de fr it

vonNellenburg

Grafengeschlecht des 9.-12. Jahrhunderts, dessen Güter und Rechte sich vor allem im Thur- und Zürichgau sowie im Klettgau und Hegau konzentrierten. Da die namengebende Stammburg Nellenburg erst 1056 belegt ist, werden die Nellenburger davor nach ihrem Leitnamen Eberhardinger benannt. Über ihre Herkunft und ihre frühe Genealogie sind viele Fragen offen. Ihr früher Besitz im Klettgau verweist auf einen Zusammenhang mit den Gerolden, eventuell auch mit den Hunfriden. Der vermutlich erste Vertreter der Familie war Eberhard, 889 Graf im Zürichgau (möglicherweise identisch mit dem wohl von den Etichonen abstammenden Eberhard). Dessen mutmassliche Tochter Reginlinde (958), verheiratet mit Herzog Burkhart von Schwaben und nach dessen Tod 926 mit seinem Nachfolger Herzog Hermann, pflegte eine enge Beziehung zum Kloster Einsiedeln. Bis Mitte des 11. Jahrhunderts waren die Nellenburger Vögte des Klosters. Die bedeutende Stellung der Familie zeigt sich darin, dass sie nach 950 auch wiederholt das Grafenamt im Thurgau und die Reichsvogtei von Zürich innehatte und sich regelmässig im engeren Umfeld des Königs bewegte. Nach dem Verlust der Vogtei Einsiedeln 1029 verlagerte sie den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten immer mehr an den Hochrhein. So stiftete Eberhard (->) nach 1034 auf dem Friedhof des Klosters Reichenau eine Kirche als Grablege für seinen Vater und seine Brüder. In Schaffhausen, wo er ab 1045 das Münzrecht besass, stiftete er 1049 zusammen mit seiner Frau Ita das Kloster Allerheiligen. Weil sich die Familie im Investiturstreit mehrheitlich auf die Seite der papsttreuen Reformbewegung gestellt hatte (Eggehard ->), entzog ihr Kaiser Heinrich IV. 1078 die Grafschaft Zürichgau und die Reichsvogtei. 1101/1102 starb als letzter Nellenburger Itas und Eberhards Sohn Burkhard. Haupterben waren seine Verwandten (Neffen?) Dietrich von Bürglen und Adalbert von Morisberg. 1170 übernahmen die Grafen von Veringen die Grafschaft Nellenburg, nach der sie sich in der Folge auch benannten. Deren Erben verkauften die Grafschaft 1461 an Herzog Sigismund von Habsburg. Streitigkeiten um den ehemaligen Besitz der Nellenburger sollten zum Teil erst im 13. Jahrhundert geklärt werden.

Quellen und Literatur

  • K. Hils, Die Gf. von Nellenburg im 11. Jh., 1967
  • GHS 4, 179-204, (mit Stammtaf.)
  • E. Hlawitschka, Unters. zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jh. und zur Adelsgesch. Süddeutschlands, 1987, v.a. 163-168
  • A. Zettler, Die frühen Klosterbauten der Reichenau, 1988, 118-127
  • E. Eugster, Adlige Territorialpolitik in der Ostschweiz, 1991, 22-37, 93-95
  • LexMA 6, 1087 f.
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF

Zitiervorschlag

Martin Leonhard: "Nellenburg, von", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.01.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019527/2011-01-04/, konsultiert am 21.04.2024.