Nach dem Ortsnamen Torre (heute Gemeinde Blenio) benannte, hochadlige Familie aus dem Bleniotal, wo sie reich begütert war. Sie besass vor allem in Olivone bedeutende Allmend- und Alprechte sowie Anteile am Patronatsrecht der Kirche St. Martin und gehörte wohl zu den 1136 erwähnten vicini maiores. Als Erster der Familie ist 1104 Guido sicher fassbar, als iudex de Turre, d.h. als Schöffe (beisitzender Urteiler) im Dinggericht, das jedes Jahr in Sala bei Semione unter den Domherren von Mailand als Hoheitsträgern tagte. Mit Alcherio (->), dem Vogt und Inhaber der Grafschaft Blenio, erreichte das Geschlecht den Höhepunkt seiner politischen Macht; für kurze Zeit hatte er eine hochadlige Stellung inne. Standesgemässe Heiratsverbindungen bestanden vor allem mit den Freiherren von Sax-Misox, den Orelli von Locarno und den della Torre von Mendrisio. Zweifelhaft ist die auf mehrdeutige Verwandtschaftsbegriffe (patruus und nepos) gestützte Annahme, Albert, ein Sohn Alcherios, habe eine Erbtochter der Sax-Misox geheiratet, deren Namen übernommen und eine zweite Linie dieser rätischen Dynastie begründet. Die unbestrittene Verschwägerung der beiden Familie stärkte die Bewacher der südlichen Lukmanier- und San Bernhardinoroute. Auch die Wahl Reinhers (->) 1194 zum Bischof von Chur spricht für das hohe Ansehen des Geschlechts.
Ab dem 13. Jahrhundert suchten die da Torre ihr Auskommen in den regionalen und kommunalen Einrichtungen: Sie behaupteten sich vor allem als Notare und Richter in der Führungsschicht der Nachbarschaften und der Talgemeinde Blenio. Der in Lumbrein wohnhafte Johannes verkaufte 1298 Mitgliedern seines Familienverbands die Hälfte seiner Güter im Bleniotal für 125 Pfund. Zum Abstieg trugen der durch erstarkte Nachbarschaften erzwungene Verkauf der Alprechte, die Verzweigung des Familienverbands und die Ausstattung für die verheirateten Töchter bei.