Rathäuser sind Amtsgebäude selbstverwalteter Siedlungen. Nach dem Siegel wurde das Rathaus zum zweiten Symbol kommunaler Autonomie (Stadt, Gemeinde). Vorgänger war meist eine Rats-, Gerichts- oder Bürgerstube (französisch poêle communal, poêle de la justice), wo Räte oder Urteilsfinder (Gerichtswesen) ungestört beraten sowie Bürger sich besprechen und gesellig zusammensitzen konnten. In Basel und Zürich gab es Rathäuser um die Mitte des 13. Jahrhunderts, in den übrigen grösseren Städten im 14. Jahrhundert, die ländlichen Hauptorte folgten dem städtischen Beispiel.
Als Haus der Gemeinschaft diente das mittelalterliche Rathaus ursprünglich vielen Zwecken: Sitzungen der Räte, des Gerichts, Repräsentation, Kanzlei, Gefängnis, Folterkammer, Zeughaus und Kornhaus, Kauf- und Waaghaus, Fleischschal (Metzgerei), Wirtschaft (Ratsmahlzeiten, Empfänge und Festlichkeiten der Bürger) und Tanzdiele, in der Innerschweiz sogar als Wäschetrocknungsraum. In grösseren Städten blieben bald nur die Kernfunktionen im Rathaus. Baulich enthielt das mittelalterliche Rathaus meist eine offene Halle im Erdgeschoss, nutzbar für Märkte und Urteilsverkündungen bei schlechtem Wetter, und eine oder mehrere Ratsstuben für die Versammlung der Räte in den Obergeschossen; die Stadthäupter sassen an der Fensterseite, die Ratsherren auf Bänken längs der Wände. Ferner gab es meist eine Küche sowie Diensträume.

Die ältesten erhaltenen Rathäuser in der Schweiz stehen in Bern (ab 1406), Baden (1497), Freiburg (als Kornhaus ab 1502), Basel (ab 1504), Zug (ab 1505), Rheinfelden (1531), Sursee und Stein am Rhein (ab 1538), Chur (um 1540) und Appenzell (ab 1561). Der Bautyp des Berner Rathauses machte bis ins Süddeutsche und Elsässische Schule. Frühe Ratsstuben haben sich in Genf (ab 1455), Mellingen (im Schweizerischen Landesmuseum Zürich) und Basel (ab 1512) erhalten. Im italienischen Sprachgebiet hat nur das Rathaus in Poschiavo die Zeiten überdauert. Oft wurden die Rathäuser mit Uhren und Glocken ausgestattet; die eigene Zeitmessung wurde zum dritten Symbol der kommunalen Autonomie. Im 16. Jahrhundert beanspruchten in grösseren Städten Ratsausschüsse und Verwaltung zusätzliche Räume: So wurden in Bern (ab 1526) und Basel (ab 1535) Kanzleien angebaut (Verwaltungsgebäude). Aus barockem Repräsentationsbedürfnis heraus wurden – oft stilverspätet – neue Rathäuser errichtet: Luzern (ab 1602), Schwyz (ab 1642), Sitten (ab 1657), Lausanne (ab 1673), Lenzburg (ab 1677), Zürich (ab 1694), Delsberg (ab 1742), Bischofszell (ab 1747), Winterthur (ab 1782), Neuenburg (ab 1784), Frauenfeld (ab 1790) und Zofingen (ab 1792). Selbst Dörfer bauten sich Rathäuser, wie das Gerichtshaus in Burgau in der Gemeinde Flawil (1639) oder das Zendenrathaus in Ernen (ab 1750).

Von der Innenausstattung haben sich insbesondere Öfen erhalten. An Möbeln sind noch Ratstische und Schultheissenthrone (Bern) vorhanden, vom übrigen Hausrat Zinnkannen und silberne, künstlerisch geformte Trinkgefässe (gestiftet durch Ratsmitglieder und benützt bei Mahlzeiten). Der Schmuck diente hauptsächlich der Selbstdarstellung: Wappen des Orts, seiner Verbündeten und Herrschaften, besonders als gegenseitig geschenkte Glasgemälde (erhalten u.a. in Basel); gemalte Darstellungen von Richter- und Herrschertugenden (auch als Mahnung) mit Beispielen aus der Bibel und der Antike oder als Allegorien, Schlachtenbilder und Veduten. Am bekanntesten sind die Bilder von Hans Holbein dem Jüngern im Basler Rathaus, von denen sich nur noch wenige Fragmente im Kunstmuseum Basel erhalten haben.
Im 19. Jahrhundert erfolgte in den meisten Stadtkantonen die Trennung von Kantons- und Stadtregierung, wobei meist die Stadtbehörde in andere, Stadthaus genannte Gebäude auswich. Die erhöhten Platzanforderungen der Demokratie (Parlamentssäle) und der Bedarf an zusätzlichen Verwaltungsräumen erforderten Anpassungen bei den Rathäusern der Hauptorte. Die Eidgenossenschaft errichtete sich 1852-1857 das Bundesrathaus (heute Bundeshaus West), für das Parlamentsgebäude (1894-1902) wurde der lateinische Begriff der Curia verwendet (Curia Confoederationis Helveticae). Die Rathausneubauten des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts folgten älteren Vorbildern: La Chaux-de-Fonds 1803, Altdorf ab 1805, Le Locle 1839, das Stadthaus Winterthur von Gottfried Semper 1865-1869, der Palazzo civico in Bellinzona von Enea Tallone 1924-1925. Moderne Bauten finden sich unter den zahlreichen Gemeindehäusern der Nachkriegszeit (Uster von Bruno Giacometti 1960-1962), die nach dem Vorbild der grösseren Städte oft auch als Rathäuser bezeichnet werden.