Die Guten Dienste als allgemeiner Begriff umfassen über die spezifisch völkerrechtlichen Schlichtungsprozeduren hinaus nach heutigem Verständnis zugleich einen Kreis weiterer Aktivitäten zur Überbrückung internationaler Konflikte. Die aus ihrer permanenten Neutralität fliessende Glaubwürdigkeit liess die Schweiz schon früh zu einer bevorzugten Trägerin solcher Dienste heranwachsen.
In einer ersten Phase, die 1872 mit dem berühmten Alabama-Schiedsgericht zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich in Genf begann und sich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs erstreckte, stand, auch im Zeichen der Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 (Haager Konventionen), die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in besonderer Blüte, wobei die Schweiz, aus ihrer überkommenen Vergleichs- und Schiedserfahrung innerhalb der Alten Eidgenossenschaft schöpfend, fast ununterbrochen mit schiedsrichterlichen Mandaten bedacht war. Während der Kriegsjahre weitgehend bedeutungslos, flackerte sie zwar wieder auf, wurde dann aber durch den neu geschaffenen Ständigen Internationalen Gerichtshof sukzessive in den Schatten gedrängt. Stattdessen traten neuartige Mandate mit deutlich politischer Implikation in den Vordergrund, so 1921 die Berufung des ehemaligen schweizerischen Bundespräsidenten Felix Calonder zum Präsident der deutsch-polnischen Gemischten Kommission im konfliktgeladenen Oberschlesien (bis 1936), 1937 die Ernennung Carl Jacob Burckhardts zum Hochkommissar des Völkerbundes in der Freien Stadt Danzig (bis Kriegsausbruch 1939), 1953 die Teilnahme der Schweiz an der Überwachung des Waffenstillstandes im Koreakrieg, die immer noch andauert, sowie die schweizerische Vermittlung (Botschafter Olivier Long) zwischen Frankreich und Algerien, die schliesslich 1962 zum Abkommen von Evian und zur Unabhängigkeit Algeriens führte.
Eine auf die Schweiz zugeschnittene Domäne ist aber auch die Wahrnehmung fremder Interessen: Die Schweiz versucht als Schutzmacht ein unerlässliches Mass an Kontakten zwischen zwei Staaten aufrecht zu erhalten, die ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben. Erste Erfahrungen gehen auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 zurück, erweiterten sich im Ersten Weltkrieg und erreichten im Zweiten Weltkrieg mit wechselseitigen Vertretungen von insgesamt 35 Staaten (mit insgesamt 200 Einzelmandaten) einen absoluten Höhepunkt. Nach Kriegsende rasch abflachend, stieg jedoch deren Zahl angesichts neu auftauchender internationaler Spannungen 1946-1964 auf 46 Mandate. In Kraft war davon 1998 noch die Interessenwahrung seitens der Schweiz zugunsten der USA in Kuba (seit 1961), wobei die Schweiz 1991 einvernehmlich zugleich auch die Vertretung der kubanischen Belange in den USA übernahm. Von besonderer Bedeutung war der schweizerische Einsatz als Schutzmacht für Grossbritannien im Falklandkrieg 1982 (Mandat bis 1990) sowie das seit 1980 andauernde Mandat zugunsten der USA im Iran (seit der Geiselnahme von amerikanischen Botschaftsangehörigen in Teheran).
Mit der Schaffung der UNO haben sich weite Bereiche der Guten Dienste in ihre Sphäre verschoben. Obwohl die Schweiz der «politischen» UNO bis 2002 nicht angehörte, konnte es angesichts deren Verflechtung, Erfahrung und Disponibilität nicht ausbleiben, dass auch die Weltorganisation immer wieder an deren Beistand appelliert. Das gilt nicht nur im weit verzweigten logistischen und finanziellen Bereich, sondern auch in der Berufung schweizerischer Persönlichkeiten in leitende Funktionen (v.a. in Genf) und zu Sondermissionen, aber ebenso für den Einsatz sogenannter Blaumützen-Kontingente 1990 in Namibia (Überführung des Landes in die Unabhängigkeit) und seit 1992 in der Westsahara (geplante Volksbefragung über die Zukunft des Landes). In seinem «Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er Jahren» (1993) hat der Bundesrat die bisherigen Leitlinien angepasst, aber in der Grundidee bestätigt. In Umsetzung der dort postulierten, prioritären aussenpolitischen Aufgabe der «Wahrung und Förderung von Sicherheit und Frieden» engagierte sich die Schweiz 1994 in einem friedensfördernden Programm anlässlich der Wahlen in Südafrika sowie 1996 in Bosnien-Herzegowina im Rahmen der OSZE (Aussenpolitik).