Das Offizialat, im deutschen Sprachraum gelegentlich Konsistorium genannt, ist eine seit dem 13. Jahrhundert in jedem Bistum der katholischen Kirche bestehende bischöfliche Gerichtsbehörde (Gerichtswesen), an deren Spitze der vom Bischof ernannte und in seinem Namen tätige Offizial steht. Zur Einrichtung von Offizialaten kam es im Zuge der Rezeption des römischen Rechts (Kirchenrecht) und zur Entlastung der Bischöfe. Ausnahmen bildeten die Bistümer Mailand und Como, wo Generalvikare neben den Bischöfen die Richterfunktion ausübten. Ein Offizial ist für Genf ab 1225, Lausanne ab 1245, Basel ab 1252, Konstanz ab 1254, Sitten ab 1271 und Chur ab 1273 belegt. In unterschiedlichem Ausmass waren die Ämter des meist juristisch ausgebildeten Offizials und des Generalvikars in Personalunion verbunden: in Lausanne bis ins 15. Jahrhundert nie, in Basel bis 1529 nur selten, danach ständig, in Genf und ab dem 14. Jahrhundert in Konstanz öfters, in Chur mit einer Ausnahme im 18. Jahrhundert wahrscheinlich immer. In den zur Reformation übergegangenen Gebieten der französischen Schweiz ersetzten Konsistorien für die Ehegerichtsbarkeit (Sittengerichte) die Offizialate.

In Basel und Genf behandelte das Offizialat bis zur Reformation nicht nur geistliche Angelegenheiten, sondern umfasste auch Zivilstreitigkeiten und fungierte als Beurkundungsstelle für Rechtsgeschäfte wie etwa Exkommunikation, Interdikt und Nichtigkeit der Ehe (Ehescheidung). 1604 richtete der seit 1533 in Annecy residierende Bischof von Genf ein eigenes Offizialat für das Pays de Gex ein. 1529-1790 war das Basler Offizialat in Altkirch (Elsass), ab 1828 existierten im reorganisierten Bistum mehrere regionale, auf die Diözesankantone zugeschnittene Offizialate. Erst 1909 wurde ein Offizialat für Eheangelegenheiten geschaffen und 1927 in Anpassung an den «Codex Iuris Canonici» (1917) das Amt eines Offizials in Solothurn am Sitz des Bischofs eingerichtet.
Die Fürstabtei St. Gallen unterhielt nach ihrer Exemtion von Konstanz 1614-1800 ein eigenes stift-sankt-gallisches Offizialat, das auch die Funktion eines Generalvikariats für das Gebiet der Fürstabtei wahrnahm. Im Doppelbistum Chur-St. Gallen waren 1830-1833 Offizialat und Generalvikariat in Personalunion verbunden. Im Bistum St. Gallen übte 1847-1946 der jeweilige Domdekan das Generalvikariat und Offizialat in Personalunion aus, seither ist der jeweilige Domkustos Offizial. Im Bistum Chur verlor das Offizialat infolge der Reformation die Zuständigkeit in nahezu allen Bündner Gemeinden an weltliche Gerichtsbehörden und Notariate. Im 19. Jahrhundert waren die Offiziale in erster Linie Generalvikare bis zur personellen Trennung der beiden Funktionen im Jahr 1932.
Im Bistum Lausanne existierten nach der Reformation bis Anfang des 17. Jahrhunderts zwei bischöfliche Gerichte in Freiburg. Der Propst der Kollegiatskirche St. Niklaus war für die disziplinären Angelegenheiten des Klerus, nur selten für Ehesachen, der Dekan dieser Kirche ausschliesslich für Ehesachen zuständig. Seither wurde das Offizialat in Personalunion mit dem Generalvikariat ausgeübt. Ein vom Generalvikariat unabhängiges Offizialat wurde im Bistum Lausanne-Genf 1883 eingeführt, beide Funktionen wurden aber noch bis 1920 in Personalunion wahrgenommen. Im Bistum Sitten stand das Offizialat ab der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Konkurrenz zur weltlichen Gewalt und ab 1435 waren seine Kompetenzen auf die geistlichen Angelegenheiten beschränkt. In der Neuzeit waren Offizialat und Generalvikariat meist in Personalunion verbunden, 1870-1918 blieb das Amt des Offizials vakant.
Im Kanton Tessin wurde die bischöfliche Jurisdiktion von den Diözesen Mailand und Como, seit der Errichtung der Tessiner apostolischen Administratur 1885 vom Generalvikar in Lugano wahrgenommen. Erst 1924 erfolgte die Schaffung eines eigenen Offizialats, das bis 1964 dem Generalvikar übertragen wurde.
Als Appellationsinstanz dienten bis 1801/1803 die vom Kirchenrecht vorgesehenen Metropolitangerichte in Besançon (für Lausanne und Basel), Mainz (für Konstanz und Chur) und Vienne (für Genf), mit Ausnahme des seit 1513 exemten Sitten. Als unterste Instanz der kirchlichen Gerichtsbarkeit ist das Offizialat zu Beginn des 21. Jahrhunderts fast gänzlich auf Eheverfahren eingeschränkt. Die Urteile der Diözesangerichte unterliegen in diesen Fällen der Zustimmung einer für die ganze Schweiz zuständigen Zweitinstanz, dem Interdiözesanen Kirchlichen Gericht, das seinen Sitz in Freiburg hat.