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Gastung

Die Gastung ist der im Früh- und Hochmittelalter bekundete «Anspruch von Herrschern und Mächtigen, ihrem Gefolge, ihren Stellvertretern und ihren Truppen, von den Untertanen feierlich empfangen, beherbergt und verpflegt zu werden. Sie bildete eine Grundlage für die reisende Regierungs- und Verwaltungsweise in Staatsgebilden, die durch Naturalwirtschaft, Überschichtung von Bauern durch Krieger, einen lehensartigen Herrschaftsaufbau, lockere Vielgliedrigkeit der Herrschaft, personelle Herrschaftsbeziehungen, magischen Vorstellungen und geringe Schriftlichkeit geprägt sind» (Peyer). Sie ist damit ein typisches Merkmal der Feudalgesellschaft. Die Königsgastung nutzte vom Frühmittelalter an der zuständige König bei seinem Erscheinen überall, so auch im Gebiet der heutigen Schweiz. Die Gastung als servitium (Reich), gistum regis (Frankreich) oder fodrum regale (Italien) war ein Teil der ihm geschuldeten Dienste. Die unentgeltlichen Leistungen umfassten Lebensmittel und Unterkunft, die immer mehr nur auf den König und sein unmittelbares Gefolge eingeschränkt wurden. Zur Leistung verpflichtet waren die Bischöfe und Königsklöster, im Prinzip auch der Adel, zur Zeit der Staufer die Pfalzen, später die (Reichs-)Städte. Die Königsgastung löste sich vom 11./12. Jahrhundert an auf und ging in Geldleistungen über. 1241 war etwa noch Schaffhausen der Königsgastung unterworfen, während Basel an deren Stelle eine Steuer entrichtete. Adlige und geistliche Grundherren nahmen ihrerseits in entlegenen Fronhöfen ihrer Grundherrschaft die Gastung in Anspruch. Auch diese Leistungen sind alt, erscheinen jedoch erst verhältnismässig spät in schriftlich fixierter Form. Im 14. Jahrhundert war das Recht, beherbergt zu werden (hospicium), in der Regel auf ein bis zwei Mal im Jahr mit einer bestimmten Anzahl Personen und Pferden eingeschränkt. Fürsten wie die Habsburger oder Savoyer nahmen in ihren wachsenden Territorialherrschaften genau umschriebene Gastungsrechte wahr. Gastung beanspruchten ferner Bischöfe, Archidiakone und Dekane anlässlich ihrer Visitationen. Dem Bischof von Chur etwa schuldeten nach der Servitienliste des 10./11. Jahrhunderts die Kirchen die Prokuration, d.h. das Gastungsrecht.

Quellen und Literatur

  • C. Brühl, Fodrum, gistum, servitium regis, 2 Bde., 1968
  • P. Rück, «Die Churer Bischofsgastung im HochMA», in Archiv für Diplomatik 23, 1977, 164-195
  • H.C. Peyer, Von der Gastfreundschaft zum Gasthaus, 1987
  • LexMA 4, 1137 f.
Weblinks

Zitiervorschlag

Fritz Glauser: "Gastung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.08.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013736/2005-08-12/, konsultiert am 04.10.2024.