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Turbinen

Turbinen sind Strömungsmaschinen zur Produktion von Energie. Sie übertragen die kinetische Strömungsenergie von Wasser, Dampf oder Gas in eine Drehbewegung des Laufrads. Die wesentlichen Bauteile der Turbine sind das Laufrad, der Leitapparat zum Ausrichten der Strömung auf das Laufrad und der Diffusor. Die mechanische Energieübertragung erfolgte zunächst über Seile, Riemen oder Zahnräder.

Zur Zeit der Kontinentalsperre 1806-1814 begann Escher, Wyss & Cie. in Zürich die Wasserturbinen für den Antrieb der Spinnmaschinen selbst zu bauen. Für mittlere Fallhöhen und grosse Wassermengen kamen in der Schweiz ab Mitte des 19. Jahrhunderts Francisturbinen (1849) zur Anwendung. Es folgten Freistrahlturbinen, die Vorläufer der Peltonturbine (1880), für grosse Fallhöhen. Maschinen bis 600 PS Leistung erzielten einen guten Absatz. Eine technologische Weiterentwicklung der Turbinen trat ein, als die Maschinenfabrik Oerlikon auf der Frankfurter Ausstellung 1891 die Übertragung von Strom über grosse Distanzen mit nur kleinen Verlusten vorführte. Dieser wurde von einem turbinengetriebenen Generator produziert. Elektrizitätswerke entstanden, für die grosse Wasserturbinen zu liefern waren (Elektrizitätswirtschaft). Escher, Wyss & Cie. erwarben eine Lizenz für die Kaplanturbine (1913), die damals jüngste Entwicklung der Wasserturbinen, und mithilfe zusätzlicher eigener Forschungsarbeiten entstanden Turbinen für Flusskraftwerke mit Laufraddurchmessern bis zu 7,4 m. In Genf produzierten die Ateliers des Charmilles SA (Charmilles Technologies) ab 1921 Wasserturbinen, 1981 übernahmen die Ateliers de Constructions Mécaniques de Vevey die Produktion dieser Maschinen. In Kriens baute die Bell Maschinenfabrik AG ab 1859 Jonvalturbinen für den Antrieb von Textilmaschinen und später vor allem Peltonturbinen für Elektrizitätswerke.

Seite aus der Schweizerischen Bauzeitung (Band 28, 1896) mit verschiedenen Turbinen und Regulatoren, welche die Maschinenfabrik Theodor Bell & Cie. aus Kriens an der Landesausstellung in Genf 1896 präsentierte (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv).
Seite aus der Schweizerischen Bauzeitung (Band 28, 1896) mit verschiedenen Turbinen und Regulatoren, welche die Maschinenfabrik Theodor Bell & Cie. aus Kriens an der Landesausstellung in Genf 1896 präsentierte (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv).

Die ersten Dampfturbinen entwickelten der Schwede Carl Gustav Patrik de Laval 1883 und der Engländer Charles Parsons 1884. Nachdem Escher, Wyss & Cie. ab 1837 Dampfmaschinen gebaut hatte, entwickelte die Firma ab 1903 auf Initiative von Heinrich Zoelly die Dampfturbine weiter. Im Bereich der Hochdruck-Dampfturbinen leistete das Unternehmen Pionierarbeit. BBC (Asea Brown Boveri) in Baden begann 1900 mit der Entwicklung von Dampfturbinen und stellte 1901 die erste Dampfturbine auf dem Kontinent fertig. Basierend auf der Erfindung von Alfred Büchi präsentierte BBC 1923 den Turbolader, der den Wirkungsgrad von Dieselmotoren erhöhte. An der ETH in Zürich wirkte Aurel Stodola wegweisend beim Bau von thermischen Turbomaschinen und prägte eine Generation von Ingenieuren.

Unter Curt Keller (zusammen mit Jakob Ackeret von der ETH Zürich) begann bei Escher, Wyss & Cie. 1935 die Entwicklung einer Gasturbine mit geschlossenem Kreislauf, der sogenannte AK-Anlage. Ein Innovationsschub folgte 1937 bei BBC mit der weltweit ersten marktreifen Gasturbine für die USA, die massgeblich von den Ingenieuren Adolf Meyer und Claude Seippel entwickelt wurde. 1939 lieferte BBC eine Gasturbine an das britische Luftfahrtministerium und stellte an der Landesausstellung in Zürich eine weitere aus. 1940 setzte das Kraftwerk Neuenburg die erste Gasturbine mit 4 MW Leistung ein. Beeindruckt vom Erfolg der BBC begann auch die Firma Sulzer in Winterthur auf Anraten von Walter Traupel mit der Entwicklung einer Gasturbine mit halboffenem System. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand die Gasturbine als Flugzeugantrieb breite Anwendung. Bei stationären Anlagen wird sie wegen ihrer Schnellstartfähigkeit als Kraftwerksreserve eingesetzt und in Kombikraftwerken gewann sie zunehmend an Bedeutung. Der seit 1960 laufende Konzentrationsprozess in der schweizerischen Maschinenindustrie führte zum Verkauf der gesamten schweizerischen Turbinenproduktion. Die Wasserturbinenproduktion ging an die österreichische Andritz Hydro, die Gasturbinen- und Dampfturbinenproduktion an die französische Alstom.

Quellen und Literatur

  • H. Sitterding, «Gesch. des Turbomaschinenbaues in schweiz. Perspektive», in NZZ, 22.6.1955
  • N. Lang, Aurel Stodola (1859-1942), 2003
Weblinks

Zitiervorschlag

Jürgen Luder: "Turbinen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.11.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013888/2012-11-29/, konsultiert am 16.04.2024.