Der Ausdruck Oppidum bezeichnet einen Siedlungstyp, der aus einer von einer Befestigung umgebenen grösseren Fläche besteht und ab Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. im gesamten keltischen Europa (Kelten) nördlich der Alpen Verbreitung fand. Diese "keltische Stadt" zeichnete sich durch ihre günstige topografische Lage – meist auf einer Anhöhe – und eine wuchtige Wehranlage mit monumentalen Toren aus. Weitere Hauptmerkmale waren ein Weg- und Strassennetz, die Gliederung in Quartiere mit unterschiedlicher Bauweise, öffentliche Räume, private Wohngebiete sowie Bereiche für bestimmte handwerkliche und wirtschaftliche Tätigkeiten. Handelsbeziehungen mit dem Mittelmeerraum und die Entwicklung eines Münzwesens in einzelnen städtischen Siedlungen zeugen von den Veränderungen in der ausgehenden Eisenzeit und von einer zunehmenden gesellschaftlichen Differenzierung. In der Forschung galt das Phänomen der Oppida lange als frühes Stadium der Stadtentwicklung innerhalb eines offenbar klar umgrenzten Gebiets, das jedoch mit seinen Bauernbetrieben und dörflichen Siedlungen weitgehend landwirtschaftlich geprägt blieb.
In der Schweiz wird der Ausdruck oppidum anhand von Caesars "De bello gallico" (I, 5-6) erklärt. Im Zusammenhang mit dem Auswanderungsversuch der Helvetier im Frühjahr 58 v.Chr. (Schlacht bei Bibracte) erwähnt der Text zwölf Städte (oppida), die beim Auszug in Brand gesetzt wurden. Genf, das an der Grenze des helvetischen Gebietes lag, wird darin als extremum oppidum Allobrogum (letzte Stadt der Allobroger) bezeichnet. Kein antiker Autor hat den im Mittelmeerraum ungebräuchlichen Begriff oppidum definiert. Sowohl Caesar als auch Historiker der Frühgeschichte fassen darunter mit Blick auf Gallien die verschiedenartigsten Siedlungen zusammen, von denen keineswegs alle als Städte gelten können. Bei einigen handelt es sich eher um befestigte Plätze oder Versammlungsorte, deren Bedeutung auf der Skala zwischen civitas und pagus ebenfalls variiert.
Gemäss dem Forschungsstand Ende des 20. Jahrhunderts kam die sogenannte Oppidazivilisation im keltischen Europa innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne auf, nämlich im dritten Viertel des 2. Jahrhunderts v.Chr. Dieser frühe Staatstypus, der mit Gründungen im Mittelmeerraum vergleichbar ist, überdauerte jedoch höchstens ein paar Generationen. Viele grosse Oppida, vor allem auch in Süddeutschland, mit denen eine innere Entwicklung der keltischen Kultur ihren Endpunkt erreichte, wurden vor Mitte des 1. Jahrhunderts v.Chr. aufgegeben. In Gallien konnte sich diese Siedlungsform gegenüber den von der römischen Verwaltung eingeführten Neuerungen – Strassennetze und in der Ebene, abseits der Oppida gelegene neue Städte – nicht behaupten.
Zu den Eigenschaften eines Oppidums gehört eine Verteidigungsanlage, die nicht nur Wehr-, sondern auch Symbolcharakter hat. In der Schweiz kommen die beiden wichtigsten Arten von Befestigungsmauern vor, denen meist ein breiter, flacher Graben vorgelagert war: Erstens die Pfostenschlitzmauer, bei der zwischen einzelnen Trockenmauerabschnitten vertikale Eichenpfähle eingefügt wurden, und zweitens der murus gallicus ("De bello gallico" VII, 23), die gallische Mauer aus einem Erdwall, der im Inneren mit mehreren Lagen von mit Eisennägeln verbauten Längs- und Querbalken armiert und dessen Front mit einer Trockensteinmauer verkleidet war. Wie im gesamten keltischen Raum steht die Bezeichnung Oppidum auch in der Schweiz für unterschiedlichste Siedlungsarten. Eine wenige Hektar grosse Fläche in Genf, der Kathedralenhügel mit dem darunterliegenden Hafen am Genfersee, wird von Caesar als Oppidum bezeichnet, doch fehlt bis anhin jede Spur einer Wallanlage. Überreste aus dem Spätlatène, die in Lausanne auf dem Hügel der Cité freigelegt wurden, könnten mit einem Oppidum in Verbindung stehen, obwohl ebenfalls keine Befestigung belegt ist. Ein besonderer Fall ist Yverdon-les-Bains mit einer offenen Siedlung (3-4 ha) am Seeufer, deren älteste Zeugnisse ins Frühlatène datieren. Nachgewiesen wurde eine Siedlungsverdichtung ab Anfang des 2. Jahrhunderst und eine zwischen 82 und 80 v.Chr. entstandene Mauer mit leicht nach innen geneigten Frontpfosten. Der gallorömische Vicus Eburodunum entwickelte sich aus den Ruinen dieses Oppidums. Südlich davon wurde um die Mitte des 1. Jahrhunderts v.Chr. auf dem Hügel in Sermuz (Gressy) ein murus gallicus angelegt. Ganz anders verhält es sich am Mont Vully, wo um 120 v.Chr., also rund vierzig Jahre vor der Mauer von Yverdon, eine Höhensiedlung (50 ha) mit einer mächtigen Pfostenschlitzmauer eingefasst wurde. Dieses Oppidum bestand höchstens während drei Generationen und wurde nach dem Gallischen Krieg zugunsten der aufstrebenden Stadt Aventicum in der Ebene aufgegeben. In Le Bois de Châtel südlich von Avenches weisen Erdwälle auf eine Befestigungsanlage (10 ha) hin. Die Höhensiedlung Châtillon-sur-Glâne (Posieux) ist nach wie vor nicht ohne Weiteres mit einem Oppidum gleichzusetzen. Brenodurum auf der Engehalbinsel bei Bern, zweifellos das zentrale Oppidum des Gebiets der Helvetier, war das Ergebnis einer Konzentration und Verdichtung der Besiedlung ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. Der erhöht gelegene Ort, dem ein Aaremäander natürlichen Schutz bot, entspricht eher dem Modell der Oppida, zumal seine Fläche über 140 ha betrug. Seine mit Nägeln stabilisierte Pfostenschlitzmauer datiert wahrscheinlich aus dem späten 2. Jahrhundert v.Chr. Der gallorömische Vicus entwickelte sich, wie in Yverdon, am selben Standort. Auf dem Jensberg (Gemeinde Studen BE) wurden, abgesehen von dem 30 ha umfassenden Keltenwall, seltene Zeugnisse aus dem 1. Jahrhundert v.Chr. gefunden. Im 1. Jahrhundert n.Chr. entstand dort eine Kultstätte. Zu deren Füssen entwickelte sich entlang einer Hauptstrasse, welche das Mittelland in West-Ost-Richtung durchquerte, der Vicus Petinesca.
In der Ostschweiz gehen der imposante Vorwall und die Münzfunde am Uetliberg (50 h) auf das Ende des 2. bis zum Beginn des 1. Jahrhunderts v.Chr. zurück. Grabungen, die an der Wende zum 21. Jahrhundert am Fuss des Lindenhofs in Zürich durchgeführt wurden, förderten Siedlungsreste aus dem 1. Jahrhundert v.Chr. zutage. In Windisch ist der sogenannte Keltengraben unter dem Römerlager Vindonissa mit einer Pfostenschlitzmauer aus der Mitte des 1. Jahrhunderts v.Chr. kombiniert, die etwa 10 ha dieses zwischen Aare und Reuss gelegenen Geländesporns schützte. Die Doppelsiedlung von Altenburg (Baden-Württemberg) und Rheinau lag auf zwei aneinandergefügten, durch Rheinmäander gebildeten Halbinseln, wobei die Teilsiedlungen über 200 bzw. 80 ha umfassten und durch Pfostenschlitzmauern geschützt waren. Altenburg war ab Ende des 2. Jahrhunderts besiedelt, Rheinau offenbar vor Mitte des 1. Jahrhunderts v.Chr. und nur für eine oder höchstens zwei Generationen, bis in den letzten Jahrzehnten vor unserer Zeitrechnung die Römer folgten.
Das den Raurikern zugeordnete Gebiet dominierte in der Schweiz die Siedlung Basel-Münsterhügel (3,5 ha) mit einem 120 m langen Wall in Mischbauweise (Pfostenschlitzmauer und mit Nägeln versehener murus gallicus), dem ein grosser Graben vorgelagert war. Sie war im 1. Jahrhundert v.Chr. bewohnt, während die offene Siedlung Basel-Gasfabrik, die sich im Niedergang befand, im ersten Viertel des 1. Jahrhunderts v.Chr. aufgegeben wurde. Die militärische Besetzung durch die Römer bedeutete das Ende des Oppidums. Der mit einem murus gallicus befestigte Mont-Terri (4 ha), der im 1. Jahrhundert v.Chr. besiedelt wurde, gilt herkömmlicherweise als Oppidum der Rauriker.
Dieser Überblick vermittelt ein komplexes und uneinheitliches Bild. Die genannten Siedlungen sind nicht durchwegs so grossflächig wie Bern oder Altenburg, was vielleicht auf den Zeitpunkt der Besiedlung zurückzuführen ist. Die im 1. Jahrhundert v.Chr. entstandenen Siedlungen waren nämlich in der Regel eher klein. Manche waren nicht durch einen Ringwall geschützt, sondern durch einzelne Sperren verschiedener Bauart, die die natürlichen Hindernisse ergänzten. Ohne umfangreiche Grabungen lässt sich nicht feststellen, inwieweit sie die Funktion von Städten erfüllten. Die topografischen, strategischen, wirtschaftlichen und natürlich auch historischen Gegebenheiten erklären zum Teil die verschiedenen Ausprägungen der in der Schweiz erfassten Oppida. Das Gebiet nördlich der Alpen teilten sich gegen Ende der Latènezeit die Allobroger, Helvetier (Tiguriner im Westen, Latobriger im Osten?) und Rauriker, bei denen dieses für die zu Ende gehende keltische Zivilisation charakteristische Siedlungsphänomen in Erscheinung trat.