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Dominikaner

Heinrich Seuse, der Spiritual des Klosters Töss. Abbildung im Manuskript Heinrich Seuse, Leben und Schriften aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Stiftsbibliothek Einsiedeln, Cod. 710[322], Fol. 28av; e-codices).
Heinrich Seuse, der Spiritual des Klosters Töss. Abbildung im Manuskript Heinrich Seuse, Leben und Schriften aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Stiftsbibliothek Einsiedeln, Cod. 710[322], Fol. 28av; e-codices).

Der katholische Predigerorden (lateinisch Ordo fratrum Praedicatorum, OP) der Dominikaner wird seit dem 15. Jahrhundert nach seinem Ordensgründer Dominikus von Caleruega (1170-1221) benannt. Die Dominikaner haben sich zum Ziel gesetzt, das Evangelium zu verkünden. Von Anfang an gehörten den Dominikanern neben Brüdern auch Moniales (in Klausur lebende Ordensfrauen) und Laienverbände an. Hauptsächlich ab dem 19. Jahrhundert entstanden zum Teil aus regulierten Laienverbänden dem Orden angegliederte Schwesternkongregationen, die aber strukturell von den Dominikanern unabhängig sind. Das Ordenskleid besteht aus einer weissen Tunika mit Skapulier und Kapuze und einem schwarzen Mantel; die Schwestern tragen statt der Kapuze einen schwarzen Schleier. Dem nach Provinzen aufgegliederten Orden steht ein Ordensmeister vor.

Dominikus war ab ca. 1195 Kanoniker des Kathedralkapitels von Osma (Kastilien). Er entwickelte 1205 in der Languedoc zur Bekehrung der Katharer eine am Evangelium orientierte Missionsmethode, mit der Verpflichtung zur Wanderpredigt in Bettelarmut (Mönchtum). Das 1206/1207 gegründete Frauenkloster von Prouille wurde Stützpunkt der losen Gruppe von Predigern. 1215 bildete Dominikus in Toulouse eine feste Predigergemeinschaft. Als Orden wurde sie Ende 1216 auf der Grundlage der Augustinusregel von Papst Honorius III. bestätigt, der ihr Anfang 1217 für die ganze Kirche den bis anhin den Bischöfen vorbehaltenen Predigtauftrag übertrug. Dadurch entstand parallel zur Struktur der Kirchgemeinde ein Seelsorgenetz, was zur Konkurrenz mit dem Weltklerus führte. Die in den Städten angesiedelten Konvente waren nicht nur Seelsorgezentren, sondern auch Theologenschulen, da eine fundierte Ausbildung Voraussetzung der Predigttätigkeit ist. Laienbrüder übernahmen die Sorge für Kloster und Unterhalt. Grundlegend für die 1220 erarbeitete Satzung war der mittelalterliche Korporationsgedanke. Die Dominikaner konstituierten sich als ortsunabhängigen Personenverband mit zentraler Leitung und wurden darin zum Vorbild für andere Bettelorden. Der Orden breitete sich bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts rasch aus, erlangte wissenschaftliche Bedeutung und vergrösserte auch seinen kirchenpolitischen Einfluss, als ihm 1232 die Inquisition übertragen wurde. Der Verlust der ursprünglichen Strenge leitete einen inneren Niedergang ein, dem im 15. Jahrhundert die auf Observanz drängende Reformbewegung entgegen zu wirken versuchte. Die Dominikaner verlagerten ihr Schwergewicht, bedingt durch die Reformation im 16. Jahrhundert, in die romanischen Länder sowie auf die Mission in der neuen Welt und erlebten zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit rund 25'000 Mitgliedern eine neue Blüte. Die Französische Revolution und die Säkularisation reduzierten den Personalbestand auf einen Sechstel. Eine Wende brachte 1843 die Restauration der Dominikaner in Frankreich. Mit der Wiederbelebung des ursprünglichen Wesens des Ordens fanden die Dominikaner im 20. Jahrhundert zu einer neuen Vitalität, obwohl sich vor allem bei den Frauengemeinschaften seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil Nachwuchsprobleme abzeichneten.

Elsbeth Stagel am Schreibpult. Miniatur in der Initiale "S" aus dem Tösser Schwesternbuch, um 1460 (Stadtbibliothek Nürnberg, Cent. V, 10a, Fol. 3r).
Elsbeth Stagel am Schreibpult. Miniatur in der Initiale "S" aus dem Tösser Schwesternbuch, um 1460 (Stadtbibliothek Nürnberg, Cent. V, 10a, Fol. 3r).

1230 entstand in Zürich ein erster Predigerkonvent. Weitere Gründungen erfolgten in Basel (1233), Bern (1269), Chur (zwischen 1277 und 1280) und Zofingen (1286). Alle gehörten der Provinz Teutonia an. Durch die Provinz Francia wurden Konvente in Lausanne (1234), Genf (1263) und durch die holländische Reformkongregation ein Konvent in Coppet (1490) errichtet. Die Provinz Lombardia superior hatte im 16. Jahrhundert eine Niederlassung in Ascona (1510). Ihrem Auftrag entsprechend bildeten die Dominikaner Seelsorgezentren in den Städten, von wo aus das in Terminierbezirke aufgeteilte Hinterland betreut wurde. Wegen ihrer Offenheit für die Anliegen der religiösen Frauenbewegung suchten viele Beginenvereinigungen (Beginen und Begarden) und bereits bestehende oder neu entstandene Schwesterngemeinschaften die Betreuung durch die Dominikaner und den Anschluss an sie. Die unsichere Quellenlage und die bisweilen zwiespältige Haltung der Dominikaner zur Frauenseelsorge lassen den rechtlichen Status dieser Gemeinschaften nicht immer mit Sicherheit bestimmen. Von 1245 bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts wurden die Klöster von Oetenbach in Zürich, Töss, St. Katharinental bei Diessenhofen (alle 1245), Klingental in Basel (1246), Chissiez (vor 1303, ab 1316 in Estavayer), Schwyz (vor 1303), das Steinenkloster in Basel (1304) und Neuenkirch (vor 1361) in den Orden inkorporiert. Für Dominikanerinnenklöster in kleineren Städten wie Aarau, Wil (SG; Konvent der Sammlung), Winterthur oder in Städten, in denen bereits ein inkorporiertes Kloster existierte (z.B. St. Verena in Zürich), erfolgten keine Inkorporationen; ebenso wenig für die noch bestehenden Dominikanerinnenklöster im sankt-gallischen Wil (1228 in St. Gallen gegründet und ab der Mitte des 13. Jahrhunderts mit den Dominikanern verbunden, ab 1607 als Kloster St. Katharina in Wil und ab 1615 mit der Sammlung in Wil vereinigt), und Weesen (seit der Gründung 1256 mit den Dominikanern verbunden). Vor allem die Klöster Töss, Oetenbach und St. Katharinental pflegten im 14. Jahrhundert durch das fruchtbare Zusammenwirken mit den Dominikanern ein intensives geistliches Leben, beispielsweise im Austausch des Mystikers Heinrich Seuse und Elsbeth Stagels vom Kloster Töss. Dem inneren Niedergang in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts vermochte die ordensinterne Reform, der sich die Konvente von Bern (1419) und Basel (1429) sowie die Frauenklöster Steinen in Basel (1423) und Bern (1439) anschlossen, kaum entgegenzuwirken. Der Jetzerhandel in Bern (1507-1509) brachte die Reform in der Schweiz in Misskredit. Infolge der Reformation wurden alle Männerkonvente der Dominikaner in der Schweiz aufgelöst. Das Frauenkloster Neuenkirch wurde 1588 im Einverständnis mit Rom aufgehoben, die Neugründung In der Au bei Steinen von 1575 wurde bereits 1640 nach Schwyz transferiert. Es überlebten die Frauenklöster Estavayer, Schwyz, Weesen, Wil und das 1869 säkularisierte St. Katharinental.

Vom Kloster St. Peter in Bludenz aus erfolgte 1647 eine Neugründung im 1570 aufgehobenen Chorfrauenstift Cazis. 1894 schloss sich die 1867 vom Bündner Priester Johannes Fidelis Depuoz für soziale Bedürfnisse gegründete Ilanzer Schwesternkongregation (Gesellschaft von der göttlichen Liebe) dem Predigerorden an. Zwischen 1893 und 1991 erfolgten in der Schweiz 14 weitere Gründungen durch acht verschiedene ausländische Kongregationen, die vor allem im schulischen und sozialen Bereich tätig sind. Mit der Gründung der Universität Freiburg wurden 1890 Dominikaner als Professoren für die theologische und die philosophische Fakultät nach Freiburg berufen. Unmittelbar dem Ordensgeneral unterstellt, führen sie im Albertinum ein gemeinschaftliches Leben, durften aber bis 1973 wegen der Ausnahmeartikel der Bundesverfassung nicht als Klostergemeinschaft in Erscheinung treten. Unter denselben Bedingungen fand 1903 ebenfalls in Freiburg eine Gruppe von aus Frankreich vertriebenen Dominikanern Zuflucht. 1941 erhielt die Deutschschweiz in Luzern eine Niederlassung. Weitere Gründungen erfolgten in Genf (1951), Zürich (1959 und 1990) und Lugano (1999). 1953 wurde eine selbstständige Schweizer Dominikaner-Provinz errichtet. Mit der kanadischen Provinz betreut sie seit 1965 das Missionsgebiet von Ruanda und Burundi. Neben der Arbeit in ordenseigenen Pfarreien (Genf, Zürich), an der Universität (Freiburg) und in der theologischen Erwachsenenbildung sind die Dominikaner oft in enger Zusammenarbeit mit den Schwestern vor allem in der Pastoral- und Sozialarbeit tätig.

Ende 2003 zählte die Schweizer Provinz sechs Häuser und 52 Mitglieder, von denen acht im Ausland tätig sind. 14 Dominikaner, die nicht der Schweizer Provinz angehören, leben im Albertinum in Freiburg. Aus der Provinz von Spanien wirken in der Seelsorge an ihren Landsleuten drei Dominikaner in Lausanne und Basel. Sechs weitere Dominikaner aus dem Ausland leben ausserhalb eines Konventes. Insgesamt 45 Schwestern zählen die drei Klöster der Moniales (Estavayer-le-Lac, Schwyz, Weesen) und 75 die beiden selbstständigen Schwesternklöster (Cazis, Wil). Die neun in der Schweiz tätigen Kongregationen haben 17 Niederlassungen mit 231 Schwestern. Dem Säkularinstitut gehören 23 und den acht Laiengemeinschaften etwa 180 Mitglieder an. Der Orden zählte weltweit 6262 Brüder in 626 Niederlassungen, 3606 Moniales in 237 Klöstern und 32'210 Schwestern, die 157 verschiedenen Kongregationen angehörten.

Quellen und Literatur

  • W.A. Hinnebusch, The History of the Dominican Order, 2 Bde., 1966-73 (mit Bibl.)
  • Dizionario degli istituti di perfezione 3, 1976, 780-793
  • Frauenklöster in der Schweiz, 1984
  • G. Bedouelle, Dominikus: Von der Kraft des Wortes, 1984
  • W. Ludin et al., Männerorden in der Schweiz, 21992
  • A. Wilts, Beginen im Bodenseeraum, 1994 (mit Bibl.)
  • LThK 3, 31995, 309-318
  • HS IV/5; IX/2
Weblinks
Kurzinformationen
Kontext Prediger

Zitiervorschlag

Franz Müller: "Dominikaner", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.04.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011714/2012-04-19/, konsultiert am 12.10.2024.