Unter Keynesianismus versteht man die auf John Maynard Keynes (1883-1946) zurückgehende makroökonomische Theorie sowie die darauf basierende Wirtschaftspolitik. Nach Keynes sorgt der Markt im Kapitalismus nicht von alleine für ein Gleichgewicht, d.h. für Vollbeschäftigung. In Krisen drosseln die Arbeitnehmer wegen erwarteter oder eingetretener Einkommenseinbussen, die infolge von Arbeitslosigkeit bis zum vollständigen Lohnverlust reichen können, den Konsum und Unternehmer wegen düsterer Gewinnaussichten die Investitionen. Der Staat soll durch Mehrausgaben die fehlende Nachfrage zum Teil ausgleichen; er darf dazu aber nicht die Steuern erhöhen, sondern muss, um unproduktive Ersparnisse abzuschöpfen, Kredite aufnehmen (deficit spending), die er – antizyklisch – im Aufschwung amortisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Keynesianismus zur systematischen Konjunkturtheorie, und seine verschiedenen Strömungen bildeten den Mainstream der Volkswirtschaftslehre (Wirtschaftswissenschaften). Ab den 1970er Jahren geriet er mit seiner binnenwirtschaftlichen Orientierung bei wachsender internationaler Verflechtung gegenüber neoliberalen Theorien (Neoliberalismus), zunächst vor allem gegenüber dem sich in den angelsächsischen Ländern durchsetzenden Monetarismus, zunehmend in die Defensive.
Während der Weltwirtschaftskrise gab es in der Schweiz entgegen einer weit verbreiteten Meinung keinen Keynesianismus. Die Massnahmen zur Arbeitsbeschaffung erfolgten auf sozialpolitischen Druck und erreichten bei weitem nicht das zur Ankurbelung der Wirtschaft nötige Ausmass. Die vor allem von gewerkschaftlicher Seite (Fritz Marbach, Max Weber) vorgebrachte theoretische Begründung basierte auf den damals geläufigen Unterkonsumtionstheorien. Diese waren nicht entfernt so schlüssig wie Keynes' «Allgemeine Theorie», die erst 1936 erschien und nicht rechtzeitig rezipiert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte der Keynesianismus zwar in der akademischen Lehre beachtliches Gewicht, nicht aber in der konkreten Wirtschaftspolitik. Die massgebenden Kräfte waren sich einig, Arbeitslosigkeit durch den Abbau ausländischer Arbeitskräfte zu bekämpfen (Puffertheorie). Deshalb wurden die für die Globalsteuerung notwendigen Instrumente nie ausgebaut. Die Beschäftigungsprogramme der 1970er, 1980er und 1990er Jahre blieben derart bescheiden, dass nicht von einer antizyklischen, sondern allenfalls von einer Abschwächung der prozyklischen Finanzpolitik gesprochen werden kann.