herrschaft und verkaufte sie 1554 an die Herren de Gingins. 1594 kam sie an die Chevallier und 1674 an die de Budé, beides ref. Familien aus Genf. Die dem hl. Andreas geweihte Kirche, die nach der Einführung der Reformation den Neugläubigen gedient hatte, wurde 1612 den Katholiken zurückgegeben. Die 1673 errichtete ref. Kirche wurde bereits 1685 zerstört. Erst 1824 wurde wieder eine ref. Kirche erstellt. Nach dem Bau der neuen Kirche Notre-Dame 1826 wurde die alte kath. Kirche Schlosskapelle.

1759 erwarb Voltaire die Herrschaft F. 1761 baute er Schloss und Kirche neu. In einem neuen Dorf entlang der Strasse Genf-Gex siedelte er Katholiken und Reformierte an; zudem förderte er zwischen 1758 und 1778 die Gründung versch. Gewerbebetriebe (Töpferei, Uhrmacherei, Seidenherstellung), um die ärml. Dorfwirtschaft zu diversifizieren. Diese war ganz auf Genf ausgerichtet; dabei spielte auch eine Rolle, dass viele Genfer Bürger Güter in F. erworben hatten. Die Schaffung der Freihandelszone 1814 verstärkte die Abhängigkeit des Umlandes von der Stadt noch. 1602 waren 25% des Bodens in F. in Genfer Besitz, 1964 betrug der Anteil der Schweizer, die in der franz. Gemeinde Land besassen oder bewirtschafteten, gar 30%. Im 20. Jh. trug die Niederlassung internat. Organisationen in Genf (Uno, CERN, ILO) dazu bei, dass sich die Zahl der Grenzgänger weiter erhöhte. Am Rande des alten Ortskerns entstand das neue F.

Quellen und Literatur

  • L. Choudin, Histoire ancienne de Fernex, aujourd'hui appelé F., des origines à 1759, 1989
  • F.: pages d'histoire, 21990
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Lucien Choudin: "Ferney-Voltaire", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.04.2006, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007363/2006-04-10/, konsultiert am 26.03.2023.