de fr it

Hausierer

Kolporteure

Der Krämer. Holzschnitt aus dem Ständebuch von Jost Ammann, 1568 (Schweizerische Nationalbibliothek).
Der Krämer. Holzschnitt aus dem Ständebuch von Jost Ammann, 1568 (Schweizerische Nationalbibliothek).

H. und Wanderhändler (Fahrende) durchzogen die Schweiz spätestens seit dem ausgehenden MA. Sie transportierten ihre Waren selbst und boten sie an den Haustüren der Konsumenten oder auf Messen und Märkten feil (Kleinhandel). Im Unterschied zu den Handelsreisenden waren sie gewöhnlich nicht von einem Unternehmen abhängig; sie konnten allein oder auch innerhalb gut strukturierter Verbände arbeiten. Die H. sind nur schwer von den wohlhabenderen Händlern, aber auch von den Wanderarbeitern zu unterscheiden: Im 18. Jh. verkauften z.B. Tessiner Kaminfeger ebenfalls Stoffe. Während des ganzen Ancien Régime versuchten die Kantone und ihre zugewandten Orte vergeblich, die von den sesshaften Händlern als Konkurrenz empfundene Hausiererei zu reglementieren. So ordnete Bern mehrere Male die Ausweisung der fremden H. aus seinem Territorium an (v.a. 1578, 1603, 1672), wollte 1761 gar jegl. Hausiererei untersagen und erliess 1785 ein allg. Reglement, das dem Kommerzienrat die Kompetenz zur Ausstellung der Patente gab.

Ein fliegender Händler in der Nähe von Sumiswald im Kanton Bern. Fotografie von Ernst Brunner, um 1940 (Schweizerisches Institut für Volkskunde, Basel).
Ein fliegender Händler in der Nähe von Sumiswald im Kanton Bern. Fotografie von Ernst Brunner, um 1940 (Schweizerisches Institut für Volkskunde, Basel).

Vom MA bis ins 16. Jh. kamen die H. meist aus den Alpen, etwa aus Savoyen oder dem Aostatal. Spätestens seit dem 17. Jh. entwickelte sich die Hausiererei auch in andern Regionen, so in Deutschland (wichtig für die Schweiz v.a. der Schwarzwald und Schwaben), in der ital. Seenregion und, als Handelsgebiet der jüd. H., im Elsass, in Süddeutschland und im Vorarlberg. Im 17. und 18. Jh. entwickelte sich die einheim. Hausiererei: Juden aus Endingen oder Lengnau (AG) durchzogen die Schweiz und die benachbarten Regionen, während Heimhandwerker ihre Produkte in einem engeren Umkreis feilhielten. Das Warenangebot der H. war äussert vielfältig: Mercerie, Stoffe und Kleider, Eisen-, Holz- oder Glaswaren, Stiche, Bücher, Tinte, Federn usw. Zur Zeit der Helvetik (1798-1803) war die Hausiererei sehr streng geregelt, denn das Direktorium befürchtete, durch sie würde konterrevolutionäre Propaganda verbreitet. Während im Ancien Régime mehrere H. zu Reichtum gelangt waren, verarmten ihre Nachfolger im 19. Jh. infolge der Konkurrenz durch neue Handelsformen (Läden, Einkaufszentren) immer mehr. Im 20. Jh. verschwand die Hausiererei zusehends.

Quellen und Literatur

  • SSRQ VD, C/I
  • C. Maistre et al., Colporteurs et marchands savoyards dans l'Europe des XVIIe et XVIIIe siècle, 1992
  • L. Fontaine, Histoire du colportage en Europe (XVe-XIXe siècle), 1993
  • Wanderhandel in Europa, hg. von W. Reininghaus, 1993
  • M. Volaucnik-Defrancesco, Arme und Hausierer in der jüd. Gem. von Hohenems, 1800-1860, 1993
  • A. Radeff, Du café dans le chaudron: économie globale d'Ancien Régime (Suisse occidentale, Franche-Comté, Savoie), 1996, 193-214
  • A. Radeff, «De Gênes à Amsterdam : voyage et consommation à l'époque de la République helvétique», in Histoire de la société de consommation, 1998, 85-100
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne Radeff: "Hausierer", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.11.2009, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014033/2009-11-05/, konsultiert am 09.12.2024.