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Jiddisch

J. ist die Ende des 19. Jh. aufgekommene Bezeichnung der Sprache der dt. Juden, die bis dahin Judendeutsch genannt wurde (Judentum). Das Judendeutsche oder J. entstand nach der Einwanderung von Juden ins Rhein-Mosel-Gebiet vom 10. Jh. an. Seine Grundlage ist Deutsch, in das mit der zunehmenden Isolierung der Juden ab dem 13. Jh. vornehmlich im sakralen Bereich und für das alltägl. Leben hebräisch-aramäische Wörter aufgenommen worden sind (10-12% des Wortschatzes). Indem das J., verglichen mit dem sich fortentwickelnden Gemeindeutschen, seine dt. Wurzeln eher konservativ bewahrte, wurde es zu einer eigenen Sprache (andere Untersuchungen interpretieren das J. allerdings bloss als Soziolekt). Mit der Auswanderung dt. Juden nach Osten als Reaktion auf die Verfolgungen im 14. Jh. entstand vornehmlich in Litauen, Polen sowie Russland unter dem Einfluss slaw. Elemente als neue Variante des J.en das Ostjiddische, das - in seinem ursprüngl. Lebensraum durch den nationalsozialist. Genozid bis auf wenige Spuren vernichtet - heute v.a. in den Vereinigten Staaten und Israel fortlebt.

Wegen der Diskriminierung der Juden einerseits und deren Assimilation sowie deren sozialen Aufstiegs anderseits verlor das alte Westjiddische immer mehr an Boden; im 20. Jh. wurde es nur noch in einzelnen Orten im Elsass, in Südbaden und in der Schweiz in den Surbtaler Dörfern Endingen und Lengnau gesprochen, auf die der Lebensraum der Juden in der Eidgenossenschaft vor der Franz. Revolution eingeengt war. Hier gab es ein reiches jüd. Leben. Nach der Aufhebung der Niederlassungsbeschränkung wanderten die meisten Juden des Surbtals, welche das J. noch beherrschten, nach Zürich oder in andere Städte aus. Der letzte des J.en mächtige Israelit des Surbtals starb in den 1980er Jahren.

Quellen und Literatur

  • F. Guggenheim-Grünberg, Die Sprache der Schweizer Juden von Endingen und Lengnau, 1950
  • Surbtaler J.: Endingen und Lengnau, 1966 (Schallplatten und Begleittexte, 2000 auf CD)
  • F. Guggenheim-Grünberg, J. auf alemann. Sprachgebiet, 56 Karten zur Sprach- und Sachgeographie, 1973
  • F. Guggenheim-Grünberg, Wb. zu Surbtaler J., 1976
  • B. Simon, Jidd. Sprachgesch., 1988
  • R. Lötzsch, Jidd. Wb., 21992
  • A. Starck, Un beau livre d'histoire, 2 Bde., 2004
  • J. Fleischer, Westjiddisch in der Schweiz und Südwestdeutschland, 2005 (mit 2 CD)
Weblinks

Zitiervorschlag

Robert Schläpfer: "Jiddisch", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011199/2013-12-02/, konsultiert am 05.10.2024.