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Ausverkauf der Heimat

Plakat der Gegner des Volksbegehrens gegen die Bodenspekulation, das am 2. Juli 1967 zur Abstimmung kam (Plakatsammlung der Schule für Gestaltung Basel, Münchenstein).
Plakat der Gegner des Volksbegehrens gegen die Bodenspekulation, das am 2. Juli 1967 zur Abstimmung kam (Plakatsammlung der Schule für Gestaltung Basel, Münchenstein).

Fragen der Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften (Ausländer) und des Zustroms von ausländischen Vermögen auf den schweizerischen Immobilienmarkt stärkten in den 1960er und 1970er Jahren die Nationale Aktion gegen die Überfremdung (NA, Schweizer Demokraten) und die daraus hervorgegangene, von James Schwarzenbach 1970 gegründete Republikanische Bewegung (Fremdenfeindlichkeit). Die spekulative Nachfrage nach Boden (Bodenmarkt) bewirkte auch eine Verteuerung der Mieten, was in der Schweiz wegen der grossen Zahl von Mietverhältnissen ein besonderes Politikum war. Am 2. Juli 1967 wurde das von der NA unterstützte Volksbegehren gegen die Bodenspekulation mit 397'303 Nein gegen 192'991 Ja zwar deutlich verworfen, doch wiesen alle Grossstädte annehmende Mehrheiten auf und das Problem verschärfte sich. Die NA machte die Bodenfrage (Grundbesitz) zu ihrem politischen Streitthema. Zwar hatte der Bund bereits 1961 für den Immobilienverkauf an nicht in der Schweiz niedergelassene Ausländer eine Bewilligungspflicht eingeführt (Lex von Moos), doch litt diese an föderativen Vollzugsdefiziten und lief 1982 aus. 1961-1980 wurden 57'678 Bewilligungen zum Verkauf von 5809 ha Boden an Ausländer zum Preis von 13 Mrd. Franken erteilt und die Bodenfrage löste im Bundesparlament 60 Vorstösse aus. Für Valentin Oehen, den Wortführer der NA, drohte ein «Ausverkauf der Heimat».

Die 1978 von der NA lancierte eidgenössische Volksinitiative «gegen den Ausverkauf der Heimat» wollte einen vollständigen Bewilligungsstopp für Grundstücks- und Ferienwohnungsverkäufe an nicht in der Schweiz niedergelassene Ausländer in der Bundesverfassung verankern. Am 20. Mai 1984 kam die Initiative zur Abstimmung. Obwohl mit dem 1983 verschärften Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, der sogenannten Lex Friedrich (Nachfolgerin der Lex von Moos bzw. der Lex Furgler), ein indirekter Gegenvorschlag vorlag, erreichten die Initianten mit 48,9% Ja-Stimmen (42,5% Stimmbeteiligung) einen überraschenden Erfolg. Die Schweiz war gespalten, denn die deutschschweizerischen Mittellandkantone stimmten dem protektionistischen Begehren mehrheitlich zu, während die Westschweizer Kantone, das Tessin, die Innerschweiz und die meisten Tourismusregionen Nein sagten. Die bürgerlichen Parteien und die SP hatten die Initiative aus aussenpolitischen Erwägungen, aber auch mit Rücksicht auf regionale Interessen der Bauwirtschaft und des Tourismus zur Ablehnung empfohlen.

An der Wende zum 21. Jahrhundert bekam das Thema Überfremdung des einheimischen Bodens aufgrund der Diskussionen um die Abänderung der Lex Friedrich (sogenannte Lex Koller, 1997 in Kraft getreten), die Auswirkungen des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU 1999, die Aufhebung der Lex Koller (Botschaft des Bundesrats von 2007) und die 2010 vom Parlament verabschiedeten flankierenden Massnahmen zum Raumplanungsgesetz neuen Aufwind.

Quellen und Literatur

  • M. Schuler et al., Strukturatlas der Schweiz, 1997, 238 f.
  • H. Geissmann, Grundstückerwerb in der Schweiz durch Personen im Ausland, 1998
Weblinks
Kurzinformationen
Kontext Lex Friedrich, Lex Furgler, Lex von Moos

Zitiervorschlag

Leonhard Neidhart: "Ausverkauf der Heimat", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017357/2015-01-29/, konsultiert am 12.09.2024.