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Miville

Ursprünglich aus Savoyen stammendes, ab dem 16. Jahrhundert in Genf und Basel bezeugtes Bürger- und in Basel auch Ratsgeschlecht, unter anderem im kolonialen Handel, in der Seidenfärberei sowie in fremden Diensten aktiv.

Porträts und Wappen der Familie Miville. Kollage auf Holz, um 1850, ca. 80 x 60 cm, Schwarz-Weiss-Abzug um 1941 (Historisches Museum Basel, Legs Julie Schaub, Inv. 1941.97.1-46).
Porträts und Wappen der Familie Miville. Kollage auf Holz, um 1850, ca. 80 x 60 cm, Schwarz-Weiss-Abzug um 1941 (Historisches Museum Basel, Legs Julie Schaub, Inv. 1941.97.1-46). […]

Die im Zuge religiöser Verfolgungen aus Savoyen geflüchtete Familie Miville erwarb mit Jaques Miville 1569 in Genf und mit dessen Sohn Jakob Miville 1606 in Basel das Bürgerrecht. Als Grosshändler von Kolonialwaren aus Übersee, der vor allem Apotheken belieferte, gelangte Jakob Miville zu Vermögen und Ansehen (Kolonialismus). Sein aus der Ehe mit Maria Schwarz (1592-1667) stammender Sohn Abraham Miville (1622-1661) wechselte ins Seidenfärbergewerbe (Seide) und begründete damit eine Familientradition in diesem florierenden, vor allem von Refugianten (Protestantische Glaubensflüchtlinge) betriebenen Industriezweig. Auf ihn folgten sein Sohn aus der Ehe mit Ursula Meyer zum Pfeil (1624-1710), Achilles Miville (1653-1726), sowie einige seiner weiteren Nachkommen. Achilles' Bruder Nikolaus Miville (1657-1735) übte den Beruf des Wundarztes respektive des Baders (Handwerkschirurgen) aus, dem die Miville fortan ebenfalls häufig nachgingen. Mit anderen namhaften Basler Familien, u.a. den Fischer, Socin, Stähelin und Iselin, waren die Miville seit dem 17. Jahrhundert mehrfach verschwägert. Dies ermöglichte den Männern den Aufstieg in die politisch einflussreichen Kreise. Für die Frauen der Familie bedeutete es, dass sie häufig an der Seite ihrer Ehemänner in ähnlichen Berufsfeldern, etwa in Apotheken (Apotheker), im Handel und teilweise auch im Handwerk tätig waren.

Wie aus anderen Basler Familien traten auch Angehörige der Miville im 17. und 18. Jahrhundert in fremde Kriegsdienste ein. Quellen berichten von einem Isaak Miville, der Kommandant des 1653 von der schwedischen Afrika-Kompanie erbauten Sklavenhandelsforts Cape Coast (Ghana) war (Sklaverei). Bei ihm handelte es sich vermutlich um den 1628 geborenen zweiten Sohn von Jakob Miville und Maria Schwarz, der sich bereits in jungen Jahren in schwedische Dienste begeben hatte. Isaak Miville war damit als einer der ersten Schweizer in den transatlantischen Sklavenhandel involviert (Überseehandel). Über seine genaue Tätigkeit und seine weiteren Beziehungen zu Basel ist bislang allerdings wenig bekannt. Auch Nikolaus Miville (1718-1791), wie sein gleichnamiger Vater zunächst Wundarzt, schlug eine militärische Laufbahn ein und kämpfte als Offizier im neapolitanischen und spanischen Heer. Die dort erworbenen militärischen Fähigkeiten stellte er nach seiner Rückkehr 1745 u.a. als Gründer der Freikompanie, in der sich Basler Bürger im Kriegswesen übten, und als Major der Landmiliz in den Dienst seiner Heimatstadt. Als Stadtmajor reformierte und modernisierte er das Basler Polizeiwesen. Einer der letzten Miville in fremden Kriegsdiensten war Leonhard Miville (1785-1830), der Bruder des Landschaftsmalers Jakob Christoph Miville, der in der französischen Legion am Russlandfeldzug Napoleons (Koalitionskriege) teilnahm.

Das Haus zum Silberberg in Basel, im 18. Jahrhundert Eigentum des Seidenfärbers Johann Jakob Miville. Links: Hauptfassade, Fotografie von Alfred Wehrli, 1937; rechts: Hofseite, Fotografie, um 1930 (Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 4119 et 4616).
Das Haus zum Silberberg in Basel, im 18. Jahrhundert Eigentum des Seidenfärbers Johann Jakob Miville. Links: Hauptfassade, Fotografie von Alfred Wehrli, 1937; rechts: Hofseite, Fotografie, um 1930 (Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 4119 et 4616). […]

In der Religionsgeschichte Basels spielte die Familie ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Bader Hans Ulrich Miville (1723-1759) exponierte sich Mitte des 18. Jahrhunderts – unterstützt von seiner Ehefrau Magdalena Strasser (1728-1757) – publizistisch als radikaler Pietist (Pietismus). In den sogenannten Separatistenprozessen wurde er inhaftiert und ausgewiesen, später jedoch begnadigt. Andere Familienangehörige amtierten als Pfarrer in städtischen Kirchen. Johann Friedrich Miville (1754-1820), Pfarrer an der Kirche St. Elisabeth, Rektor des Gymnasiums und Theologieprofessor, setzte sich in der Helvetik als Mitglied des Basler Erziehungsrats für eine Bildungsreform ein. Johann Jakob Miville (1812-1897) war Pfarrer an der Kirche St. Peter.

Seit dem 17. Jahrhundert hatten Angehörige der Miville Ämter in der Stadtverwaltung, in der Kleinbasler Gesellschaft zum Greifen sowie in den Zünften zu Safran und zu Gartnern inne. 1772 wurde der Stadtmajor Nikolaus Miville als erster der Familie Mitglied des städtischen Grossen Rats. Ihm folgte 1776 der Kaufmann Johann Ulrich Miville (1749-1792), der 1786 in den Kleinen Rat gelangte. Auch im 19. und 20. Jahrhundert wurden Familienangehörige in stadtpolitische Ämter gewählt. In der nationalen Politik tätig waren Carl Miville und dessen gleichnamiger Sohn Carl Miville als Nationalräte sowie letzterer auch als Ständerat.

Quellen und Literatur

  • Koelner, Paul: Die Safranzunft zu Basel und ihre Handwerke und Gewerbe, 1935.
  • Schweizerisches Geschlechterbuch, Bd. 6, 1936, S. 406-411.
  • Wanner, Gustav Adolf: Die Basler Handels-Gesellschaft A.G., 1859-1959, 1959.
  • Miville-Seiler, Carl: «Die Miville», in: Jahrbuch E.E. Zunft zu Gartnern Basel, 1996, S. 20-23.
  • Hebeisen, Erika: «Leidenschaftlich fromm». Die pietistische Bewegung in Basel 1750-1830, 2005.
  • Ackermann, Hans Christoph; Herlach, Katja (Hg.): Jakob Christoph Miville 1786-1836. Ein Basler Landschaftsmaler zwischen Rom und St. Petersburg, 2014 (Ausstellungskatalog).

Zitiervorschlag

Daniel Sidler: "Miville", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.11.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020980/2024-11-25/, konsultiert am 26.03.2025.