Der Begriff Galloromanen, erstmals 1833 verwendet in François René de Chateaubriands «Mémoires d'outre tombe» (1, 84), bezeichnet die Bewohner Galliens (Gallia) in der Römerzeit. Die Lebensweise, welche sich die Galloromanen in wenigen Generationen angeeignet hatten, war von der Begegnung und der Wechselwirkung der keltischen und der römischen Kultur geprägt. Im Gebiet der heutigen Schweiz waren die Galloromanen mehrheitlich indigenen Ursprungs. Die römische Besiedlung (Römisches Reich) hatte zwar einen massgeblichen Einfluss auf die Kultur, aber nur geringe Auswirkungen auf die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung. Ein paar tausend Veteranen und Soldaten, die eher im Hintergrund blieben, darunter auch viele Kelten aus Norditalien oder Gallien, sowie einige hundert hohe Beamte, Ingenieure, Gewerbetreibende und Geschäftsleute, häufig aus Italien wie Flavius Sabinus, der als Bankier in Aventicum tätige Vater von Vespasian, veränderten das ethnische Substrat kaum.
Die Integration der Provinzbewohner wurde erleichtert durch die Schaffung eines Strassennetzes, das den Verkehr von Menschen und Ideen förderte. Auch die neu angelegten Städte, die mit den für die Verwaltung eines Gemeinwesens römischen Zuschnitts unabdingbaren Monumentalbauten und dem entsprechenden Personal ausgestattet wurden, trugen wesentlich dazu bei, die neuen Gesetze, Institutionen, Lebensgewohnheiten und Denkweisen sowie die Sprache, Technik, Kunst und Religion in der Bevölkerung zu verankern (Romanisierung). Die auferlegte politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung war zwar verbindlich, aber keineswegs starr. Sie liess Raum für lokale Initiativen und gewährte den Civitates eine gewisse Autonomie, welche den indigenen Eliten die Entfaltung ermöglichte, die Rekrutierung der Provinzbewohner für die Armee förderte und die Gewährung des römischen Bürgerrechts an ganze Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel an die Allobroger 40 n.Chr. oder an Einzelne vorbereitete.
Die städtische Oberschicht bildeten die einheimischen Eliten, die aus der alten keltischen Grundbesitzeraristokratie hervorgegangen waren und in der neuen Ordnung eine Chance sahen, ihre Privilegien zu festigen. Ein Beispiel dafür ist die bedeutende Familie der Camilli in Aventicum, die ab der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v.Chr. durch Inschriften belegt ist. Ihre Mitglieder bekleideten hohe Ämter in der römischen Armee oder in ihrer Stadt, und deren Ehrenstatuen standen in den scholae, den Gebäuden der Korporationen rund um das Forum. Innerhalb weniger Jahrzehnte eignete sich die indigene Bevölkerung eine fremde Kultur an. Als Abbild der römischen umfasste die gallorömische Gesellschaft Sklaven, Freigelassene, Freie, Peregrinen und römische Bürger, welche die tria nomina (Vorname, Familienname, Beiname) trugen. Die Stadtverwaltung war derjenigen von Rom nachempfunden. Latein als Amtssprache, die Gesetze, das Währungs- und Gewichtssystem der Eroberer fanden allgemein Verbreitung. Allerdings blieben bei aller Verschmelzung von gallischer und römischer Kultur indigene Elemente stets lebendig, insbesondere in den Personen- und Ortsnamen sowie in Religion, Kunst, Technik und Architektur. Die Galloromanen bildeten in den Regionen, in denen heute noch eine romanische Sprache gesprochen wird (französische, italienische und rätoromanische Schweiz), über viele Jahrhunderte die Mehrheit. Bis ins 7. Jahrhundert wurden sie in den schriftlichen Quellen als Romani bezeichnet. In der Nordschweiz dagegen kam die romanische Bevölkerung ab dem 6. Jahrhundert unter den Einfluss der germanischen Einwanderer, die schliesslich bis zur Saane gelangten, und fand bald eine neue kulturelle Identität.