Mit dem Begriff Bruttosozialprodukt (BSP) wird der Gesamtwert der in einer Volkswirtschaft während eines Jahres nachgefragten Güter und Dienstleistungen umschrieben, wobei die Bewertung zu Marktpreisen erfolgt. Es werden also alle im Inland beanspruchten Güter und Dienstleistungen erfasst, egal, ob die Lieferanten Inländer oder Ausländer sind. Zählt man vom BSP die volkswirtschaftlichen Abschreibungen ab, erhält man das Nettosozialprodukt (NSP) zu Marktpreisen; bildet man darüber hinaus den Saldo aus Subventionen und indirekten Steuern, resultiert das NSP zu Faktorkosten, das dem Volkseinkommen (VE) entspricht. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) schliesslich steht für das Total aller während eines Jahres in einem Land hergestellten Güter und Dienstleistungen (bewertet zu Marktpreisen).
In der populären Diskussion wird ein Wachstum des BSP oft mit einer Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität und der übrigen Lebensbedingungen der Bevölkerung gleichgesetzt (Lebensstandard). Aus wissenschaftlicher Sicht erscheint diese simplifizierende Gleichung unhaltbar, solange die Streuung des Einkommens, produktive Tätigkeiten ohne Marktpreis, Umweltschäden und die Schattenwirtschaft unberücksichtigt bleiben. Trotz dieser grundsätzlichen Vorbehalte taugt das BSP durchaus als Wertmesser der Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft. Das BSP wird vor allem als Vergleichsgrösse verwendet. So wird zum Beispiel die Schuldenlast eines Staates häufig in Prozent des BSP ausgedrückt, um die Belastung anschaulicher darzustellen.
Die Ermittlung des BSP, des NSP oder des BIP kann von drei Seiten her erfolgen. Die Entstehungsrechnung besteht darin, ein nationales Produktionskonto zu erstellen. Man berechnet auf Branchenebene die Bruttowertschöpfung (BWS), indem man vom jeweiligen Bruttoproduktionswert die Vorleistungen, d.h. die von der betreffenden Branche getätigten Einkäufe, in Abzug bringt. Die BWS sämtlicher Branchen ist mit dem BIP identisch. Für eine Verteilungsrechnung benötigt man Informationen über die gesamtwirtschaftlichen Lohn-, Zins- und Gewinnsummen, die zusammengenommen dem NSP zu Faktorpreisen entsprechen. Bei der Verwendungsrechnung wird von den Konsum- und Investitionsausgaben ausgegangen.
Überlegungen zur volkswirtschaftlichen Relevanz des Agrarsektors und einzelner Industrien wurden hierzulande bereits im 19. Jahrhundert angestellt. Zur Konzeption einer umfassenden Einkommensstatistik kam es jedoch erst Mitte der 1920er Jahre, als die Gesellschaft für schweizerische Statistik und Volkswirtschaft die Thematik aufgriff (Statistik). 1929 begann das Eidgenössische Statistische Amt mit der Herausgabe einer nach Arbeits-, Geschäfts-, Zins- und Kapitaleinkommen untergliederten NSP-Jahresstatistik. Die nach 1962 vorgenommene Anpassung der nationalen Buchhaltung an die von der OECD gesetzten Standards implizierte die Aufnahme systematischer Untersuchungen zum Konsum- und Investitionsverhalten der schweizerischen Bevölkerung. Das erste gesamtwirtschaftliche Produktionskonto wurde 1970, das zweite 1975 realisiert. Die kantonalen NSP der Jahre 1965, 1970 und 1975 konnten nachträglich eruiert werden. 1977, 1983 und 1992 erschienen amtliche Sonderpublikationen, die bis 1948 zurückreichende Angaben zur Verteilung und Verwendung des schweizerischen Volkseinkommens enthalten.
An der Forschungsstelle für schweizerische Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Zürich und am St. Galler Zentrum für Zukunftsforschung sind Schätzreihen kreiert worden, die über die branchenweise Entwicklung der BWS in den Jahren 1851-1960 und 1960-1990 unterrichten (Quantitative Methoden).