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JeanTinguely

Jean Tinguely im Gespräch mit seiner Frau Niki de Saint Phalle während einer Vernissage in der Galerie Bischofberger in Zürich, September 1979 © KEYSTONE/Photopress.
Jean Tinguely im Gespräch mit seiner Frau Niki de Saint Phalle während einer Vernissage in der Galerie Bischofberger in Zürich, September 1979 © KEYSTONE/Photopress.

22.5.1925 Freiburg, 30.8.1991 Bern, katholisch, von La Roche, Pont-la-Ville und Basel, ab 1985 Ehrenbürger von Freiburg. Sohn des Charles Célestin, Magaziners, und der Jeanne Louise geborene Ruffieux. 1) 1951 Eva Aeppli, 2) 1971 Niki de Saint Phalle. Primar- und Realschule in Basel, 1941-1944 Lehre als Dekorateur, 1943-1945 Kurse an der Kunstgewerbeschule Basel. Schaufensterdekorateur in Basel. Jean Tinguely trat 1945 in die Partei der Arbeit ein, bewegte sich ab 1949 im Anarchistenkreis um Heiner Koechlin und begegnete 1949 Daniel Spoerri. 1952 übersiedelte er nach Paris. In kurzer Zeit entstanden hier einige seiner wichtigsten Werkgruppen, darunter 1954 erste kinetische Objekte, Drahtskulpturen und Reliefs sowie 1955 erste Zeichnungsmaschinen, Klangreliefs und Rotationsskulpturen. 1956 lernte er Niki de Saint Phalle kennen, 1958 befreundete er sich mit dem Maler Yves Klein, ab 1960 lebte er mit Niki de Saint Phalle zusammen und trat den Nouveaux Réalistes bei. Im selben Jahr baute Tinguely die erste autodestruktive Maschinenskulptur «Hommage to New York» im Hof des Museum of Modern Art in New York und führte erste Brunnenskulpturen aus. Die grossen Zerstörungsaktionen «Etude pour une fin du monde No. 1» 1961 in Humlebaek (Seeland, Dänemark) und «Study for the End of the World No. 2» 1962 in der Wüste nahe Las Vegas inszenieren die Landschaft lange vor der Land Art. 1960-1963 konstruierte er hauptsächlich Schrottskulpturen, darunter die exzentrischen Balubas und interaktive Radioskulpturen. An der Landesausstellung 1964 in Lausanne präsentierte Tinguely die schwarz bemalte Grossskulptur «Heureka» (heute am Zürichhorn). In der Reihe aufwendiger Nonsense- und Perpetuum-Mobile-Maschinen steht auch die grosse Werkgruppe der schwarzen Reliefs und Plastiken, zum Beispiel «Requiem pour une feuille morte» von 1967. Tinguely schuf immer wieder Grossskulpturen und Gemeinschaftswerke mit befreundeten Künstlern, darunter 1971-1994 «Le Cyclop», eine über 20 m hohe Plastik in Milly-la-Forêt bei Paris. Mit Niki de Saint-Phalle errichtete er die Brunnenanlage «Fontaine Igor Stravinsky» (1983) neben dem Centre Pompidou in Paris. In Basel inszenierte er das zugleich formbare, vielgestaltige und ephemere Element Wasser mit dem «Fasnachtsbrunnen» (1977) auf dem Theaterplatz. Ein charakteristisches Spätwerk ist der «Mengele-Totentanz» (1986), eine vielteilige Installation aus verbrannten Relikten und verbogenen Eisenteilen eines abgebrannten Bauernhofs, in der sich Todesthematik und politisches Bewusstsein verbinden. In seinen Werken reflektierte Tinguely das Verhältnis des Menschen zur Maschine und die menschliche Konditioniertheit mit Ironie, Parodie, Humor und Einfallsreichtum. 1996 wurde das von Mario Botta gebaute und von der Roche finanzierte Museum Tinguely in Basel eröffnet, in das seine Witwe über 50 Maschinenskulpturen und eine grosse Anzahl an Zeichnungen sowie Archivalien einbrachte. Unter anderem 1980 Kunstpreis der Stadt Basel, 1989 Dr. h.c. der Royal Academy of Arts in London.

Quellen und Literatur

  • K.G.P. Hultén, Jean Tinguely: Méta, 1972
  • Museum Jean Tinguely Basel: Die Slg., 1996
  • Jean le Jeune, Ausstellungskat. Basel, 2002
Weblinks
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VIAF
Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 22.5.1925 ✝︎ 30.8.1991

Zitiervorschlag

Roland Wetzel: "Tinguely, Jean", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/021966/2013-12-18/, konsultiert am 29.03.2024.