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JakobSchmidlin

Jakob Schmidlin vor seiner Hinrichtung. Hinterglasmalerei eines unbekannten Künstlers, Ende 18. Jahrhundert (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung).
Jakob Schmidlin vor seiner Hinrichtung. Hinterglasmalerei eines unbekannten Künstlers, Ende 18. Jahrhundert (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung). […]

11.3.1699 Hergiswil bei Willisau, 27.5.1747 Luzern, katholisch. Sohn des Hans Ulrich, Kleinbauern, und der Barbara Bossert. 1) 1723 Katharina geborene Schmidlin, Tochter des Hans Jost, der Ketzerei verdächtigten Müllers, 2) 1745 Elisabeth Grüter. Jakob Schmidlin wuchs als Verdingkind unter anderem auf dem Hof von Augustin Salzmann in Ruswil auf. Ab 1732 wohnte er auf dem Heimwesen Sulzig ob Werthenstein, wurde daher Sulzjoggi genannt und ging unter diesem Namen in die Literatur ein. Er arbeitete als Knecht, Kleinbauer, Küfer und Fuhrmann. Trotz geringer Schulbildung scheint Schmidlin schon früh die Bibel und evangelische Erbauungsliteratur gelesen zu haben. Bei Aufenthalten in Basel, Schaffhausen und im Emmental kam er in Kontakt mit pietistischen Kreisen. Im Mai 1739 wurde Schmidlin in Luzern erstmals wegen Ketzerei verhaftet, der Prozess ging jedoch für alle vier Angeklagten straffrei aus. Die Bewegung breitete sich danach im Luzernischen noch stärker aus. Schmidlin leitete 1742 in der Region Gebetsversammlungen und Bibelstunden, ohne den Besuch des katholischen Gottesdienstes zu vernachlässigen. Ende 1746 wurde er mit weiteren Anhängern seines Kreises zum zweiten Mal verhaftet und über längere Zeit, teilweise unter Folter, verhört. In einem geistlichen Gutachten wurde darauf Häresie festgestellt. Wegen Abfalls vom katholischen Glauben, Verbreitung schädlicher Lehren und glaubenswidriger Schriften, Briefwechsels mit Andersgläubigen, Teilnahme an nichtkatholischen Gottesdiensten, Abhaltung verbotener Zusammenkünfte und weiterer Anschuldigungen wurde Schmidlin vom Luzerner Rat zum Tod durch Erwürgen zur anschliessender Verbrennung verurteilt und sein Wohnhaus zerstört. Die über 80 weiteren Angeklagten wurden verbannt oder mit Haft und Galeere bestraft. Der Ketzerprozess gegen Schmidlin war der erste in Luzern seit der Hinrichtung von Martin Duvoisin 1608. Trotz beginnender Aufklärung wurde – zum Schutz der Staatsreligion – in Zusammenarbeit von Staat und Kirche der im Gebiet Ruswil-Werthenstein aufblühende gemässigte Pietismus gewaltsam bekämpft.

Quellen und Literatur

  • T. Michel, «Der letzte Ketzerprozess in der Schweiz», in Popularia 8, 1989, Nr. 7, 11-15; Nr. 8, 13-16; Nr. 9, 13-16
  • H. Wicki, Staat, Kirche, Religiosität, 1990, 127-144
Von der Redaktion ergänzt
  • Emmenegger, Gregor: Kirche, Macht und der letzte Ketzer. Der Fall Jakob Schmidli 1747, 2022.
Weblinks
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Kurzinformationen
Variante(n)
Sulzjoggi (Übername)
Lebensdaten ∗︎ 11.3.1699 ✝︎ 27.5.1747

Zitiervorschlag

Markus Lischer: "Schmidlin, Jakob", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.10.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014486/2012-10-18/, konsultiert am 25.04.2024.