BaselKanton
Version vom: 13.01.2016
Autorin/Autor:
Bernard Degen
1501-1833 Ort der Eidgenossenschaft bzw. Kanton der Helvetischen Republik. 1833 Trennung in die beiden Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Alte Umschreibungen: stat bzw. statt Basell, burgermeister und rath der statt Basell (1602), Freystand/Freystaat Basel (1798), "Kanton Basel" (ab 1798). Französisch Bâle, italienisch und romanisch Basilea. Amtssprache war Deutsch, Hauptort die Stadt Basel.
Verschiedene Naturräume prägen das Kantonsgebiet: die Ebene des Oberrheins und die Ausläufer des Schwarzwalds im Norden, das Sundgauer Hügelland und das Tal des Birsig im Westen, der Tafel- und Faltenjura mit den Tälern der Birs und der Ergolz mit ihren Zuflüssen im Süden. Siedlungsgeschichtlich bedeutsam sind die Verkehrswege nach Norden (Rhein) und Westen (Burgundische Pforte) sowie zahlreiche Juraübergänge Richtung Süden.
Von der Ur- und Frühgeschichte bis zum Frühmittelalter
Ur- und Frühgeschichte
Alt- und Mittelsteinzeit
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Zahlreiche Funde sind im spätglazial nicht mehr vergletscherten nördlichen Kantonsteil, vor allem in den Tälern der Birs und ihrer Nebenflüsse, zum Vorschein gekommen. Der Faustkeil von Pratteln, ein Einzelfund aus Rohmaterial von Lausen, ist zwischen 100'000 und 300'000 Jahre alt. Vereinzelte Funde des Mittelpaläolithikums (120'000-35'000 v.Chr.) wurden aus Höhlen in Liesberg, Brislach und Pfeffingen sowie von Freilandstationen in Allschwil und Münchenstein zutage gefördert. Eine intensivere Begehung des Gebiets im späten Jungpaläolithikum (ca. 12'000 v.Chr., Magdalénienkultur) ist nachgewiesen in einem Dutzend Höhlen (u.a. Brislach-Kohlerhöhle, Arlesheim-Hollenberg 3) und wenigen Freilandstationen in Basel (Bruderholz), Muttenz (Rütihard) und Lausen. In die Mittelsteinzeit (ab ca. 9000 v.Chr.) datieren mehrere Fundstellen im Birstal (Nenzlingen) und im Tafeljura (Muttenz, Pratteln, Lausen), aber auch an Passübergängen (Oltingen-Zig, Eptingen-Chall) im Faltenjura. Die Funde aus der Alt- und Mittelsteinzeit sind nicht nur Überreste der Sachkultur, sondern zeigen auch Aspekte des geistigen Lebens (z.B. Reste von Farbstoffen, Anhänger aus fossilen Schnecken, bemalte Kiesel).
Jungsteinzeit
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Die Fundorte des Früh- und des Jungneolithikums belegen, dass zu Ackerbau und Viehzucht geeignete Gelände aufgesucht wurden. Frühneolithisch sind bandkeramische Funde von Bottmingen und Allschwil sowie ein Hockergrab in der Ermitagehöhle in Arlesheim (um 5300 v.Chr.). Aus dem frühen Jungneolithikum (ca. 3900 v.Chr.) sind mehr als 120 Freilandstationen auf den fruchtbaren Anhöhen des Tafeljuras sowie ein ausgedehnter Abbau von Silex in Lampenberg (Herstellung geschlagener Silexbeile, die weite Verbreitung fanden) bekannt. Spuren der Horgener Kultur (Spätneolithikum) sind sowohl in Höhensiedlungen (Sissach-Bischofstein, Arboldswil-Kastelenfluh) als auch in Tälern (Reinach-Langrüttiweg) nachgewiesen. Derselben Kulturstufe sind Gräber in Höhlen bei Arlesheim (um 3200 v.Chr.) zuzuweisen. Endneolithisch sind neben Siedlungsspuren in Pfeffingen-Schalberg und Sissach-Bischofstein (Schnurkeramikkultur) Dolmengräber in Aesch (um 2300 v.Chr.) und Laufen sowie Hockerbestattungen und eine Siedlung (?) mit Funden von Glockenbechern in Allschwil.
Bronzezeit
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Die Frühbronzezeit ist im Kantonsgebiet kaum belegt. Die Anfänge einer Höhensiedlung auf dem Wartenberg bei Muttenz sind dieser Periode zuzuordnen, möglicherweise auch ein Beil aus Ettingen-Büttenloch. Die Funde aus der mittleren Bronzezeit konzentrieren sich im unteren (nördlichen) Kantonsteil (Muttenz-Wartenberg, Aesch-Fluhstrasse, Pfeffingen-Schalberg). Funde im Quellgebiet von Ergolz und Eibach (Wenslingen, Zeglingen, Oltingen) deuten auf eine gewisse Bedeutung des Erlimoospasses in dieser Zeit hin. Aus der beginnenden Spätbronzezeit stammt das Bronzegiesserdepot von Aesch. Häufig sind Reste von spätbronzezeitlichen Siedlungen. Neben Höhensiedlungen wie Sissach-Bischofstein oder Pfeffingen-Schalberg fanden sich zahlreiche Spuren von Talsiedlungen im Birseck, vor allem in Reinach, und in der gleichen Region auch entsprechende Brandgräber (Reinach, Binningen, Muttenz). Anders als für die mittlere Bronzezeit sind nun auch reichlich Funde im oberen (südlichen) Kantonsteil nachgewiesen (z.B. Waldenburg-Gerstelfluh, Diegten-Rutenrain, Gelterkinden-Baumgarten).
Eisenzeit
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Die ältere Eisenzeit (Hallstattzeit) ist im Kanton Basel sehr spärlich vertreten: Am bedeutendsten sind die befestigte Höhensiedlung Burgenrain (Sissach) und die Talsiedlung in Allschwil-Vogelgärten. Ausserdem befinden sich mehrere Grabhügel mit in der Regel mehrfachen Körperbestattungen in der Hard bei Muttenz und Pratteln. Dort datieren die jüngsten Gräber in den Beginn der jüngeren Eisenzeit (Latènezeit), die auch anderweitig vor allem durch kleine Gruppen von Körpergräbern belegt ist. Mit Ausnahme von Lausen, Diepflingen und Zeglingen konzentrieren sich diese auf den unteren Kantonsteil. Siedlungsreste der Frühlatènezeit finden sich in Gelterkinden (Hausgrundriss, Vorratsgrube), Sissach (Töpfergrube) und Therwil (Vorratsgruben mit verkohltem Getreide). Die Spätlatènezeit ist noch spärlicher vertreten: Bedeutende Funde - wie in Sissach die befestigte Siedlung mit murus gallicus auf der Fluh und eine ausgedehnte Siedlung mit Töpferöfen im Talgrund - bleiben die Ausnahme. Erwähnenswert sind die Siedlung auf der Gerstelfluh (Waldenburg) sowie Töpferöfen in Muttenz und Oberwil; sonst gibt es nur Einzelfunde. Wie die latènezeitliche Keramik in römischen Villen zu interpretieren ist, bleibt vorderhand noch unklar; im Fall von Munzach (Liestal) wird eine keltische Vorgängersiedlung des römischen Gutshofs angenommen. Caesar bezeichnet die damaligen Bewohner des Siedlungsraums Basel als Rauriker.
Römerzeit
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Nach der Gründung der römischen Kolonie Augusta Raurica wurde deren Hinterland mit zahlreichen Gutshöfen aufgesiedelt. Einige datieren in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts, andere wurden erst später gegründet. Neben echten Neugründungen dürften einige Gutshöfe auf keltische Wurzeln zurückgehen. Die bedeutendsten Villen befanden sich vor den Toren von Augusta Raurica (Muttenz-Feldreben, Pratteln-Kästeli, Liestal-Munzach); weiter entfernt liegende waren oft bescheidener (Bennwil, Hölstein). Andere Fundkategorien sind Brandgräberfelder in Allschwil, Reinach und Wenslingen, Tempelanlagen in Bubendorf-Fieleten und Frenkendorf-Schauenburgerfluh sowie die römische Wasserleitung von Lausen nach Augusta Raurica. Ob alle als "Römerstrassen" bezeichneten Altstrassen tatsächlich römischen Ursprungs sind, ist unsicher. So ist zwar die Begehung des Oberen Hauensteins in römischer Zeit durch einen Inschriftenstein aus Langenbruck und den Fund von Bronzestatuetten in Waldenburg belegt, doch bestehen Zweifel, ob der bekannte Hohlweg in seiner heutigen Form so weit zurückgeht. Nach den Alemannen-Einfällen im späteren 3. Jahrhundert ging die Siedlungsintensität stark zurück. Dennoch blieben neben den Kastellen Basel und Kaiseraugst (und wohl auch Liestal) sowie den Wachttürmen am Rhein und den zurückgestaffelten Höhenbefestigungen (Wahlen-Stürmenkopf) etliche Gutshöfe im Hinterland während des 4. Jahrhunderts und darüber hinaus bestehen.
Die Ruinen des Jupitertempels in Augst. Aquarell eines unbekannten Künstlers, um 1820 (Archäologie und Museum Baselland, Liestal).
Frühmittelalter
Autorin/Autor:
Jürg Tauber
Die Zeit um 500 bedeutet im Raum Basel nicht das Ende der Antike. Zwar versiegte offenbar die Zufuhr von Luxus-Importwaren und Kleingeld (die Münzreihen der entsprechenden Fundorte enden alle zu Beginn des 5. Jahrhunderts), doch zeigen viele Indizien das Verbleiben der gallorömischen Bevölkerung links des Rheins an, während rechtsrheinisch in Gräberfeldern wie Kleinhüningen, Basel-Gotterbarmweg und Herten bei Rheinfelden (Baden) vom 5. Jahrhundert an Alemannen nachgewiesen sind. Das Überleben vorgermanischer Ortsnamen und die kontinuierliche Belegung der Kastellnekropolen Kaiseraugst und Basel-Aeschenvorstadt belegen dies ebenso wie die Tatsache, dass linksrheinisch bis ins mittlere 6. Jahrhundert keine germanischen Einflüsse fassbar sind. Erst danach ist eine Germanisierung festzustellen, d.h. die Übernahme germanischer Sitten und Tracht durch Romanen sowie eine Zuwanderung fränkisch orientierter Gruppen. Die frühesten Belege dafür finden sich in den Gräberfeldern Basel-Bernerring (um 540), Liestal-Radacker und Therwil-Benkenstrasse (zweite Hälfte 6. Jahrhundert); alle anderen datierbaren Grabfunde gehören erst dem 7. Jahrhundert an. Kleinere und grössere frühmittelalterliche Gräberfelder (wobei keines vollständig ausgegraben ist) sind im ganzen Kantonsgebiet bekannt. Von besonderer Bedeutung ist Aesch-Steinacker, wo ein von einem grossen Gräberfeld leicht abgesetzter Adelsfriedhof mit mehreren Kammergräbern in Kreisgräben, Gräbern in einem Vierpfostenbau sowie zahlreichen aussergewöhnlichen Beigaben (u.a. Goldfiligranfibel) ausgegraben wurde. Die Grabbeigaben einer Oberschicht zeigen nicht primär eine alemannische, sondern eher eine fränkische Orientierung. Neben klassischen fränkischen Funden - Ango (Lanze) von Basel-Bernerring, Franziska (Streitaxt) von Liestal-Radacker - sind die Trachtteile häufig einem ostfranzösisch-oberrheinischen Formenkreis zuzurechnen.
Kirchen des 7./8. Jahrhunderts (teilweise durch Gräber datiert) sowie einzelne Beigaben belegen die Verbreitung des christlichen Glaubens. Diese fusst teils auf spätantiker Tradition (Baptisterium und Grabsteine in Kaiseraugst, das durch die Erwähnung des Bischofs Iustinian 346 als Bischofssitz ausgewiesen ist, Zwiebelknopffibel mit Christogramm in Basel-Aeschenvorstadt), teils wurde sie von einer durch reiche Grabbeigaben erkennbaren Oberschicht getragen. So liegen in der Kirche von Sissach zahlreiche Beigaben führende Gräber einer Adelssippe des 7. Jahrhunderts, wobei es sich, abgesehen von der ersten Generation ("Stifter"), fast ausschliesslich um Frauengräber handelt. Dass neben Kirchen mit einer (Aesch-Salbünten) oder ganz wenigen Bestattungen im Kircheninnern auch solche mit zahlreichen Gräbern im Kirchenraum zu finden sind, gründet wohl in verschiedenen Entstehungszeiten und in unterschiedlichen Trägerschaften der Kirchen. Neben Eigenkirchen und privaten Stiftungen ist auch an eine bewusste Förderung durch Bischöfe oder Könige zu denken. Letzteres könnte für die Kirche von Aesch-Salbünten mit ihrem grossen Friedhof zutreffen. Sie war Friedhofskirche des hinteren Birseck und löste die einzelnen Reihengräberfelder in Reinach und Aesch-Steinacker ab. Dass ausser der Holzkirche in Buus alle anderen frühen Kirchen bereits aus gemörteltem Mauerwerk bestanden, belegt eine starke römische Tradition.
Gräberfelder und Kirchen zeigen ein dichtes Netz wohl kleinerer Siedlungen an. Die Reste der Siedlungen selbst sind eher spärlich; es handelt sich neben Einzelfunden oft um Grubenhäuser und andere Holzbauten. Besonders wichtig ist Lausen-Bettenach, wo ausgehend von der römischen Besiedlung der mittleren Kaiserzeit eine ungebrochene Kontinuität nachgewiesen werden kann. Mauerwerk des 4./5. Jahrhunderts wird überlagert von Siedlungsresten des Früh- und Hochmittelalters. Die hohe Befunddichte, die Ortskontinuität sowie Einzelfunde lassen auf eine Siedlung höherer Qualität schliessen (Herren- oder Königshof). Ein anderer Siedlungstypus liegt in Reinach vor. Hier zeigen mehrere Fundstellen zwischen dem 7. und dem 12./13. Jahrhundert eine Verlagerung des Ortskerns.
Schriftliche Quellen geben kaum Einblick in die Siedlungsgeschichte. Mit Ausnahme von Basel sind vor 800 nur wenige Orte genannt: In Arlesheim wurde 708 eine curia verschenkt, in Augusta (Kaiseraugst) 752 eine Urkunde ausgestellt. Kaiseraugst ist noch im 7. Jahrhundert als Bischofssitz genannt (615 Ragnacharius, Bischof von Augst und Basel) und gab dem Augstgau seinen Namen. Monzacha (Munzach) war um 800 Ort einer Dingversammlung. Spärliche Hinweise in Urkunden, aus späterer Zeit überlieferte Kirchenpatrozinien und archäologische Funde lassen zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert eine nicht nur kulturelle Zugehörigkeit der Basler Region zum Elsass vermuten.
Ein deutlicheres Bild ergibt die Kombination von archäologischen und toponomastischen Quellen: Die Siedlungsdichte war relativ gross. Vorgermanische Ortsnamen sprechen für eine Siedlungskontinuität der romanischen Bevölkerung. Germanische Ortsnamen belegen einerseits Neugründungen (Eptingen und Reigoldswil), andererseits eine germanische Benennung bestehender Siedlungen (Allschwil, Oberwil, eventuell Binningen). Im Ergolztal findet sich neben einem älteren, romanischen Zentrum um Liestal (inklusive Munzach und Lausen-Bettenach) ein jüngeres, germanisch geprägtes in Sissach mit seiner Kirche und den beiden als frühmittelalterlich geltenden befestigten Höhensiedlungen auf der Fluh und auf dem Burgenrain. Bei Letzteren bestehen allerdings für die Datierung ausser bautypologischen Erwägungen keine positiven Hinweise.
In wirtschaftsgeschichtlicher Hinsicht ist auf die Töpferofenfunde in Oberwil, Therwil und Reinach hinzuweisen, wo vom 7. Jahrhundert an eine neuartige, sandige Drehscheibenware produziert wurde, welche die bis dahin üblichen rauhwandigen Produkte römischer Tradition ablöste. Wichtiger noch ist die Ausbeutung reichhaltiger Eisenerzlager im Jura, von deren Nutzung zahlreiche, aber nicht direkt datierbare Abbauspuren zeugen. Eine Verhüttung ist unter anderem in Lausen-Bettenach nachgewiesen. Eine Eisengewerbesiedlung lag ab etwa 800 bei Munzach. Dort wurde nicht nur Erz verhüttet, sondern das gewonnene Eisen bis zum fertigen Gebrauchsgegenstand weiter verarbeitet.
Hoch- und Spätmittelalter
Herrschaftsbildung und Landesausbau vom 9. bis 13. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Aus der Zeit zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert gibt es für das Gebiet um Basel nur wenige Schriftquellen, weshalb über kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorgänge, soweit sie nicht archäologisch fassbar sind oder sich aus jüngeren Quellen erschliessen lassen, kaum differenzierte Aussagen möglich sind. Herrschaftliche Strukturen sind im Basler Raum für das 9. Jahrhundert mit der gelegentlichen Erwähnung lokaler Machthaber (u.a. Graf Chadaloh) und Grundbesitzes auswärtiger Klöster nur fragmentarisch bezeugt. Im 10. Jahrhundert gehörte die linksrheinische Umgebung Basels zum Zweiten Königreich Burgund; die Schwäche der königlichen Zentralgewalt förderte die Bildung autonomer Adelsherrschaften, namentlich in den dünn besiedelten Waldgebieten des Juras. Die Abtretung Basels an König Heinrich II. um 1006 und der Übergang Burgunds an das Reich unter Konrad II. 1033 änderte an diesen Zuständen nichts, obwohl der Bischof von Basel 1041 von König Heinrich III. mit den Grafschaftsrechten im Sisgau belehnt wurde.
Der hochmittelalterliche Landesausbau erfasste, ausgehend vom vor- und frühmittelalterlichen Altsiedelland, nach und nach die Randzonen der Seitentäler und Hochflächen. Ausser der Erschliessung von Neuland für Siedlungszwecke und zur landwirtschaftlichen Nutzung muss dabei auch der Suche und Ausbeutung von Eisenerzlagern, vor allem im Machtbereich der Grafen von Frohburg und im mittleren Birstal, grosse Bedeutung zugekommen sein. Im Zuge des Landesausbaus setzte im 10. Jahrhundert vornehmlich in Rodungsgebieten die Errichtung von Burgen ein (z.B. Altenberg, Vorder-Wartenberg, Ödenburg, Zunzgen). Diese bildeten die Zentren der herrschaftlichen Güterkomplexe, die sich im Alt- und Neusiedelland formierten und vom ausgehenden 11. Jahrhundert an in der urkundlichen Überlieferung immer deutlichere Spuren hinterliessen. Im 13. Jahrhundert erlebte der Burgenbau seine Blütezeit, im 14. Jahrhundert klang er aus. Zu den urkundlich am frühesten, d.h. bereits um 1100 fassbaren Trägern des Prozesses von Rodung, Burgenbau und Herrschaftsbildung gehörten hochadlige Verwandtschaftsgruppen gräflichen Rangs: Im mittleren Birstal setzte sich das Haus Saugern-Pfeffingen fest, vom Jurasüdfuss her drängten die Grafen von Frohburg in den Sisgau hinein. Die weltlichen Herrschaftsrechte des Fürstbischofs von Basel wurden durch die Grafen von Homberg-Thierstein als bischöflichen Hochvögten ausgeübt. Nicht genauer bestimmen lassen sich die Güter und Rechte der noch vor 1100 ausgestorbenen Grafen von Rheinfelden. Vom Zusammenbruch des Hauses Rheinfelden scheinen die ursprünglich eventuell edelfreien Herren von Eptingen profitiert zu haben, die im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts im Sisgau mehrere burgengestützte Kleinherrschaften errichteten (u.a. Eptingen, Bischofstein, Wildenstein, Gutenfels, Madeln bei Pratteln). Sicher edelfreien Ranges waren die Herren von Ramstein und von Rotberg, deren Güterkomplexe sich am südwestlichen Rand des Sisgaus ausdehnten.
Vom Ende des 12. Jahrhunderts an beteiligte sich auch der ländliche Kleinadel am herrschaftlichen Landesausbau, was die Errichtung zahlreicher Burgen im Rodungsland zur Folge hatte, unter anderen Bärenfels, Scheidegg (Gemeinde Gelterkinden), Schauenburg, Ramlinsburg. Im Laufe des 13. Jahrhunderts begann auch der ritterliche Stadtadel Basels, Burgen auf dem Lande zu bauen, unter anderen Münchenstein, Angenstein, Landskron (Oberelsass), Schalberg und Münchsberg (beide Gemeinde Pfeffingen). Zu diesen Burgen des Stadtadels gehörte meist nur ein kleiner Güterverband, bisweilen eine dörfliche Grundherrschaft.
Im Prozess des Landesausbaus spielten Klostergründungen eine untergeordnete Rolle. Adligen Stiftungen verdankten im 12./13. Jahrhundert im Umfeld des Sisgaus die Klöster Beinwil-Mariastein, Olsberg und Schönthal ihre Entstehung.
Mit landesherrlichen Burgen- und Städtegründungen setzte im Basler Raum um 1200 der Territorialisierungsprozess ein. Die Grafen von Frohburg, die im Sisgau Waldenburg, Liestal und Neu-Homberg angelegt hatten, mussten um 1270/1280 ihre landesherrlichen Ambitionen dem Fürstbischof von Basel überlassen, der sich mit der Gründung von Laufen (um 1295) auch im mittleren Birstal festsetzte. Zu den wichtigsten Massnahmen der bischöflichen Territorialpolitik zählte die Integration der meisten autonomen Herrschaftsgebiete im Sisgau und im Birstal in die landesherrliche Lehnsabhängigkeit während des 13. und frühen 14. Jahrhunderts. In den buntscheckigen Herrschaftsverhältnissen, wie sie um 1300 im Sisgau und im Laufental bestanden, zeichneten sich die späteren Kantons- und Landesgrenzen noch nicht ab.
Die kirchliche Organisation, namentlich die Einteilung des Landes in Dekanate und Pfarreien, wird zwar erst im Spätmittelalter deutlich fassbar, dürfte aber in groben Zügen schon um 1000 bestanden haben. Das ganze linksrheinische Gebiet gehörte vom Frühmittelalter an zur Diözese Basel und lag teils im Dekanat Sisgau (heute Kantonsgebiete Basel-Landschaft und Solothurn östlich der Birs sowie Rheinfelden), teils im Dekanat Leimental, das ausser dem mittleren Birstal westlich der Birs den südlichen Sundgau und das Einzugsgebiet des Birsigs umfasste. Das rechtsrheinische Hoheitsgebiet des Fürstbischofs bzw. der Stadt Basel gehörte zur Diözese Konstanz.
Territorialbildung und Bündnispolitik vom 13. Jahrhundert bis zum Beitritt zur Eidgenossenschaft
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Der Bildung eines kompakten bischöflichen Territorialfürstentums in der Landschaft Basel waren im 13. und 14. Jahrhundert enge Grenzen gesetzt, einerseits durch die politische Präsenz des Hauses Habsburg, unter dessen Lehnsgewalt verschiedene Herrschaften im Sisgau standen (darunter, bis zum Übergang an Basel, Muttenz-Münchenstein), andererseits durch autonome Grundherrschaften, die der bischöflichen Lehnshoheit entzogen blieben (u.a. Eptingen, Schauenburg, Wildenstein, Madeln-Pratteln). Um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstand zudem im Oberbaselbiet ein um die Farnsburg gruppierter Herrschaftsverband der Grafen von Thierstein, zu dem als bischöfliches Lehen nur die Landgrafschaft Sisgau gehörte. Im Birstal stützte sich die landesherrliche Macht des Fürstbischofs auf Laufen, im Sisgau vor allem auf die von den Grafen von Frohburg übernommenen Herrschaften: 1245 wurden die Grafen gezwungen, die Herrschaft Birseck an den Fürstbischof abzutreten. 1265 verkauften die Frohburger die Herrschaft Waldenburg, behielten sie aber bis zu ihrem Aussterben 1366 als bischöfliches Lehen. 1303 veräusserte der Homberger Zweig der Frohburger die Herrschaften Liestal und Homberg an den Fürstbischof, der diese in landesherrliche Ämter umwandelte, gleich wie 1366 die heimgefallene Herrschaft Waldenburg. Im Birstal stärkte der Fürstbischof seine Machtstellung, als er 1459 die ramsteinische Herrschaft Zwingen als erledigte Lehen kassierte und mit einem Vogt besetzte. Im 14. Jahrhundert drohte das an sich noch ungefestigte Gefüge der bischöflichen Herrschaft als Folge wirtschaftlicher Zerrüttung auseinander zu fallen. Die wichtigsten Herrschaftsrechte wurden wiederholt verpfändet, zum Teil an Habsburg und an die Markgrafen von Hachberg.
Eine territorialpolitische Wende trat ein, als die Stadt Basel, die durch den Loskauf von den stadtherrlichen Rechten des Fürstbischofs in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts autonom geworden war, zur Erwerbung der bischöflichen Territorien im Sisgau schritt. Nachdem sie bereits 1392 die rechtsrheinische Stadt Kleinbasel gekauft hatte, erwarb sie 1400 pfandweise die Ämter Liestal, Waldenburg und Homberg. (Die Umwandlung der Pfandrechte in festen Besitz sollte erst um 1585 erfolgen.) Bestrebungen Basels, das 1400 gewonnene Territorium zu erweitern, blieben vorerst erfolglos. Pfanderwerbungen bzw. Burgrechtsverträge in Olten (1407-1426) und im Laufental (u.a. Stadt Laufen, Herrschaft Neu-Thierstein) gingen jeweils nach wenigen Jahren wieder verloren. Die Stadt verstrickte sich zudem wiederholt in kriegerische Konflikte (u.a. Krieg mit Katharina von Burgund um 1410, Schlacht bei St. Jakob an der Birs 1444). Erst 1461 erzielte Basel mit dem Kauf der Herrschaft Farnsburg von den Freiherren von Falkenstein, die 1418 die Grafen von Thierstein beerbt hatten, wieder einen bleibenden Gebietsgewinn.
Basels Verhältnis zur Eidgenossenschaft gestaltete sich im 15. Jahrhundert wechselhaft: Das Bündnis mit Bern und Solothurn im St. Jakoberkrieg brachte Basel eher Schwierigkeiten als Hilfe. Im Waldshuterkrieg von 1468 blieb die Stadt neutral. An den Burgunderkriegen 1474-1477 beteiligte sie sich als Bündnisglied der Niederen Vereinigung auf der Seite der Eidgenossen, verhielt sich jedoch im Schwabenkrieg von 1499 wiederum neutral. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kreuzten sich Basels territorialpolitische Interessen zunehmend mit denjenigen der Stadt Solothurn, die ab etwa 1400 versuchte, im Laufental und im Sisgau Fuss zu fassen, um eine Verbindung mit dem Sundgau zu erhalten. Vorübergehende Besetzungen der Burgen Diegten und Münchenstein blieben ohne Folgen. Dagegen gelang Solothurn 1485 bzw. 1499 die Erwerbung der Herrschaft Dorneck, womit ein längerer Konflikt zwischen Basel und Solothurn vorgezeichnet war, da das Dornecker Gebiet in der Landgrafschaft Sisgau lag. Gemäss dem Solothurner Bundesbrief von 1481 reichte der eidgenössische Hilfskreis bis nach Dorneck. Pfandweise erwarb Basel 1470 von den Münch die Herrschaft Muttenz-Münchenstein (1515 in festen Besitz umgewandelt). 1482 bzw. 1487 brachte die Stadt die Herrschaften Diegten und Eptingen an sich und unterstellte diese dem Amt Farnsburg. Westlich der Birs vermochte sich Basel vor 1500 nicht festzusetzen. Hier behaupteten sich die Machtpositionen des Fürstbischofs und der Grafen von Thierstein-Pfeffingen. 1501, beim Eintritt Basels in den Bund der Eidgenossen, war die Territorialbildung Basels noch nicht abgeschlossen. Vor allem fehlte bis zum Erwerb von Pratteln 1525 eine direkte Verbindung zwischen der Stadt und den ehemaligen bischöflichen Ämtern im Oberbaselbiet.
Die Erkenntnis aus dem Schwabenkrieg, dass Basel aus eigener Kraft sein Territorium nicht zu schützen vermochte, liess nach 1500 den Gedanken reifen, Anschluss an die Eidgenossenschaft zu suchen. Ausschlaggebend für diesen Entscheid waren die Garantien für den Besitz der Landschaft und die Vorteile des kollektiven Sicherheitssystems, welche die eidgenössischen Bünde unter Wahrung weitgehender Selbstständigkeit boten. Dafür nahm Basel im Bundesbrief Beschränkungen der aussenpolitischen Handlungsfreiheit in Kauf: das Verbot von eigenmächtiger Kriegsführung und von Separatbündnissen mit anderen Mächten sowie die Verpflichtung zu Neutralität und Vermittlungstätigkeit bei innereidgenössischen Konflikten.
Bevölkerung und Siedlung vom 13. bis 15. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Während sich zwischen 1300 und 1500 die Bevölkerung der Stadt Basel vor allem durch Zuwanderungen von etwa 6000 auf 10'000 Seelen vergrösserte, dürfte im gleichen Zeitraum auf der Landschaft - allerdings nach unsicheren Hochrechnungen - die Zahl der Bewohner von 4000 auf 5000 zugenommen haben. Das machte auf die einzelnen Dorfsiedlungen eine durchschnittliche Population von 50-150 Menschen aus, verteilt auf jeweils etwa 10-40 Haushalte. In Liestal und Laufen werden je etwa 300-500 Leute gelebt haben.
Um 1300 war der Landesausbau in der Umgebung Basels zur Hauptsache abgeschlossen. Das Wachstum der Bevölkerung, durch Pestepidemien ab 1349 wiederholt gebremst, ging indessen weiter und schlug sich zum Teil in der Erweiterung der bestehenden Dorfsiedlungen nieder. Vor allem aber setzte nun eine zunehmende Abwanderung nach Basel und in die landesherrlichen Kleinstädte ein. Dies führte im Spätmittelalter, namentlich zu kriegs- und klimabedingten Krisenzeiten, zur teilweisen Verödung von zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Noch im 13. Jahrhundert kam es im Umfeld von Liestal zu einer Siedlungsverlagerung besonderer Art, indem die nächstgelegenen Dörfer wie Munzach oder Bettenach (Gemeinde Lausen) verlassen wurden, weil sich die Einwohner, wohl auf landesherrliche Anordnung hin, in Liestal niederliessen und das Land von der neu gegründeten Stadt aus bestellten. Für Laufen im Birstal ist ein analoger Vorgang anzunehmen. Das Erdbeben von 1356, dessen Epizentrum 10-15 km südlich von Basel zu vermuten ist, dürfte an den vorwiegend in Fachwerk errichteten Bauten der Dörfer und Höfe wenig Schaden angerichtet haben. Betroffen wurden vor allem die Kirchen und Burgen. Letztere erlebten nur teilweise einen Wiederaufbau. Überhaupt wurden im 14. und 15. Jahrhundert viele Burgen, errichtet auf marginalem Rodungsland, verlassen und dem Zerfall preisgegeben, was in manchen Fällen auch zur gänzlichen oder partiellen Verödung der Burggüter führte. Auch hochmittelalterliche Einzelhöfe scheinen dem Wüstungsprozess zum Opfer gefallen zu sein. Mehrheitlich aber blieben im Basler Gebiet die im Früh- und Hochmittelalter entstandenen dörflichen Siedlungsstrukturen erhalten, die das Bild der Kulturlandschaft weit über den Ausgang des Mittelalters hinaus prägten.
Wirtschaft vom 13. bis 15. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Die Stadt Basel war vom Hochmittelalter an das Wirtschaftszentrum (Fernhandel, Zunfthandwerk) am südlichen Oberrhein. Kleinere benachbarte Städte wie Rheinfelden, Mülhausen, Laufen oder Liestal standen deutlich zurück. Der Umfang des engeren Basler Wirtschaftsraums, der als Absatzgebiet der städtischen Produktion und als Herkunftsbereich der hauptsächlichen Rohstoffe sowie der landwirtschaftlichen Versorgungsgüter zu definieren ist, lässt sich nur grob umreissen. Er reichte im Spätmittelalter jedenfalls weiter als das territorialpolitische Einflussgebiet der Stadt, denn er umschloss auch die nördlichen Teile des Fürstbistums Basels, das unter thiersteinischer und später solothurnischer Herrschaft stehende Schwarzbubenland, den österreichischen Sundgau und das Fricktal sowie den südwestlichen Schwarzwald. Damit überlagerte er vielfach die herrschaftlich-politischen Strukturen und deren Grenzen. Das Verbreitungsgebiet einzelner Produktionszweige (z.B. Hafnerei) ist durch Bodenfunde baselstädtischer Herkunft nachvollziehbar.
Basel verfügte in der engeren Umgebung, die in etwa dem späteren Stadtbann entsprach, über einen eigenen landwirtschaftlichen Versorgungsraum, der von den Stadtbewohnern selbst bewirtschaftet wurde (Getreide-, Obst-, Wein- und Gartenbau, Viehhaltung). Allerdings reichten die Erträge nicht aus und mussten durch Anlieferungen aus der weiteren Umgebung ergänzt werden. Wichtigstes Herkunftsgebiet landwirtschaftlicher Produkte zur Versorgung der Stadt war der Sundgau, wo die Basler Klöster und viele Bürger über umfangreichen Grundbesitz verfügten. Der Sisgau, das Birseck und das Laufental bildeten im Spätmittelalter ein ausgesprochenes Agrarland, in dem die dörfliche Dreizelgenwirtschaft mit Getreidebau (vornehmlich Roggen, Weizen, Dinkel) überwog. In Randzonen, die von Einzelhöfen und grundherrlichen Burgen aus bewirtschaftet wurden, herrschte die Viehhaltung (Rinder, Schweine, Schafe) vor, unterstützt durch einen extensiven Getreidebau nach dem Egartensystem. Weit verbreitet war der Weinbau, von dessen einstiger Bedeutung noch viele Spuren im Gelände (Terrassen, Stützmauern) zeugen. Auch in den kleinen Städten wie Liestal, Laufen und Waldenburg überwog die landwirtschaftliche Tätigkeit. Unter Stadtbasler Herrschaft hätte sich eine handwerkliche Produktion, die von den Zünften als unerwünschte Konkurrenz empfunden worden wäre, ohnehin kaum entwickeln können. Archäologisch bezeugte Handwerksbetriebe auf Burgen des 11. und 12. Jahrhunderts (u.a. Frohburg, Ödenburg) scheinen sich vom 13. Jahrhundert an auf bescheidenes Heimwerk zurückgebildet zu haben. Der Beschaffung von Grundnahrung diente auch der vorwiegend am Rhein und an der Birs betriebene Fischfang bzw. die im 15. Jahrhundert aufkommende Teichwirtschaft.
Eine erhebliche Bedeutung kam der Waldnutzung zu. In die Eichen- und Buchenwälder trieb man die Schweine zur Mast. Vor allem aber hatten die Wälder den grossen Bedarf an Bau- und Brennholz (inklusive Holzkohle) zu decken. Wo die Gewässer keine Flösserei erlaubten, entstanden im 14. und 15. Jahrhundert Sägewerke, in denen das Stammholz auf transportable Grössen zerteilt wurde. Für geflösstes Stammholz gab es in Kleinbasel eine Lände. Ländlich-dörfliches Handwerk blieb auf den lokalen Bedarf beschränkt und wurde oft als bäuerlicher Nebenerwerb betrieben. Die an Gewässer gebundenen Mühlen befanden sich nicht selten ausserhalb der Dörfer. Häufig bezeugt sind Schmiede und Baumeister. Der im Hochmittelalter weit verbreitete Eisenbergbau scheint nach 1300 weitgehend eingestellt worden zu sein, obwohl bis ins 16. Jahrhundert hinein immer wieder unternehmerische Anläufe zur Wiederbelebung versucht wurden (so im Laufen- und Lützeltal). Längs der Verkehrsachsen über den Oberen und Unteren Hauenstein bildete sich eine Infrastruktur für den Warentransit, von dem auch Liestal und Waldenburg profitierten. Wichtigste Verkehrsader war aber der Rhein, vor allem von Basel an flussabwärts. Im Wirtschaftsgefüge der Basler Landschaft spielten neben den Zöllen, die an die Stadt Basel fielen, Herbergen, Tavernen und sonstige Dienstleistungsbetriebe für den Transitverkehr eine wichtige Rolle.
Gesellschaft vom 13. bis 15. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Im Unterschied zur Stadt Basel fiel auf der Landschaft, wo - abgesehen von den unbedeutenden Klosterniederlassungen - das kirchliche Personal im Wesentlichen auf die Leutpriester in den Pfarreien beschränkt blieb, die Geistlichkeit prozentual kaum ins Gewicht. Innerhalb der ländlichen Gesellschaftsordnung genossen die Dorfpfarrer aber, sofern sie ihre Pflichten ernst nahmen, ein hohes Ansehen, nicht nur wegen ihrer vielfältigen religiösen Aufgaben, sondern auch wegen ihrer Vertrauensstellung als Schreibkundige und wegen ihrer Funktion im dörflichen Wirtschaftsgefüge (u.a. Haltung des Zuchtstiers und Zuchtebers auf dem Widemgut).
Im Laufe des Spätmittelalters erfuhr die Gesellschaftsstruktur eine Veränderung, indem ein Teil der burgsässigen Grundherren ritterlichen Standes aus der Gegend verschwanden oder im städtischen Bürgertum vor allem Basels oder Rheinfeldens aufgingen. Mit der Übernahme der Landeshoheit durch Basel traten an die Stelle der adligen Burgherren Landvögte aus dem städtischen, auch zünftischen Bürgertum, denen die Untertanen den Huldigungseid zu leisten hatten. Dazu kam, dass verschiedene Kleinherrschaften (u.a. Wildenstein, Schauenburg) im 15. Jahrhundert in die Hand städtischer Achtburger übergingen.
Auf die Sozialstruktur der dörflichen Bevölkerung hatten diese Veränderungen in der herrschaftlichen Oberschicht keinen Einfluss. An der Spitze der Dorfbewohner standen nach wie vor die Meier und Untervögte, die als Stellvertreter der Herrschaft die lokale Verwaltung und die Gerichtsbarkeit ausübten. Diese Ämter scheinen mehrheitlich innerhalb von Familien aus der dörflichen Oberschicht vererbt worden zu sein. Den Meiern und Untervögten standen die Inhaber verschiedener dörflicher Ämter zur Seite, die teils die Aufsicht über die Nutzungsrechte der Herrschaft und der Dorfbewohner führten, teils den Dorfgerichten angehörten. In den Quellen als Amtleute bezeichnet, fungierten sie unter anderem als Gescheidleute (zur Kontrolle der Gemeinmarchen), Geschworene, Huber oder Kirchenpfleger. Der Bannwart überwachte die Ordnung in Wald und Flur. Von den zinspflichtigen Bauern hoben sich die Inhaber von herrschaftlichen Lehengütern ab, die vom Untertaneneid befreit waren.
Ansätze zur kommunalen Selbstverwaltung gab es in den Städten Laufen, Liestal und Waldenburg, wobei die Beamten - bezeugt sind Schultheissen, Meier und Vögte, in Liestal und Laufen auch ein Rat - vor allem als Vertreter der landesherrlichen Gewalt galten. In Liestal und Waldenburg setzte die Stadt Basel nach 1400 zunächst eigene Bürger als Schultheissen ein, was die Liestaler zu (erfolglosem) Widerstand reizte.
Im Spätmittelalter wurde die ländliche Untertanenbevölkerung von einer Migrationswelle erfasst, die der Stadt Basel vor allem Dienstboten und Gesellen zuführte. Der Solddienst spielte dagegen eine vernachlässigbare Rolle. Die kriegerischen Verheerungen, die im 15. Jahrhundert das Land wiederholt heimsuchten (u.a. St. Jakoberkrieg, Schwabenkrieg), führten zu einer Destabilisierung der Wirtschafts- und Sozialstrukturen. Dies äusserte sich unter anderem in der Bildung von Banden, die das Land, namentlich das Laufental, terrorisierten. Als sich um 1400 die zweite Judengemeinde in Basel (eine erste ist belegt von 1213 bis 1348/1349) unter Druck auflöste, fanden einzelne Juden ausser im habsburgischen Sundgau und im bischöflichen Laufental auch im Sisgau Zuflucht, wurden aber nach dessen Übergang an Basel erneut vertrieben.
Kulturelles und religiöses Leben, Bildungswesen vom 13. bis 15. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Werner Meyer
Ritter aus dem Familienbuch der Herren von Eptingen, um 1480 (Päuli Pfirter-Stiftung, Pratteln).
Die kulturelle Bedeutung der Stadt Basel spiegelte sich im Mittelalter eher in den engen Kontakten mit anderen oberrheinischen Städten als in einer intensiven Ausstrahlung auf die ländliche Umgebung. Direkte Beziehungen mit dem Basler Kulturleben unterhielt bis ins 15. Jahrhundert hinein vor allem der Landadel, der am höfischen Fest- und Turnierbetrieb in der Stadt teilnahm. Als wichtiges Zeugnis ritterlicher Kultur und Bildung kann das mehrheitlich um 1480 entstandene Familienbuch der Herren von Eptingen gelten. Überdies ist anzunehmen, dass die kirchlichen Wandmalereien des 14. bis frühen 16. Jahrhunderts, wie sie unter anderem für Muttenz, Lausen, Ziefen, Ormalingen oder Oltingen bezeugt sind, unter der Beteiligung städtischer Künstler entstanden sind. Inwieweit das Konzil von Basel kulturell auch auf die Landschaft ausgestrahlt hat, bleibt offen.
Institutionalisierte kulturelle Bindungen der Landschaft an die Stadt Basel ergaben sich aus den kirchlichen Strukturen. Das religiöse Leben der Bevölkerung spielte sich zur Hauptsache in den jeweiligen Pfarreien ab, die nach dem Filiationsprozess des Hochmittelalters territorial weitgehend mit den Dorfgemeinden übereinstimmten. In der Regel besassen die Filialkirchen im Spätmittelalter auch das Begräbnisrecht, was die Entstehung von Friedhöfen bei den meisten Kirchen erklärt. Bis zum Übergang der herrschaftlichen Hoheitsrechte an Basel bzw. an Solothurn standen die Kirchen unter dem Patronat der adligen Grund- und Landesherren, die unter Beiziehung von Leistungen der bäuerlichen Kirchgenossen für den baulichen Unterhalt und die Ausstattung (Kirchenfabrik) aufkamen. Als Ausdruck der spätmittelalterlichen Volksfrömmigkeit bildeten sich in verschiedenen Dörfern sowie in Laufen und Liestal religiöse Bruderschaften mit gemeinsamem Heiligen- und Totenkult. Auch die - bisweilen nur kurzlebigen - Niederlassungen von Beginen sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Bedeutende Wallfahrtsorte gab es in der Landschaft Basel nicht. Grosse Anziehungskraft übten Zurzach, Einsiedeln sowie im Elsass Rufach und der Odilienberg aus. Im 15. Jahrhundert entstanden in Meltingen und Mariastein lokale Wallfahrtsorte durch adlige Stiftungen. Unter den Kirchweihen kam derjenigen von Liestal durch ihr bis ins Birstal reichendes Einzugsgebiet eine besondere Bedeutung zu. Ausser Prozessionen und anderen religiösen Riten gehörten zur Kirchweih auch Ess- und Trinkgelage, Tanzereien und Wettkämpfe. Eine Schützengesellschaft gab es in Liestal.
Die Alltagskultur der ländlichen Bevölkerung beruhte auf brauchtümlichen Traditionen, die weitgehend ohne Schriftlichkeit auskamen und somit vor allem in Sach- und Bildquellen fassbar sind. Eine Elementarschule gab es in Liestal, vielleicht auch in Laufen. Erste Kenntnisse im Lesen und Schreiben vermittelten in den Dörfern die Geistlichen (u.a. Zeugnis von Sissach 1504). Wer die Begabung und die sozialen Voraussetzungen für eine höhere Bildung mitbrachte, musste diese in der Stadt Basel erwerben.
Vom 16. Jahrhundert bis zur Kantonstrennung
Staatsbildung, Regierung und Verwaltung bis zum Ende des Ancien Régime
Autorin/Autor:
Hans Berner
Im 16. Jahrhundert erreichte Basel den Stand einer unabhängigen Stadtrepublik und eines selbstständigen Territorialstaats. Es geschah dies unter gleichzeitiger politischer Integration in die Eidgenossenschaft, der Basel 1501 beigetreten war. Diese Einbindung fiel zeitlich zusammen mit der vollständigen Emanzipation von der bischöflichen Herrschaft. Adlig-patrizischer Einfluss wurde ausgeschaltet, und die Zünfte setzten sich als alleinige Träger der politischen Ordnung in der Stadt Basel durch. 1521 sagte sich der Rat einseitig von der bischöflichen Oberhoheit los, und 1529 hob er mit der Durchführung der Reformation auch die geistliche Gerichtsbarkeit des Fürstbischofs auf. In der Territorialpolitik dagegen besass Basel nicht denselben Handlungsspielraum, um eigene Machtinteressen gegenüber benachbarten Herrschaftsträgern, insbesondere Österreich und Solothurn, durchzusetzen. Die städtische Politik blieb hier in erster Linie auf Erhaltung möglichst stabiler Herrschaftsverhältnisse ausgerichtet. Diesem Zweck dienten Burgrechte mit Gemeinden unter fürstbischöflicher Herrschaft im Birseck und im Laufental 1525, im Delsbergertal und in den Freibergen 1555 sowie Verträge mit den Fürstbischöfen 1547 bzw. 1559. Basel bemühte sich darum, das Fürstbistum politisch und finanziell an die Stadt zu binden, war aber gleichzeitig an dessen äusserem Fortbestand interessiert, denn der Einfluss auf die nördlichen Gebiete des Fürstbistums liess sich bei indirekter Abhängigkeit der Fürstbischöfe leichter aufrechterhalten als durch eine offensive Expansionspolitik.
Wirtschaftliche Verflechtungen und die Abhängigkeit der Stadt von der Versorgung aus den umliegenden Territorien, vor allem aus dem Elsass, zwangen nach der Reformation zu pragmatischen Positionen in kirchlichen und rechtlichen Bereichen. Die konfessionelle Polarisierung, welche sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts verstärkte, stand den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen Basels entgegen. 1585 zahlte die Stadt dafür, dass sich ihr rechtliches Verhältnis zum Basler Fürstbischof nach 1521 nicht hatte bereinigen lassen: Basel musste sich im Vertrag von Baden einem eidgenössischen Schiedsspruch beugen, der dem Fürstbischof eine finanzielle Abgeltung für den endgültigen Verzicht auf seine alten Herrschaftsrechte zuerkannte und die Basler Burgrechte mit den Gemeinden im nördlichen Teil des Fürstbistums entkräftete. Immerhin erwarb sich die Stadt Basel damit die juristisch nicht mehr anfechtbare Unabhängigkeit vom Fürstbischof und den endgültigen Besitz ihres damaligen Territoriums. Nach einer längeren Phase des Lavierens zwischen reformierter und lutherischer Ausrichtung ordnete sich Basel nach 1585 wieder stärker in das reformierte eidgenössische Lager ein. Während des Dreissigjährigen Kriegs sahen sich die Stadt und ihr Untertanengebiet mehrfach in gefährlich exponierter Lage gegenüber kaiserlichen, schwedischen und französischen Truppenaufmärschen im oberrheinischen Raum. Vor allem Gemeinden in den Grenzräumen zum Fricktal und zum fürstbischöflichen Territorium wurden von Plünderungen betroffen. Ein politisches und wirtschaftliches Schutzbedürfnis beförderte 1648 die von den reformierten Orten unterstützte Mission des Basler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein nach Münster. Der Westfälische Frieden brachte für Basel eine definitive Klärung seiner staatsrechtlichen Zugehörigkeit. Gleichzeitig geriet es durch das französische Vorrücken ins Elsass in direkte Nachbarschaft zur aufsteigenden westlichen Grossmacht, deren Festung Hüningen ab 1681 eine militärische Bedrohung darstellte.
Im 16. und 17. Jahrhundert machte die Stadt Basel noch einige kleinere territoriale Erwerbungen: Bettingen 1513, die Herrschaft Ramstein mit Bretzwil 1518, Riehen 1522, Biel und Benken 1526, Arisdorf 1532, Binningen und Bottmingen 1534, Kleinhüningen 1640. Von besonderer Bedeutung war der Kauf von Pratteln 1525, der die Landverbindung zu den oberen Ämtern herstellte.
Karte von Gabriel Walser, 1767 in Nürnberg veröffentlicht (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).
Das Basler Territorium bestand ab 1640 aus den Ämtern Liestal, Waldenburg, Homburg (Homberg), Farnsburg, Münchenstein, Riehen und Kleinhüningen. Das kleine Amt Ramstein mit der Gemeinde Bretzwil wurde 1673 mit dem Amt Waldenburg vereinigt. Die überkommene Vogteiverwaltung wurde beibehalten: Die bis zur Staatskrise von 1691 vom Kleinen Rat, danach vom Grossen Rat eingesetzten Landvögte waren zuständig für die niedere Gerichtsbarkeit, den Abgabeneinzug sowie militärische und polizeiliche Aufgaben. Die Vogteien Waldenburg, Farnsburg, Riehen und Kleinhüningen blieben Mitgliedern des Kleinen Rats vorbehalten, die übrigen Vogteien wurden besonders nach 1691 auch an Mitglieder einer breiteren zünftischen Führungsschicht vergeben. Der Stadtschreiber von Liestal übernahm die schriftliche Verwaltungstätigkeit in den oberen Ämtern Liestal, Waldenburg, Homburg und Farnsburg. Ab 1738 besorgte ein zusätzlicher Landschreiber von Sissach aus die Geschäfte für die Ämter Farnsburg und Homburg. Die unteren Ämter Münchenstein und Riehen waren dem Basler Ratssubstitut (Stellvertreter von Stadt- und Ratsschreiber) zugeteilt, Kleinhüningen dem Stadtschreiber von Kleinbasel. Die Amtsführung der Landvögte unterlag der Kontrolle des Grossen und des Kleinen Rats, der auch diesbezügliche Beschwerden der Landleute behandelte. Eine Anzahl von Ratskommissionen befasste sich speziell mit der Landschaft (Deputatenamt zur Aufsicht über Kirchen- und Schulgut, Land- und Waldkommission, ab 1738 auch eine Fabrikkommission).
Die Dorfgemeinden besassen neben ihren wirtschaftlichen und sozialen Funktionen in unterschiedlichem Umfang Anteil an der Rechts- und Friedenswahrung. Eine Reihe dörflicher Ämter (Untervogt, Geschworener, Gerichtsmann, Gescheidmann, Bannwart, Kirchmeier, Bannbruder, Hebamme) wurde von den Gemeinden allein oder in unterschiedlichem Zusammenwirken mit der Obrigkeit aus Angehörigen des Dorfes besetzt. Die örtlichen Gerichte mit Untervögten als Stabhaltern urteilten in zivilrechtlichen Sachen und wirkten vor allem als Fertigungsinstanzen bei Handänderungen, zum Teil auch als Schlichtungsinstanzen. Appellationen gelangten an den Basler Rat bzw. an seine Kommissionen. Zu einer Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse kam es nur ansatzweise. 1611 wurde erstmals eine Landesordnung für die Ämter Waldenburg, Homburg, Farnsburg und Ramstein aufgestellt (1654 und 1757 erneuert). Die Respektierung rechtlicher Besonderheiten in den einzelnen Ämtern war dabei unabdingbar.
Zu offenen Krisen im Verhältnis zwischen städtischer Obrigkeit und den Ämtern der Landschaft kam es in den Bauernkriegen von 1525 und 1653 sowie im Rappenkrieg 1591-1594. Als Folge der Bauernerhebung von 1525 hob der Rat die Leibeigenschaft auf und stellte den Ämtern Freiheitsbriefe aus. Diese Zugeständnisse wurden aber bereits 1532 wieder zurückgenommen. Insgesamt flossen aus der direkten Verwaltung der Landschaft verhältnismässig bescheidene Einkünfte in die Stadtkasse. Ein bedeutender Aufwand für eine kontinuierliche Intensivierung der Herrschaft wurde nicht geleistet. Merkliche Eingriffe in die politischen Rechte des ländlichen Untertanengebiets nahm die städtische Obrigkeit im Anschluss an den Bauernkrieg von 1653 vor: Liestal verlor das Recht, den Rat selber zu bestellen und die beiden Schultheissen aus der eigenen Bürgerschaft zu wählen. Der Rat wurde in ein blosses Gericht umgewandelt und musste die Blutgerichtsbarkeit abgeben. Ab 1674 gelangte allerdings neben dem einen aus Basel kommenden Schultheissen jeweils wieder ein Liestaler Bürger in dieses Amt. Aufklärerische Ideen oder systemkritische Ansätze führten vor der Umwälzung von 1798 weder in der städtischen noch in der ländlichen Bevölkerung zu veränderten Formen politischer Aktivität.
Das baselstädtische Wehrwesen war zünftisch organisiert. Die Untertanen der Landschaft wurden bei Bedarf zu militärischen Dienstleistungen aufgeboten. Der Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft sollten periodische Musterungen und Schiessübungen dienen. Allerdings genügten weder Bewaffnung noch Ausbildung, um militärische Bedrohungen, zum Beispiel während des Dreissigjährigen Kriegs, wirksam begegnen zu können. Daran vermochten auch die Neuorganisation der Landmiliz (acht Kompanien mit 1600 Mann zu Beginn des 18. Jahrhunderts) und die Schaffung kleinerer Dragoner-, Grenadier- und Artillerie-Einheiten im späten 18. Jahrhundert nichts zu ändern.
Bevölkerung und Siedlung
Autorin/Autor:
Hans Berner
Im Vergleich zur Stadt Basel erlebte die Landschaft zwischen dem späten 15. und dem frühen 19. Jahrhundert ein viel stärkeres demografisches Wachstum: Ihre Bevölkerungszahl betrug um 1500 etwa 5000, am Ende des 17. Jahrhundert rund 17'000 und 1798 26'235. Die zuverlässigste der zwischen Helvetik und Kantonstrennung durchgeführten Volkszählungen, diejenige von 1815, ergab für die Landschaft 28'416, für die Stadt 16'674 Einwohner. Bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts war die Zunahme auf der Landschaft noch möglich durch die Wiedererschliessung von Landressourcen, die vom 14. Jahrhundert an nicht mehr oder nur noch extensiv genutzt worden waren. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stiess das Wachstum vorerst an eine Grenze der Tragfähigkeit, die im 18. Jahrhundert durch die Ausbreitung der Heimindustrie (Verlagssystem) wie auch durch Veränderungen in der Agrarverfassung (Einschlagsbewegung) durchbrochen werden konnte. So wies im 18. Jahrhundert das agrarisch am wenigsten leistungsfähige und zunehmend heimindustriell geprägte Amt Waldenburg den stärksten Bevölkerungsanstieg auf (1709 ca. 4600 Einwohner, 1798 ca. 7000). Im gleichen Zeitraum stieg die Bevölkerung im Amt Farnsburg von ca. 7200 auf 9500, im Amt Homburg von ca. 1100 auf 1500 und im Amt Liestal von ca. 2800 auf 3300 Personen. Die stadtnahen, teils nur kleinen Ämter Münchenstein, Riehen und Kleinhüningen erreichten im 18. Jahrhundert solche Wachstumsraten nicht, verzeichneten aber - unter dem Einfluss der wirtschaftlichen und demografischen Expansion der Stadt Basel - von den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts an im Vergleich zur übrigen Landschaft eine überdurchschnittliche Zunahme. Der Bevölkerungszuwachs auf der Landschaft führte im 16. bis 18. Jahrhundert nicht mehr zur Bildung neuer Siedlungen, sondern wurde durch Verdichtung und Erweiterung der bestehenden Dorf- und Stadtsiedlungen aufgefangen.
Wirtschaft vom 16. bis 18. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Niklaus Röthlin
Die Landwirtschaft war weitgehend vom Dreizelgensystem bestimmt. Die Bauern in den Dörfern betrieben hauptsächlich Getreidebau, diejenigen auf den Einzelhöfen der Jurahöhen Vieh- und Milchwirtschaft. In Stadtnähe richtete man sich so weit als möglich auf die Belieferung des städtischen Markts aus. Günstige Lagen wurden für den Weinbau genutzt. Die Strukturen der dörflichen Nutzungsorganisation (Flurzwang) waren aber starr und für Änderungen wenig günstig. Immerhin verbreiteten sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einige Neuerungen: Einschläge auf der Allmend, Anbau der Brachzelge, Kleesaat und Kartoffel. Dank der Seidenbandweberei fanden viele Tauner eine bescheidene Existenz in der Verbindung von Posamenterei (Seide) mit Selbstversorgung aus ihren kleinen Äckern.
Die Handwerke und Gewerbe der Stadt Basel waren den fünfzehn Zünften unterstellt und streng geregelt. Sie arbeiteten auch für die eigene Landschaft mit deren Märkten in Liestal, Waldenburg und Sissach. Auf der Landschaft waren die Handwerke zugelassen, die den lokalen Bedarf deckten (Schmiede, Wagner usw.), aber auch sie gerieten unter die Aufsicht der städtischen Zünfte. Das städtische Exportgewerbe entwickelte sich dagegen weitgehend ausserhalb zünftischer Schranken. Das Stadtbasler Papiergewerbe und der Buchdruck erlebten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der Buckdruck erneut in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Blütezeit. Impulse für das städtische Textilgewerbe, den Transithandel und Export gingen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und nach dem Dreissigjährigen Krieg auch von protestantischen Glaubensflüchtlingen aus Oberitalien und Frankreich aus.
Bereits vom frühen 17. Jahrhundert an beschäftigten Stadtbasler Kaufleute gegen den Willen der Zünfte auf der Landschaft im Verlagssystem Leute, die für den Export Seidenbänder, Strümpfe und Tuche herstellten. 1667 wurde der mehrgängige Bandwebstuhl in Basel eingeführt. In der Folge beschloss der Kleine Rat in den 1670er Jahren, dass den zünftischen Handwerkern der regionale Markt vorbehalten bleiben sollte und die Kaufleute gegen eine fiskalische Abgabe für ihren Grosshandel weiterhin Textilien produzieren lassen durften.
Abgesehen von vereinzelten Konjunktureinbrüchen wuchs das Textilgewerbe bis ins 19. Jahrhundert hinein. Die Seidenbandfabrikation beherrschte die Stadt Basel und verschiedene Gebiete der Landschaft: 1754 zählte man auf der Basler Landschaft 1205 Bandstühle, davon mehr als die Hälfte im Amt Waldenburg. Daneben bestanden Strumpf- und Tuchfabriken, und von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an kam die Indiennedruckerei hinzu (Textilindustrie). Von der Stadt aus wurde ein vielfältiger Grosshandel mit Tuchen, Baumwolle, Eisen und Kolonialwaren betrieben, neben dem internationale Kommissions- und Bankgeschäfte einen zunehmend wichtigeren Platz einnahmen.
Gesellschaft vom 16. bis 18. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Niklaus Röthlin
Mit der Erwerbung der Landschaft wurden deren Bewohner Leibeigene der Stadt Basel. Es handelte sich in der Hauptsache um eine juristische Formalität; aber bis zur Aufhebung der Leibeigenschaft 1791 blieben die Frondienste, der Fall, der Zehnt und andere alte Abgaben bestehen. Mit zunehmenden absolutistischen Tendenzen verstärkte die Stadt von der Mitte des 17. Jahrhunderts an ihre Herrschaft über die Landschaft und die Untertanen in vielen Bereichen. Trotz dem Konflikt vor allem mit der ländlichen Oberschicht im Bauernkrieg von 1653 und trotz manchen Einschränkungen im Vergleich zu den Stadtbürgern war die Lage der Basler Untertanen erträglich. Die ländlich-bäuerliche Gesellschaft teilte sich auf Grund der Anzahl sogenannter Züge (Gespanne), eines wichtigen Indizes für die Grösse und Ausstattung der Betriebe, in Voll- und Halbbauern bzw. Tauner, die nur wenig oder gar kein Land besassen. Die verhältnismässig wenigen Vollbauern eines Dorfes bildeten zusammen mit Wirten, Müllern und vielleicht noch Schmieden die Oberschicht. Die vielen Tauner mussten neben der Bewirtschaftung ihrer kleinen Grundstücke weiteren Tätigkeiten nachgehen. Sie arbeiteten als Taglöhner für andere Bauern, aber auch als Posamenter in der Heimindustrie. Die Pfarrer, Landvögte und einzelne untergeordnete Beamte waren Städter, Vertreter der Obrigkeit und damit Aussenstehende.
In der Stadt Basel verloren mit dem Zunftregiment ab 1521 und der Reformation 1529 die Adelsfamilien und Achtburger den politischen Einfluss, zogen weg oder gingen in der Bürgerschaft auf. Das politische und gesellschaftliche Schwergewicht lag indes bald wieder bei einigen Kaufmanns- und reichen Handwerkerfamilien. Im ausgehenden 16. Jahrhundert entstand zudem eine kleine Gruppe, die durch Verwaltungsstellen auf der Landschaft (Landvogteien, säkularisierte Kirchengüter) und durch fremde Dienste zu Wohlstand gelangte. Die zunehmende Oligarchisierung führte zur politischen Krise von 1691, aus welcher erst eine rigide Finanzkontrolle und die Ämterbesetzung durch Los herausführten. Verlieh die Stadt bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts noch zahlreichen Glaubensflüchtlingen und anderen Zuzügern das Bürgerrecht, so war der Rat später mit Einbürgerungen sehr zurückhaltend und nahm im 18. Jahrhundert zeitweise keine Aufnahmen ins Bürgerrecht mehr vor. Im ausgehenden Ancien Régime beherrschten Kaufleute, Bankiers und Bandfabrikanten die städtische Politik und Gesellschaft.
Religiöses und kulturelles Leben
Autorin/Autor:
Hans Berner
Weniger dank der 1460 gegründeten Universität Basel denn als Stadt des Buchdrucks war Basel vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis zur Reformation ein Zentrum des Humanismus. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts blühten späthumanistische Wissenschaften nochmals auf, zu einem bedeutenden Teil getragen von Glaubensflüchtlingen aus Italien und Frankreich. Wirkungen des Humanismus sind im Bildungs- und Schulwesen und in kirchlichen Reformversuchen zu erkennen. Die alltägliche Glaubenspraxis war im frühen 16. Jahrhundert weiterhin von traditionellen Formen der Frömmigkeit bestimmt. Ausdruck davon sind zahlreiche private und kollektive Stiftungen sowie kirchenbauliche Tätigkeiten in Stadt und Landschaft. Nach 1520 fanden reformatorische Ideen über Druckschriften und Predigten in der Stadt Basel zunehmend Resonanz. Auf der Landschaft zeigten sich reformatorische Ansätze am deutlichsten in Liestal (Stephan Stör). Beschwerden über die geistliche Jurisdiktion, über Zehnt- und Zinsforderungen der Kirche wurden im Bauernkrieg von 1525 geäussert, vereinzelt kam es auch zu Angriffen auf kirchlichen Besitz. Im oberen Baselbiet, vor allem aber im fürstbischöflichen Birseck bildeten sich trotz obrigkeitlicher Verfolgung vereinzelte Täufergruppen.
1529 leitete der zuvor in Alt- und Neugläubige gespaltene Rat auf Druck der Basler Bürgerschaft die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse ein. Die für Stadt und Landschaft erlassene Basler Reformationsordnung von Johannes Oekolampad wie auch das 1534 eingeführte Basler Bekenntnis folgten in zentralen Punkten der zwinglianisch-reformierten Richtung. Der Rat setzte die Unterordnung der Kirche unter die staatliche Gewalt durch. Das Kirchen- und Schulgut wurde durch vom Rat bestellte Schaffner und das Deputatenamt verwaltet, Bann, Ehegericht, Kirchenrat und Synode vom Rat beherrscht. Die staatskirchliche Organisation liess den Kirchgemeinden auch auf der Landschaft nur einen bescheidenen Anteil an der kirchlichen Verwaltung (Kirchmeier, Bannbrüder). Zentrales Organ der Basler Kirche war der Kirchenrat, dem als Vertreter des Kleinen Rats auch die vier Deputaten angehörten. Den Vorsitz hatte der städtische Antistes inne. Aufgrund der Vorschläge des Kirchenrats wählte der Kleine Rat die Pfarrer für die vier städtischen und für die ländlichen Kirchgemeinden. Generalsynoden der gesamten Geistlichkeit fanden unregelmässig statt. Die Pfarrer der Landschaft waren in die drei Kapitel Liestal, Waldenburg und Farnsburg eingeteilt, denen jeweils ein Dekan vorstand. Trotz ausschliesslich städtischer Leitung der Kirche vermochten die ländlichen Gemeinden im Alltag eigene Normen und lokales Brauchtum immer wieder erfolgreich gegen obrigkeitliche Regelungsversuche zu behaupten. Die vom ausgehenden 16. Jahrhundert an bestimmende protestantische Orthodoxie der Basler Staatskirche wurde im 18. Jahrhundert insbesondere durch pietistische Strömungen in der Stadt und auf der Landschaft aufgeweicht (Hieronymus Annoni, Herrnhuter Brüdergemeine, Christentumsgesellschaft), ohne dass es aber zu einer Umgestaltung der bestehenden kirchlichen Organisation gekommen wäre.
Von der Reformation an stand auch die Schule unter der Aufsicht des Rats (Deputatenamt). In der Stadt Basel boten die Kirchgemeindeschulen den Elementarunterricht, die Münsterschule (das spätere Humanistische Gymnasium) ab 1589 die Ausbildung in den höheren Fächern. Je eine Mädchenschule gab es in Gross- und Kleinbasel. Auf der Landschaft wurden die sogenannten Deputatenschulen in Liestal und Riehen von der Reformation an, in Muttenz, Buckten, Waldenburg, Sissach und Bubendorf vom späten 16. bzw. frühen 17. Jahrhundert an ganzjährig geführt und aus dem staatlichen Kirchen- und Schulgut unterhalten. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts besass eine Mehrheit der Gemeinden eigene Nebenschulen, die allerdings nur einen rudimentären Unterricht ermöglichten. Reformansätze der Helvetik wurden in der Restaurationszeit zum Teil umgesetzt: Die Unterrichtsgesetze von 1817 und 1818 bauten die staatliche Leitung von Schule und Universität aus. Das Humanistische Gymnasium erhielt vermehrt propädeutische Funktion für das akademische Studium. Zugleich entstand mit der Realschule ein Schultyp zur Vorbereitung auf praktische Berufe. Die Universität Basel gewann dank der Berufung einiger hervorragender Persönlichkeiten an Bedeutung.
Der erste Band von Peter Ochs' Geschichte der Stadt und Landschaft Basel, der 1786 in Berlin und Leipzig erschien (Universitätsbibliothek Basel).
Literarische und historiografische Leistungen sind nur in der Stadt Basel und hier vornehmlich zur Zeit des Humanismus und der Reformation zu verzeichnen. Die Auswirkungen der Aufklärung auf das geistig-literarische Leben Basels beschränkten sich auf einen kleinen Kreis. Isaak Iselins (1728-1782) publizistische und philanthropische Tätigkeit blieb einzigartig, und die Universität war zu keiner Zeit Trägerin des neuen Denkens. Dagegen ragten auf dem Gebiet der Mathematik verschiedene Angehörige der Familien Bernoulli und Euler heraus. In der bildenden Kunst übertraf vom 17. Jahrhundert an die Landschaftszeichnung (Matthaeus Merian, Emanuel Büchel) die im 16. Jahrhundert hohes Niveau verkörpernde Malerei (Hans Holbein der Jüngere, Hans Bock der Ältere) an Bedeutung. Hohe künstlerische Ansprüche in der Architektur verwirklichten sich im 18. Jahrhundert in einer steigenden Zahl repräsentativer Bauten von Seidenindustriellen in Stadt und Landschaft.
Von der Helvetik bis zur Kantonstrennung (1798-1833)
Helvetik
Autorin/Autor:
Matthias Manz
Die Basler Oligarchie hatte sich am Ende des Ancien Régime in zwei Lager gespalten: die reformerischen "Patrioten" und die konservativen "Aristokraten". Als Reaktion auf die Französische Revolution, vermittelt durch einen Vorstoss von Abel Merian am 21. September 1789 und eine Petition der Stadt Liestal im Juli 1790, hob der Grosse Rat am 20. Dezember 1790 die Leibeigenschaft auf, behielt jedoch die meisten mit ihr verbundenen Abgaben bei. In den folgenden Jahren blieb es politisch weitgehend ruhig. In den Wochen um den Jahreswechsel 1797/1798 änderte sich die Machtverteilung innert kurzer Zeit zugunsten der Patrioten unter der Ägide des Oberstzunftmeisters Peter Ochs. Am 24. November 1797 passierte Napoleon Bonaparte auf seiner Reise an den Kongress von Rastatt Basel und lud Ochs zu Verhandlungen (offiziell über den Anschluss des Fricktals an Basel) nach Paris ein. Dort gelangte Ochs zur Überzeugung, dass Frankreich ein Weiterbestehen der aristokratischen Verfassung Basels und der Eidgenossenschaft nicht hinnehmen werde. Am 18. Dezember 1797 wurde ein Vorstoss Peter Vischers zur Gleichstellung von Stadt und Landschaft vom Grossen Rat noch wuchtig verworfen, doch bereits an Neujahr 1798 konnten sich Landschäftler Vertreter ungestraft am sogenannten Bärenmahl beteiligen, einer politischen Demonstration der Neugesinnten. Als sich in den ersten Januar-Tagen Unruhe auf der Landschaft bemerkbar machte (Arisdörfer Zug, Freiheitsbaum in Liestal), konnten sich die Basler Räte bereits nicht mehr zu einem entschiedenen Vorgehen durchringen.
Volksversammlungen und das Abbrennen der Landvogtei-Schlösser Waldenburg, Farnsburg und Homburg (17.-23. Januar 1798) brachten das bestehende Regime schliesslich zum Einsturz. Am 20. Januar 1798 erklärte der Grosse Rat alle Bürger des Standes für gleichberechtigt ("Freiheitspatent"). Vom 6. Februar bis zum 18. April 1798 wurde Basel von einer in indirekter Wahl gewählten Nationalversammlung und deren Komitees regiert. In die Nationalversammlung wählten die Stadt und die Landschaft je 20 Vertreter, zudem bestimmte Letztere weitere 20 Stadtbürger. Obschon in 45 Plenar- und in unzähligen Komiteesitzungen Altes aufgehoben und Neues (z.B. Reorganisation der Justiz, Aufhebung der meisten Feudalabgaben) in die Wege geleitet wurde, blieb dieses erste produktive Parlament auf Schweizerboden ephemer. Es löste sich nach Inkrafttreten der Helvetischen Verfassung (12. April 1798) auf.
Während der Zeit der Helvetischen Republik war der Kanton Basel in die vier Distrikte Basel (Stadt Basel und elf Landgemeinden), Liestal, Gelterkinden und Waldenburg eingeteilt. Die oberste politische und polizeiliche Gewalt im Kanton übte der Regierungsstatthalter aus, der in jedem Distrikt und in jeder Gemeinde über einen Vertreter (Distrikts-/Unterstatthalter bzw. Agent) verfügte. Als regierendes Fachorgan vollzog die fünfköpfige Verwaltungskammer die zentralstaatlichen Vorgaben. In den Gemeinden wurden Munizipalitäten (Gemeinderäte) von den Einwohnern gewählt. In den grösseren Ortschaften verwalteten separate Behörden die in der Helvetik von den Einwohnergemeinden getrennten Bürgergemeinden. Eine institutionelle Innovation stellten die Distrikts- und Zentralmunizipalitäten dar, informelle Gremien, zu denen Vertreter der Munizipalitäten zwecks Koordination (z.B. Aufteilung der militärischen Lasten) zusammentraten.
Basel profitierte in der Helvetik einerseits von seiner Vorreiterrolle bei der Revolutionierung der Schweiz, indem es von den französischen Okkupanten sanfter als andere Kantone angefasst wurde. Basels Staatsschatz wurde teilweise der Helvetischen Republik übertragen und nicht von der Grande Nation geplündert. Andererseits litt Basel ebenso unter den Truppendurchmärschen, Requisitionen und Einquartierungen. Als sich die Auseinandersetzungen des Zweiten Koalitionskrieges 1799 der Stadt Basel näherten, fielen Häuser und Wälder vor den Toren Kleinbasels der Verschanzung zum Opfer. Auch wenn die kriegsbedingten Aufwendungen vom helvetischen Zentralstaat (entgegen der landläufigen Meinung) bar oder mit Schuldtiteln aus verstaatlichten Klostergütern teilweise zurückerstattet wurden, bedeuteten sie eine erhebliche Last für die Bevölkerung. Die Stadt litt stärker als die Landschaft, welche sich bei der Aufteilung der Lasten unsolidarisch verhielt. Diese Erfahrung dürfte ein Mosaikstein zur Erklärung des späteren Verhaltens der Städter gegenüber der Landbevölkerung sein.
Die Realitäten der politisch zerrissenen und an Frankreich ausgelieferten Helvetischen Republik entfremdeten die Bevölkerung dem neuen Regime mehr und mehr, wie Aufstände auf der Landschaft im September 1800 (Bodenzinssturm) bzw. in der Stadt Basel im Rahmen der landesweiten Reaktion im Herbst 1802 zeigten.
Autorin/Autor:
Matthias Manz
Die Kantonsverfassung vom 19. Februar 1803 wurde von Bonaparte im Rahmen seiner Mediationsakte erlassen. Sie basierte auf einem Vorschlag des Basler Gesandten Hans Bernhard Sarasin und war das erste geschriebene Grundgesetz Basels im modernen Sinne. Der Kanton wurde in fünf Verwaltungsbezirke unterteilt (Basel, Unterer Bezirk, Liestal, Sissach, Waldenburg). Die Wahl des Grossen Rats (Legislative, 135 Mitglieder) erfolgte in 45 Wahlzünften (15 städtischen, nach Berufsgruppen gegliederten, sowie 30 geografisch aufgeteilten auf der Landschaft). 45 Grossräte wurden von den Wahlversammlungen direkt gewählt, 90 aus Wahlvorschlägen durch das Los bestimmt. Im ersten gewählten Grossen Rat nahmen 53 Städter und 82 Landschäftler Einsitz. Dieses Verhältnis entsprach in etwa der Bevölkerungsverteilung (36% : 64%). Mit der neuen Kantonsverfassung wurde die formelle Gleichheit der männlichen Bürger garantiert. Zensusbestimmungen (Mindestvermögen) für das passive Wahlrecht und strukturelle Gegebenheiten (beim Kleinen Rat, der Exekutive, das bescheidene Entgelt und die hohe zeitliche Belastung, die faktisch einen Wohnsitz in der Stadt bedingte) führten jedoch zu einer Selektion, welche auf die Dominanz der Stadt über die Landschaft hinauslief: Im 25-köpfigen Kleinen Rat sassen nur gerade acht Vertreter der Landschaft. Diesem wichtigen Kollegium standen zwei Bürgermeister vor, welche im jährlichen Wechsel amtierten. 1806 und 1812, als Basel Direktorialkanton und somit Gastgeber der eidgenössischen Tagsatzung war, bekleideten Bürgermeister Andreas Merian (am Ende des Ancien Régime der führende Kopf der "Aristokraten") bzw. Peter Burckhardt das Amt des Landammanns der Schweiz. Die ehemaligen Zunftvorrechte wurden zwar auf der politischen Ebene nicht wiederhergestellt, doch traten alte Marktprivilegien der städtischen Handwerker wieder in Kraft. Die Bevölkerung der Landschaft schickte sich in die Zurücksetzung gegenüber der Stadt - einzig 1804 kam es zu Widersetzlichkeiten, als baslerische Landmilizen auf Geheiss der eidgenössischen Tagsatzung zur Niederschlagung eines Aufstandes auf der Zürcher Landschaft gegen die Wiedereinführung der Bodenzinsen und Zehnten (Bockenkrieg) aufgeboten wurden.
Da der 1798 untergegangene Stadtstaat nicht wieder auferstand, musste das Vermögen der Stadt Basel aus dem kantonalen ausgeschieden werden. Zwar wurde die aus der Helvetik stammende Zweiteilung in Einwohner- und Bürgergemeinden beibehalten, doch führte in Stadt und Land zumeist dasselbe Gremium (Stadt- bzw. Gemeinderat) die Geschäfte beider Gemeinwesen.
Die fortbestehende Abhängigkeit von Frankreich zeigte sich in den Pressionen, welche Napoleon ausübte, um die Schweiz in den ersten Jahren der Mediationszeit in seinen Wirtschaftskrieg gegen England ("Kontinentalsperre") einzugliedern. Im Kanton Basel wurden die wirtschaftlichen Folgen der Handelshemmnisse vor allem von der Seidenbandindustrie verspürt, bei welcher wiederum die Heimarbeiter am stärksten betroffen waren. Umgekehrt gab es aber auch Unternehmer, welche davon profitierten (z.B. Christoph Merian).
Im Frühjahr 1809 marschierten französische Truppen über die Basler Rheinbrücke. Die Regierung war wehrlos und musste gar Land bei Kleinhüningen abtreten, damit Frankreich einen rechtsrheinischen Brückenkopf errichten konnte. Im Rahmen der schweizerischen Militärkapitulationen mit Frankreich zur Stellung von Soldaten für Napoleons Eroberungskriege förderte Basel die Werbung aus der Staatskasse. Ab 1812 wurden zwangsweise Kontingente namentlich für den Russland-Feldzug eingezogen. Als die alliierten Heere die französischen Truppen westwärts vor sich hertrieben, wurde die schweizerische Nordgrenze im Winter 1813-1814 von eidgenössischen Truppen besetzt, nachdem die Schweiz sich als neutral erklärt hatte. Da die Schweiz auf französischer Seite gekämpft und auch in der Niederlage ihre Truppen nicht aus Napoleons Diensten zurückgezogen hatte, wurde diese Erklärung von den Alliierten nicht anerkannt. Vom 21. Dezember 1813 an marschierten 80'000 österreichische, preussische und russische Soldaten von Norden durch die Stadt Basel und liessen sich hier sowie auf der ganzen Landschaft nieder. Die eidgenössischen Truppen hatten bereits vorher das Feld geräumt. Dies war der Auftakt zu einer Besatzungszeit, die bis zum 20. Juni 1814 dauerte und insgesamt 800'000 Verpflegungstage gekostet haben soll. Ein Teil der Aufwendungen wurde später wieder erstattet. Der unter den Soldaten grassierende Flecktyphus forderte auch mehrere Hundert zivile Opfer. Ein politischer und gesellschaftlicher Höhepunkt blieb, im Gegensatz zu den schweren Lasten, noch lange in Erinnerung: die gleichzeitige Anwesenheit des österreichischen Kaisers Franz I., des russischen Zaren Alexander I. und des preussischen Königs Friedrich Wilhelm III. am 13. Januar 1814 in Basel.
Restauration
Autorin/Autor:
Matthias Manz
Im Zuge der europäischen Restauration wurde die Basler Verfassung am 4. März 1814 revidiert. Sie sah einen Grossen Rat von 150 Mitgliedern vor, die auf Lebenszeit amtieren sollten. Je 30 wurden von den städtischen bzw. Landschäftler Wahlzünften direkt gewählt, die restlichen 90 vom Grossen Rat im Verhältnis von zwei Stadtbürgern zu einem Landbürger kooptiert. Daraus ergab sich eine Stadt-Land-Relation von 90 : 60, wogegen das Bevölkerungsverhältnis (16'700 : 28'400) eine solche von 55 : 95 erfordert hätte. Damit war die Vorherrschaft der Stadt Basel auch de jure wiederhergestellt, ohne dass sich die nominell noch über die Mehrheit verfügende Vertretung der Landschaft dagegen gewehrt hätte: Die entscheidende Abstimmung passierte mit 63 gegen 3 Stimmen bei einigen Enthaltungen, aber 67 Absenzen; den Landbürgern fehlte das Selbstbewusstsein, und unter ihren Vertretern mangelte es an Führungspersönlichkeiten, um gegen den Strom der Zeit anzukämpfen. Nachdem der Wiener Kongress am 20. März 1815 das territoriale Schicksal des ehemaligen Fürstbistums Basel bestimmt hatte, nahm der Kanton Basel per 28. Dezember die ehemaligen fürstbischöflichen Vogteien Pfeffingen und Birseck "in Besitz". Mit Vertretern der betroffenen neun Gemeinden war am 7. November die Vereinigungsurkunde besiegelt worden. Diese Gemeinden wurden in einem fünften Landbezirk (Birseck) zusammengefasst und den anderen Landgemeinden gleichgestellt. Einzig beim Kirchen-, Schul- und Landarmengut musste eine Sonderregelung vorgesehen werden. Die Praktizierung der katholischen Konfession innerhalb des vorwiegend reformierten Kantons Basel wurde garantiert. Durch den Zuzug des Birsecks erhöhte sich die Zahl der Land-Sitze im Grossen Rat um 4 auf 64.
Regeneration und Kantonstrennung
Autorin/Autor:
Matthias Manz
Beflügelt von der liberalen Juli-Revolution in Paris verabschiedeten 40 Landbürger im Bad Bubendorf eine Petition, die am 26. Oktober 1830 dem Basler Bürgermeister Johann Heinrich Wieland überreicht wurde und das Begehren nach einer Verfassungsrevision im Sinne von Freiheit und Gleichheit enthielt. Eine zweite Petition forderte eine vom Volk gewählte Verfassungsrevisionskommission und die Genehmigung der neuen Verfassung durch den Souverän. Der vom Grossen Rat am 4. Januar 1831 verabschiedete Verfassungsentwurf kam diesen Begehren nur teilweise entgegen. Namentlich wurde anstelle des reinen Vertretungsprinzips die Repräsentation von Stadt und Landschaft mit 75 : 79 festgelegt. Diese Regelung blieb deutlich hinter der Mediationsverfassung zurück. Obschon die revidierte Verfassung am 28. Februar 1831 in der Volksabstimmung angenommen wurde (auf der Landschaft in drei von fünf Bezirken), verhärteten die Agitation auf der Landschaft und das Beharren auf den bestehenden Machtstrukturen in der Stadt das politische Klima zusehends. Der Bildung einer ersten provisorischen Landschäftler Regierung am 7. Januar 1831 folgten die militärische Unterdrückung und die gerichtliche Aburteilung der Anführer. Mit der Ausschliessung dieses Personenkreises von einem später erlassenen Amnestiegesetz hatte die Auseinandersetzung mit den Aufständischen um Stephan Gutzwiller (Therwil) neben der Repräsentationsfrage ein zweites Pièce de résistance gefunden, auf welches sich beide Seiten versteiften.
Nachdem Ermahnungen und eine Erkundungsmission von Tagsatzungsrepräsentanten keinen mässigenden Einfluss gehabt hatten, führten erneute gewaltsame Auseinandersetzungen im August 1831 zur nunmehr militärischen Intervention der Tagsatzung. Diese vermochte die Parteien zwar auseinander zu halten, nicht jedoch zu versöhnen. Die kantonalen Behörden und die Stadtbevölkerung fühlten sich zunehmend von der Tagsatzung hintergangen, weil diese den Revolutionären nicht entschieden genug entgegen trete. Als am 23. November 1831 der Stimmbürgerschaft die Frage vorgelegt wurde, wer beim Kanton Basel verbleiben oder sich von ihm trennen wolle, rief die aufständische Landpartei zur Stimmenthaltung auf. Bei einer Stimmbeteiligung von 50,4% in den linksrheinischen Landgemeinden (d.h. ohne Riehen, Bettingen und Kleinhüningen) stimmten 3621 Personen für den Verbleib, 789 für die Trennung. In 46 Gemeinden kam keine zustimmende absolute Mehrheit zustande, was der Grosse Rat als Misstrauensvotum interpretierte. Am 22. Februar 1832 beschloss er, wie angedroht, diesen renitenten Gemeinden die öffentliche kantonale Verwaltung auf den 15. März zu entziehen. Zwei Tage später, am 17. März 1832, konstituierte sich der neue Kanton Basel-Landschaft. Ein Zug von Basler Standestruppen zum Schutz der stadttreuen Gemeinden im oberen Ergolz- und im Reigoldswilertal endete mit einer Niederlage in Gelterkinden.
Bereits am 4. Mai 1832 wurde die von einem Verfassungsrat ausgearbeitete erste Verfassung des Kantons Basel-Landschaft von mittlerweile 55 der 78 Landgemeinden angenommen. Die Wahl der neuen kantonalen Behörden (Landrat, Regierungsrat, Gerichte) erfolgte im gleichen atemberaubenden Tempo. Die Tagsatzung hob daraufhin die militärische Besetzung auf und anerkannte mit Beschlüssen vom 14. Juni, 14. September und 5. Oktober 1832 die Partialtrennung des Kantons Basel. Der Basler Grosse Rat wies diese Entscheide jedoch zurück. Während sich der neue Kanton auf der Landschaft und gegenüber der übrigen Schweiz immer mehr konsolidierte, wurde die Lage der stadttreuen Gemeinden und die Position der Basler Behörden innerhalb der Eidgenossenschaft immer prekärer. Die gesamte städtische Bevölkerung fühlte sich gedemütigt. Ein letzter Versuch, den Gang der Dinge zu ändern, führte am 3. August 1833 zu einem Stadtbasler Truppenauszug, der an der Hülftenschanze zwischen Pratteln und Augst in einem Fiasko endete. Auf der Landschäftler Seite fochten auch einige Polen, die nach der gescheiterten Revolution gegen Russland in die Schweiz geflüchtet waren. Viele der überstürzt flüchtenden Basler wurden auf dem Rückzug niedergemacht.
Am 26. August 1833 beschloss die eidgenössische Tagsatzung die Totaltrennung des Kantons Basel unter dem Vorbehalt der freiwilligen Wiedervereinigung. Basel-Stadt nahm am 3. Oktober 1833 eine neue Verfassung an. Die Güterteilung zwischen den beiden Halbkantonen erfolgte in den folgenden zwei Jahren unter der Autorität eines eidgenössischen Schiedsgerichts gemäss dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen (Stadt : Land = 1 : 2), wobei sich die Stadt Basel durch die Tagsatzung bzw. durch Stichentscheide des von ihr bestimmten Präsidenten Friedrich Ludwig Keller einmal mehr benachteiligt fühlte.
Wirtschaft und Gesellschaft
Autorin/Autor:
Ruedi Brassel-Moser
Die Erwerbsstruktur auf der Landschaft, in welcher schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Handwerker (29%), die Heimarbeiter (26%) sowie die Tauner (27%) neben den Bauern (18%) eine starke Stellung eingenommen hatten, blieb bis zur Kantonstrennung weitgehend stabil. Doch ergaben sich Umschichtungen in den verschiedenen Regionen. So wurden die Handwerker in den stadtnahen Gemeinden nach 1798 zur wichtigsten Berufsgruppe. Demgegenüber nahm 1774-1815 die Zahl der Heimarbeiter im Amt Waldenburg stark zu.
Der Wandel in der Agrarwirtschaft vollzog sich in unterschiedlichen Rhythmen. In den Gebieten, wo sich die Seidenbandweberei zuerst ausbreitete (Waldenburger Amt), erfolgte die Umstellung auf Gras- und Viehwirtschaft (Vergrünlandung) früher als im Bauerngürtel an der West-, Ost- und Nordgrenze des Kantons. Dort war der Ackerbau im Zelgensystem zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch dominant und erfuhr eine langsame, aber stetige Intensivierung durch den Übergang zu den neuen Fruchtwechselsystemen (Getreide, Kartoffeln, Klee, Hackfrüchte). Spätestens mit der Krise von 1816/1817 war auch im Baselbiet die Kartoffel als zentrales Nahrungsmittel etabliert. In besonderem Masse nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Obstbau (v.a. Kirschen) zu. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erfolgte auch der Loskauf von Bodenzinsen und Zehnten, der in den 1830er Jahren weitgehend abgeschlossen war.
Die Entwicklung in Handwerk und Industrie wurde dadurch beeinflusst, dass die in der Helvetik eingeführte Gewerbefreiheit 1803 wieder zurückgenommen wurde. Die zünftische Ordnung des städtischen Gewerbes blieb bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestehen und damit auch das Nebeneinander von kleiner und reglementierter Warenproduktion einerseits und innovativerer Finanz- und Exportwirtschaft andererseits. Die industrielle Entwicklung ging denn auch vor allem von der nicht zünftisch reglementierten Seidenbandproduktion aus. So entstand 1824 in der Stadt Basel die erste mechanisierte Schappe-Spinnerei (J.S. Alioth & Cie.), die 1830 nach Arlesheim verlegt wurde. Auch die ersten mit Wasser- und Dampfkraft betriebenen Fabriken in den 1830er Jahren gehörten zur Zulieferindustrie (Spinnerei, Zwirnerei) der Seidenbandweberei. Diese beruhte weiterhin vorwiegend auf Heimarbeit, deren Schwerpunkt im oberen Kantonsteil lag. Die Zahl der Bandstühle erhöhte sich von 2242 im Jahr 1786 auf 4691 sechzig Jahre später. Die erste mechanisierte Seidenbandfabrik wurde 1836 in der Stadt Basel errichtet.
Exkurs: Die Wiedervereinigungsfrage
Autorin/Autor:
Ruedi Brassel-Moser
Der von der eidgenössischen Tagsatzung 1833 festgehaltene Vorbehalt der "freiwilligen Wiedervereinigung" tauchte als Anliegen im 19. Jahrhundert periodisch auf, vor allem im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Einbrüchen in der Bandweberei, in welcher die Abhängigkeiten zwischen Stadt und Landschaft Basel besonders stark waren (1839 "Gemeindejoggeliputsch", 1861 "Niemalsbeschluss" des Baselbieter Landrats, vom Volk 1864 aufgehoben). Konkreter stellte sich die Frage einer Wiedervereinigung angesichts der verhärteten Fronten aber erst im Zusammenhang mit dem "Vorortsproblem" vor dem Hintergrund der zunehmenden Industrialisierung. Waren in den ersten Jahrzehnten nach der Kantonstrennung vor allem die Posamentergemeinden des Oberbaselbiets wirtschaftlich mit Basel verbunden gewesen, so verlagerten sich diese Bindungen auf die Vorortsgemeinden. Dort hoffte man, durch einen Zusammenschluss mit dem Stadtkanton die durch zunehmende Infrastrukturaufgaben entstehende Finanzknappheit mindern zu können. Für die Arbeiterschaft war auch die fortschrittliche Sozialpolitik der Stadt attraktiv.
Im "Jubiläumsjahr" 1933 lancierte der 1914 gegründete Wiedervereinigungsverband in beiden Halbkantonen eine Initiative. Dies weckte, vor allem im oberen Baselbiet, eine starke Gegnerschaft, die sich in der "Volksbewegung für ein selbständiges Baselbiet" organisierte. Die Wiedervereinigungsinitiative wurde im Februar 1936 nicht nur in der Stadt, sondern - nach heftigen Auseinandersetzungen - auch auf der Landschaft angenommen, wobei der stadtnahe Bezirk Arlesheim den Ausschlag gab. Der daraus hervorgehende Wiedervereinigungsartikel erhielt zwei Jahre darauf in beiden Halbkantonen wiederum eine Mehrheit. Die eidgenössischen Räte versagten ihm aber vorerst die Gewährleistung. Diese erfolgte erst 1960 aufgrund einer Standesinitiative, der im Baselbiet erneut eine Volksabstimmung vorausgegangen war (59% Befürworter). 1969 wurde schliesslich in beiden Halbkantonen über die inzwischen von einem gemeinsamen Verfassungsrat ausgearbeitete Kantonsverfassung abgestimmt. Der Annahme in der Stadt mit einem Zweidrittelsmehr stand nun aber eine Ablehnung auf der Landschaft mit 59% gegenüber. Hauptgrund für den Umschwung im Baselbiet war der inzwischen resolut an die Hand genommene Ausbau einer eigenen Infrastruktur.
Die Wiedervereinigungsfrage war damit vom Tisch. Was in der Folge einsetzte, waren intensivierte Bemühungen um Koordination und Abgeltung von Leistungen, die sich 1974 in beiden Kantonen in einem Partnerschaftsartikel niederschlugen. Über die Kooperation der beiden Basel hinaus gewann die internationale Zusammenarbeit in der Regio am Oberrhein (Regio Basiliensis) immer mehr an Bedeutung. Zudem werden Anstrengungen unternommen, die beiden Basler Halbkantone zu Vollkantonen aufzuwerten.
Quellen und Literatur
- StABS und StABL (mit Bilder- und Fotoslg., Fam.- und Vereinsarchiven usw.)
- UBB (mit Hs., Nachlässen, Kartenslg.)
- HMB (mit Realienslg.)
- AKB (mit Realienslg.)
- Kupferstichkabinett der ÖKB
- Römerstadt Augusta Raurica, Augst (mit Abt. Römermus.)
- C. Wurstisen, Baszler Chronick, 1580
- D. Bruckner, Versuch einer Beschreibung hist. und natürl. Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel, 1748-62
- J. Trouillat, Monuments de l'histoire de l'ancien Evêché de Bâle, 1852-67
- Rechtsquellen von Basel, 2 Bde., 1856-65
- Basler Chroniken, 8 Bde., 1872-1915, 1945
- UB BL
- UB BS
- CMD-CH 1
- M. Steinmann, Die Hs. der UBB, 1979
- Bildgeschichten. Aus der Bildersammlung des StABS 1899-1999, hg. von E. Baur Sarasin, W. Dettwiler, 1999
Historiografie- Infolge der Kantonstrennung entwickelte sich die Historiografie für Stadt und Landschaft Basel nach dem Abschluss des beide umfassenden Werks von Peter Ochs (1786-1832) in getrennten Bahnen. Für die Stadt boten Rudolf Wackernagels dreibändige Geschichte bis zur Reformation (1907-1924) sowie Paul Burckhardts wesentlich bescheidenere Fortsetzung (1942) lange die beste Übersicht. Ein moderneres, jedoch immer noch äusserst lückenhaftes Geschichtsbild liefern zahlreiche wissenschaftlichen Monografien, die aber durch eine Flut von apologetischen populären Schriften konkurrenziert werden. Die zweibändige Baselbieter Kantonsgeschichte, im Wesentlichen also die Geschichte der alten Landschaft, erschien aus Anlass des Kantonsjubiläums 1932. Seither sind über die lange vernachlässigte ländliche Gesellschaft mehr auf neue Methoden und Ansätze gestützte Arbeiten erschienen als über die Stadt. Vor allem die Zeit des Ancien Régime bildete einen Forschungsschwerpunkt an der Universität Basel (Markus Mattmüller). 1987-2000 bestand in Liestal die Forschungsstelle Baselbieter Geschichte, die 25 grössere Forschungsprojekte betreute, deren Ergebnisse in zahlreichen gedruckten Monografien vorliegen. Den Abschluss bildete die 2001 erschienene, sechsbändige Kantonsgeschichte. Ein ähnliches Projekt scheiterte in Basel-Stadt 1992 am Referendum. Immerhin entstand im Hinblick auf das Jubiläum 500 Jahre Basel bei der Eidgenossenschaft eine neue Übersichtsdarstellung im Rahmen des Historischen Seminars. Zudem wurde mit Unterstützung der Zünfte ein Sammelband in Grossauflage publiziert.
Reihen, Bibliografien- Basler Tb., 1850-64
- Njbl., 1873-
- Basler Stadtbuch, 1879-
- BZGA, 1901-
- Basler Bibl., 1919-
- BHBl, 1936-
- Jurabl., 1938-97
- BHB, 1942- (ab Nr. 15 mit Rauracia-Bibl.)
- Qu. und Forsch. zur Gesch. und Landeskunde des Kt. Basel-Landschaft, 1952-
- Qu. und Forsch. zur Basler Gesch., 1966-
- Basler Beitr. zur Ur- und Frühgesch., 1976-
- Archäologie und Mus., 1984-
- Jber. der archäolog. Bodenforschung des Kt. Basel-Stadt, 1988-
Allgemeines- P. Ochs, Gesch. der Stadt und Landschaft Basel, 8 Bde., 1786-1832
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- A. Nordmann, «Gesch. der Juden in Basel 1397-1875», in BZGA 13, 1914, 1-190
- Kdm BS 1-, 1932-
- Gesch. der Landschaft Basel und des Kt. Basel-Landschaft, 2 Bde., 1932
- P. Burckhardt, Gesch. der Stadt Basel, 1942
- P. Koelner, Die Basler Rheinschiffahrt vom MA zur Neuzeit, 1944
- R. Kaufmann, Die bauliche Entwicklung der Stadt Basel, 2 Bde., 1948-49
- E. Bonjour, A. Bruckner, Basel und die Eidgenossen, 1951
- C.A. Müller, Baselbieter Bau- und Siedlungsgesch., 2 Bde., 1966-67
- Kdm BL 1-, 1969-
- J. Rosen, Chronik von Basel, 1971
- R. Portmann, Basler Einbürgerungspolitik 1358-1798, 1979
- H. Sutter, Gesch. der Baselbieter Gem., 1980
- Die Gemeindewappen des Kt. Basel-Landschaft, 1984
- R. Teuteberg, Basler Gesch., 1986
- R. d'Aujourd'hui, Die Entwicklung Basels vom kelt. Oppidum zur hochma. Stadt, 1990
- A. Berchtold, Bâle et l'Europe, 2 Bde., 1990
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- Basel - Gesch. einer städtischen Gesellschaft, hg. von G. Kreis, B. von Wartburg, 2000
- Basel 1501 2001 Basel, 2001
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Von der Ur- und Frühgeschichte bis zum Frühmittelalter- Archäologie in Basel, hg. von R. d'Aujourd'hui, 1988
- Ländl. Siedlungen zwischen Spätantike und MA, bearb. von M. Schmaedecke, 1995
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- S. Burghartz, Zeiten der Reinheit - Orte der Unzucht, 1999
Zitiervorschlag
Bernard Degen; Jürg Tauber; Werner Meyer; Hans Berner; Niklaus Röthlin; Matthias Manz; Ruedi Brassel-Moser: "Basel (Kanton)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.01.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007387/2016-01-13/, konsultiert am 08.10.2024.