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Untervogt

Untervogt hiess in den Vogteien mehrerer eidgenössischer Orte wie Basel, dem bernischen Teil des Aargaus, der bernischen Waadt (lieutenant baillival), Freiburg, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, Schwyz, Zug und Zürich der lokale Vertreter des obrigkeitlichen Vogts für die ganze Vogtei (Amts-, Grafschaftsuntervogt) oder für einen Gerichtsbezirk derselben (Gerichtsuntervogt). Die Charge des (Amts-)Untervogts war das höchste einem Untertanen zugängliche Amt. Der Rat wählte den (Amts-)Untervogt meist aus mehreren vom Landvogt (Basel, bernischer Teil des Aargaus, Schaffhausen) oder den Amtsuntertanen (Zürich) vorgeschlagenen Kandidaten aus, die sich in früheren Ämtern bewährt hatten. Die Wahlen des Dreiervorschlags in den Zürcher Vogteien waren von Bestechungen begleitet. Der Untervogt vertrat den Landvogt als Vorsitzender im Niedergericht. Er amtierte als Urkundsperson, führte zivilgerichtliche Verfahren durch (Konkurse, Ganten, Inventuren, Erbteilungen) und wirkte mit seiner Anzeige- und Untersuchungstätigkeit in der Strafverfolgung mit. Er wurde zu manchen "policeylich-administrativen" Aufgaben herangezogen (Einzug von Steuern und Abgaben, statistischen Erhebungen, Berichte). Als Vertrauensmann der Obrigkeit und als wichtigstes lokales Ausführungsorgan hatte er für den Vollzug der obrigkeitlichen Mandate zu sorgen. Sein enger Umgang mit dem Landvogt prädestinierte ihn zwar zum Interessenvertreter von Gemeinden und Untertanen, setzte ihn aber auch Loyalitätskonflikten aus. Attribute seiner Autorität waren häufig die Amtstracht in den Standesfarben (wie in Zürich) und üblicherweise ein Ehrensitz in der Kirche. Er wurde mit einem geringen Fixlohn, Naturalabgaben, Nutzungsrechten sowie Gebühren entschädigt. Im Allgemeinen blieb er lebenslänglich im Amt, die Absetzung – meist infolge sittlich-moralischen Fehlverhaltens – erfolgte selten. Die Untervögte rekrutierten sich häufig aus der Gruppe der lokal einflussreichen städtischen Honoratioren (meist auch die lieutenants baillivaux in der Waadt) oder der wohlhabenden Bauern, Müller und Wirte, obwohl die Wahl von Müllern und Wirten zum Teil durch Mandate verboten war (Basel-Stadt, Zürich). Im 17. und 18. Jahrhundert war die faktische Vererbung des Amtes innerhalb einer Familie nicht selten.

Quellen und Literatur

  • E.W. Kunz, Die lokale Selbstverwaltung in den zürcher. Landgem. im 18. Jh., 1948
Weblinks

Zitiervorschlag

André Holenstein: "Untervogt", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.01.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026436/2014-01-14/, konsultiert am 28.03.2024.