Der Begriff Absolutismus wurde im frühen 19. Jahrhundert als pejoratives Schlagwort in der politischen Debatte der Restauration und des Konstitutionalismus geprägt. Seine positive, wissenschaftliche Wendung erfolgte in der deutschen Geschichtswissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seitdem bezeichnet Absolutismus im traditionellen Sprachgebrauch sowohl eine spezifische Form monarchischer Regierung und Herrschaft als auch eine Epoche der europäischen Geschichte des 17.-18. Jahrhunderts (zwischen dem Dreissigjährigen Krieg und der Französischen Revolution), welche den «souveränen, auf territoriale Integrität und einheitlichen Untertanenverband gestützten Anstaltsstaat» (Johannes Kunisch) hervorbrachte und den modernen Nationalstaat vorbereitete. Die absolutistische Monarchie intensivierte und zentralisierte die Macht des Staates, als die traditionellen politischen Gewalten des Mittelalters (Reich, Stände, Korporationen) die sozialen und ökonomischen Ordnungsprobleme (Bevölkerung, Sozialstruktur, Wirtschaftskrisen, frühkapitalistische Entwicklung) nicht mehr zu lösen sowie Frieden und Sicherheit (Bürgerkriege, Dreissigjähriger Krieg) nicht mehr zu wahren vermochten.
Absolutismus als historiografisches Konzept
Die staatstheoretisch von Jean Bodin und Thomas Hobbes begründete Monarchie des Absolutismus war autokratisch, d.h. sie befreite sich bei der Ausübung ihrer Gewalt von der Mitwirkung und Zustimmung politischer Körperschaften (Adel, Ständeversammlungen, Städte) und strebte die Ausbildung eines zum Gehorsam verpflichteten, rechtlich homogenen Untertanenverbandes (Untertan) an. Auf der Grundlage stehender Heere betrieb sie eine diplomatisch-kriegerische Macht- und Aussenpolitik. Sie erweiterte die staatlichen Einnahmequellen (Steuern, Monopole, Regalien), steigerte ihre Einkünfte massiv und baute eine allein dem Herrscher verpflichtete Verwaltung aus. Ihre Wirtschaftspolitik des Merkantilismus strebte nach einer optimalen Ressourcennutzung im Land und einer aktiven Handelsbilanz. Ihre Stellung legitimierte die absolute Monarchie mit dem Gottesgnadentum, ihre expansive Regulierungstätigkeit unter Berufung auf die Souveränitätslehre und die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt («gute Policey»). Sie entfaltete ihren Souveränitäts- und Machtanspruch in der Pracht barocker Hofhaltung und in der zeremoniellen Repräsentation des Herrschers. Als Musterländer des Absolutismus bzw. des aufgeklärten Absolutismus galten nach diesem Konzept Frankreich bzw. Preussen, während Englands Entwicklung zum Parlamentarismus den nicht-absolutistischen Musterfall darstellte.
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts hat vor allem die deutsche und angelsächsische Absolutismus-Forschung seine ökonomischen und sozialen Voraussetzungen stärker untersucht und das ursprüngliche, am Staatsparadigma ausgerichtete Modell des Absolutismus vor allem in politik- und sozialgeschichtlicher Hinsicht so weit differenziert und kritisiert, dass fragwürdig geworden ist, was Absolutismus sei, ob, wann und mit welcher Ausdehnung es ein solches Zeitalter überhaupt gegeben habe (Rudolf Vierhaus, Nicholas Henshall, Heinz Duchhardt 1994). Statt des Gegensatzes zwischen absoluter Monarchie und Ständen bzw. regional-lokalen Kräften wird stärker deren komplementäres Verhältnis betont (Kooperation und Konsensfindung in Fragen der Gesetzgebung, Steuerpolitik und Verwaltung). In Regierung und Verwaltung wurde weniger eine unumschränkte Gewalt des Herrschers fassbar als vielmehr deren fortdauernde Verankerung in der ständischen Rechts-, Privilegien- und Gesellschaftsordnung, deren Bestand der absolute Monarch grundsätzlich respektierte. Dass dieser im staatstheoretischen und staatsrechtlichen Verständnis der Zeit als «princeps legibus (ab)solutus» und nicht «jure (ab)solutus» galt, d.h. über den Gesetzen, nicht aber über dem Recht stand, unterschied ihn gerade vom Despoten. Der neueren Forschung zufolge erzielte der Absolutismus nicht «annähernd jenes Mass an Rationalität der politischen Organisation, an Integration und Vereinheitlichung des Untertanenverbandes, das seiner Theorie tendenziell innewohnte» (Ernst Hinrichs).
Das Konzept in der schweizerischen Geschichtswissenschaft
Das traditionelle Absolutismus-Konzept konnte in der schweizerischen Geschichtsschreibung aufgrund der spezifischen politischen und sozialen Verhältnisse nur in Ausnahmefällen und mit Einschränkungen interpretationsleitend wirken. Hans Conrad Peyer sah «die ungelöste verfassungsgeschichtliche Spannung zwischen spätmittelalterlich volkstümlich-ständischen und neuzeitlich-absolutistischen Verhältnissen» als Eigentümlichkeit der eidgenössischen Orte an. Rudolf Braun stellte die «Zwitterhaftigkeit» ihres politischen Systems fest, welches sowohl Eigenschaften «einer traditionellen patrimonialen Honoratiorenregierung und Honoratiorenverwaltung» als auch «Ansätze einer modernen Staatsbürokratie» aufwies. Den städtischen und ländlichen Republiken mit ihren aristokratischen bzw. aristodemokratischen Regierungssystemen (Länderorte, Patrizische Orte, Zunftstädte) fehlte die für das Modell konstitutive Bezogenheit auf den im Bereich seiner Prärogativen abschliessend entscheidenden Monarchen. Die militärischen und fiskalischen Reformpläne der Städteorte Zürich und Bern aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (stehende Truppen, ständige Vermögenssteuern) zerschlugen sich am Widerstand der Untertanen in den 1640er Jahren und im Bauernkrieg (1653), wodurch «die Schaffung der Hauptattribute des modernen Staates ― stehendes Heer und Berufsbeamtentum ― verhindert und die Beibehaltung des aus dem Spätmittelalter ererbten Milizsystems in Militär und Verwaltung erzwungen» (Peyer) wurden. Ansätze zur Bürokratisierung zeigten sich bei der Zentralverwaltung der Städteorte in der Einführung ständiger, mit Fachpersonen aus den Räten besetzter Kommissionen für die sich ausdifferenzierenden Verwaltungsbereiche. In den Untertanengebieten rührten die Landvögte der regierenden Orte kaum an die im Spätmittelalter wurzelnde lokale Selbstverwaltung und hatten auf die Sonderrechte und Autonomie der Gemeinden und Herrschaften Rücksicht zu nehmen.
Das klassische Absolutismus-Modell lässt sich noch am ehesten auf die Wirtschafts- und Steuerpolitik der Fürstbischöfe von Basel anwenden, die von der Mitte des 17. Jahrhunderts an die materiellen Ressourcen ihrer Herrschaft erweiterten (Steigerung der bäuerlichen Steuerbelastung, verstärkte Nutzung der Allmenden für herrschaftliche Zwecke, Erhöhung der Regalien-Einnahmen), um die steigenden Ausgaben für Verteidigung, Aussenpolitik, Hofhaltung und Zeremoniell sowie für die Verwaltung (Verwaltungsreform 1726) zu bestreiten. Im frühen 18. Jahrhundert drängte der Fürstbischof die Landstände bei der Steuerbewilligung und Steuerverwaltung massiv zurück und verstärkte die bürokratische Kontrolle des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in den Gemeinden. Als absolutistisch wurden auch die Versuche der Fürstäbte von St. Gallen bezeichnet, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ihr Herrschaftsgebiet straffer zu organisieren und insbesondere im Toggenburg alte Privilegien der Landschaft zurückzudrängen und eine katholische Konfessionalisierung zu betreiben. Die Fürstäbte von St. Gallen wie auch die Fürstbischöfe von Basel stiessen damit aber auf den Widerstand ihrer Untertanen und Stände (Toggenburg 1699-1712, 1731-1759, Landestroublen 1726-1740).
Ein allgemeinerer, vagerer Absolutismus-Begriff wird in der schweizerischen Geschichtswissenschaft zur Beschreibung der obrigkeitsstaatlichen Massnahmen zur Ausdehnung, Zentralisierung und Vereinheitlichung der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung vom 16.-18. Jahrhundert verwendet. Absolutistische Tendenzen werden mitunter auch in der vom 16. Jahrhundert an fortschreitenden Aristokratisierung des Regierungssystems erblickt (Ausbildung von Geschlechterherrschaft, Verlagerung des politischen Schwergewichts vom Grossen zum Kleinen Rat). «Spätabsolutistische Regierungstechnik» sieht Rudolf Braun am Werk, wo die Obrigkeit ihre Aufgaben mit dem Ziel einer umfassenderen Ordnung und Regulierung der inneren Verhältnisse erweiterte und ― orientiert an merkantilistisch-kameralistischen Theorien ― zu einer vermehrten Nutzung öffentlicher Ressourcen schritt, in Stichworten: Erhöhung der Zölle, Neuordnung des Fiskalwesens, Einführung staatlicher Handlungsmonopole (Salz, Getreide), Regalienbewirtschaftung, Ausbau der Infrastruktur (Strassen, Flussverbauungen). Diese Politik war in hohem Masse konfliktträchtig und rief vielfach den Protest der betroffenen Gruppen und Gemeinden hervor (Ländliche Unruhen, Städtische Unruhen).
Quellen und Literatur
- Peyer, Verfassung
- HbSG, 675-772
- Braun, Ancien Régime
- A. Suter, "Troublen" im Fürstbistum Basel (1726-1740), 1985
- A., hg. von E. Hinrichs, 1986 (insbes. Beitr. von R. Vierhaus)
- H. Duchhardt, Das Zeitalter des Absolutismus, 1989 (21992) (mit Bibl.)
- N. Henshall, The Myth of Absolutism, 1992
- H. Duchhardt, «Absolutismus ― Abschied von einem Epochenbegriff?», in Hist. Zs. 258, 1994, 113-122
- M. Körner, «La Svizzera, paradiso fiscale in età moderna?», in Transazioni, strategie e razionalità fiscali nell'Europa medievale e moderna, hg. von J.-C. Waquet et al., 1995, 93-115
- G. Vogler, Absolutist. Herrschaft und ständ. Gesellschaft, 1996
- M. Körner, «The Swiss Confederation», in The Rise of the Fiscal State in Europe, c. 1200-1815, hg. von R. Bonney, 1999, 327-357