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NiccolòMachiavelli

Titelseite einer Quartedition seiner Werke mit dem Porträt des Autors und Erscheinungsjahr 1550, publiziert in Genf in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Universitätsbibliothek Basel).
Titelseite einer Quartedition seiner Werke mit dem Porträt des Autors und Erscheinungsjahr 1550, publiziert in Genf in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Universitätsbibliothek Basel). […]

3.5.1469 Florenz, 22.6.1527 Florenz. Aus angesehener, doch wirtschaftlich abgesunkener Fam., amtierte M. 1498-1512 als Sekr. der Florentiner Stadtregierung, v.a. der zweiten, für Militär und Aussenpolitik zuständigen Kanzlei. Als solcher reiste er, ohne weiterreichende eigene Kompetenzen, doch als Rat- und Ideengeber geschätzt, mehrfach ins ital. und europ. Ausland, so 1507-08 nach Deutschland und auf dem Weg dorthin über Genf und Konstanz durch die Schweiz (Bericht darüber 1508, überarbeitet 1512). Nach der Rückkehr der Medici-Hauptlinie an die Macht in Florenz 1512 politisch kaltgestellt, zog sich M. in die intensive theoret. Beschäftigung mit Politik und Geschichte zurück. In drei Haupttexten, den "Betrachtungen über die ersten zehn Bücher des Livius" (ital. "Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio" ab 1513), der "Kriegskunst" ("I sette libri dell'arte della guerra" 1521) und dem Briefwechsel mit Francesco Vettori, kommt der - von M. seit ihrem Sieg bei Novara am 6.6.1513 mit grösstem Interesse beobachteten - Eidgenossenschaft die zentrale Funktion zu, die Gültigkeit der altröm. Erfolgsregeln für Politik und Kriegführung in der Gegenwart zu belegen. Diese Vorbildhaftigkeit gilt für die Kampftechnik der Infanteriephalanx, für die notwendige Wesenseinheit von Bürger und Soldat, für die Religion als inneres Festigungsmittel des Staates sowie v.a. für die Selbstisolierung von den erschlaffenden und auflösenden Einflüssen der humanistisch-individualistisch geprägten Elitenkultur Italiens, dessen Eroberung durch die Schweiz nach Art der Römer M. im Brief vom 26.8.1513 an Vettori prophezeite. Dieser Mythos einer archaisch ländlichen, meritokratisch-klientelfreien, patriotisch-wehrhaften Eidgenossenschaft wirkt in deren Eigen- und Fremdwahrnehmung bis heute nach.

Quellen und Literatur

  • F. Scorretti, Machiavel et les Suisses, 1942
  • L. von Muralt, M.s Staatsgedanke, 1945, 125-146
  • V. Reinhardt, «M.s helvet. Projektion», in SZG 45, 1995, 301-329
  • B. Wicht, L'idée de milice et le modèle suisse dans la pensée de Machiavel, 1995
  • V. Reinhardt, «Virtuelle Schweiz - Diskurs über die Eidgenossenschaft im Italien des frühen 16. Jh.», in Schweiz. Kirchenztg. 174, 2006, Nr. 51/52, 873-876
  • DBI 67, 81-97
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VIAF
Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 3.5.1469 ✝︎ 22.6.1527

Zitiervorschlag

Volker Reinhardt: "Machiavelli, Niccolò", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.08.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/018699/2008-08-11/, konsultiert am 29.03.2024.