Die öffentliche Denkmalpflege in der Schweiz setzte, etwas später als im Ausland, im Laufe des 19. Jahrhunderts ein und verstand sich vorab als vaterländische Pflicht. Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Nationalgeschichte befasste man sich in den historischen Vereinen auch mit den Kunstdenkmälern. Zur treibenden Kraft wurde der 1880 gegründete Verein zur Erhaltung vaterländischer Kunstdenkmäler, der neben Restaurierungen, Ausgrabungen und Kunstankäufen auch die Inventarisierung der schweizerischen Monumente an die Hand nahm. Der Verein, dem führende Wissenschaftler wie Théodore de Saussure (Präsident 1880-1888), Johann Christoph Kunkler (1889-1894), Karl Stehlin (1895-1896), Josef Zemp (1897-1904), Albert Naef (1905-1915), Johann Rudolf Rahn (Vizepräsident von 1880-1891, dann mit Unterbrüchen bis 1914), Heinrich Zeller-Werdmüller (1899), Jacques Mayor (1900), Léo Châtelain (1905) und Eduard von Rodt (1915-1916) vorstanden, wurde 1934 in die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK) umgewandelt. Die schweizerische Vereinigung für Heimatschutz (SHS) verfolgt seit 1905 ähnliche Ziele (Heimatschutz).
Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege
1915/17-1934 | Albert Naef |
1935-1941 | Josef Zemp |
1942-1963 | Linus Birchler |
1964-1990 | Alfred A. Schmid |
1991-1996 | André Meyer |
1997-2008 | Bernhard Furrer |
2009-2018 | Nott Caviezel |
2019- | Stefan Wuelfert |
Bis 1915 beruhten die meisten Projekte auf privater Initiative; in einzelnen Fällen erteilte aber auch der Bund, gestützt auf einen Bundesbeschluss aus dem Jahr 1886, dem Verein Aufträge und finanzierte die denkmalpflegerischen Arbeiten mit. Theorie und Doktrinen einer modernen Denkmalpflege wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts besonders im Ausland heftig diskutiert. Diese Diskussionen gaben 1915 mit den Anstoss zur Schaffung einer ausserparlamentarischen Kommission, die ab 1917 als Expertengruppe landesweit denkmalpflegerische Unternehmen begleitete und die Entscheidungsgrundlagen für eine subsidiäre Beteiligung des Bundes lieferte. Auch in dem 1958 erneuerten "Bundesbeschluss betreffend Förderung der Denkmalpflege" wurde dieses Expertengremium, die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD), verankert.
Die Inventarisation der Kunstdenkmäler (die Ergebnisse werden seit 1927 in einer speziellen Reihe publiziert) wird von der GSK und den Kantonen getragen und seit 2000 von der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) unterstützt. Das 1967 in Kraft getretene und 1996 revidierte Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) ermöglichte dem Bund ab 1973 die Erstellung des Inventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) und 1984-2003 des Inventars der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS).
Auch auf kantonaler Ebene übernahmen zuerst private Vereine denkmalpflegerische Aufgaben. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen (Waadt 1898, Neuenburg 1904, Schaffhausen 1918, Basel-Stadt 1940) entstanden kantonale Ämter für Denkmalpflege erst nach dem Zweiten Weltkrieg, ebenso vereinzelte städtische Behörden und die Denkmalpflegestelle für bundeseigene Bauten (ab 1990). Die Vertreter der verschiedenen Amtsstellen haben sich 1985 zur Vereinigung der Schweizer Denkmalpfleger (VSD) zusammengeschlossen. Ausbildungen bieten das Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich seit 1972, die Universitäten Bern und Genf seit 1976 bzw. 1994 und die Berner Fachhochschule seit 1997 an.
Die Schweiz beteiligte sich an den denkmalpflegerischen Anstrengungen des Europarats und mit einer eigenen Landesgruppe seit dessen Gründung 1965 am International Council on Monuments and Sites (Icomos), einer Tochterorganisation der Unesco. Sie ist den weltweit anerkannten Grundsätzen der Denkmalpflege verpflichtet, die in den Chartas von Athen 1933, Venedig 1964, Florenz 1981, Washington 1987 und Lausanne 1989 vereinbart wurden, und unterzeichnete 1962 auch die 1954 abgeschlossene Haager Konvention über den Kulturgüterschutz. Historisch bedeutsame Unternehmungen der schweizerischen Denkmalpflege waren die Kathedrale Lausanne (ab 1869), das Schloss Chillon (ab 1897), das Kloster Müstair (ab 1947), die Kathedrale St. Gallen (ab 1963) und die Klosterkirche Einsiedeln (ab 1975).
Die Denkmalpflege schliesst heute archäologisch, kunsthistorisch oder geschichtlich bedeutsame unbewegliche Objekte oder deren Bestandteile mit ein. Sie gewinnt infolge dieser weiten Auslegung einen mehr und mehr interdisziplinären Charakter, der sich in engen Verbindungen zu den Nachbarfächern Archäologie, Bauforschung, Restaurierungstechnologie, Archäometrie, Planungswesen usw. zeigt. Ihre Entwicklung ist eng vom Wandel ihrer Beweggründe und Theorien abhängig; sie ist ein zeitgebundener Auftrag, dessen gesellschaftliche Relevanz immer wieder neu definiert wird. Während die traditionelle Denkmalpflege primär aus der Sicht der klassischen Stil- oder Kunstgeschichte argumentierte, legt die moderne Denkmalpflege auch Gewicht auf allgemein-, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Faktoren. Sie sieht sich dem als sozialethisches Gebot verstandenen Ziel verpflichtet, die bauliche Selbstdarstellung aller vergangener Zeiten, auch der jüngsten, zu sichten und in ihrer Substanz zu sichern.