Während sich die gelehrten (internistischen) Ärzte als ausschliessliche Verwalter und Mehrer der medizinischen Wissenschaft (Medizin) verstanden, vermochten die handwerklich ausgebildeten, weniger geachteten Bader, Barbierchirurgen, Wundärzte, Feldscherer und Geburtshelfer das Gebiet der Chirurgie und gleichzeitig des Barbierberufs bis ins 18. Jahrhundert als Domäne zu verteidigen.
Die Chirurgen durchliefen eine handwerkliche Lehre und bildeten einen Stand, der in der Regel zu den ehrenhaften (Bern, Zürich), zuweilen aber auch zu den unehrenhaften Berufen (Basel) zählte. Oft in Zünften zusammengeschlossen, die den Chirurgen der Zunftstädte den Zugang zu politischen Ämtern bis zur Bürgermeisterwürde öffnete (z.B. Heinrich Walder, 1524-1542 Bürgermeister von Zürich), führten sie einen bemerkenswert erfolgreichen Kampf gegen Übergriffe der Internisten in ihr Arbeitsgebiet, aber auch gegen das freie Arznen von umherziehenden Gauklern und Marktschreiern, Zahnbrechern, Bruch- und Steinschneidern, Okulisten oder Arzneimittelverkäufern. Die zunftmässig organisierten Chirurgen erreichten, dass nur geprüfte Berufsleute die öffentliche Anerkennung erhielten, die sich den jeweiligen Satzungen der Gesellschaften unterwarfen. In den Stadtorten unterstanden die Chirurgen der Landschaft ihren städtischen Berufskollegen.
In das Arbeitsgebiet der Chirurgen fielen einfache Wundversorgungen, Zahnextraktionen, Bruch- und Steinschnitte, Starstiche, Amputationen, Trepanationen (Schädelöffnung), Kauterisationen (Brennen, Ätzen), die Geburtshilfe, die verschiedene Haut- und Geschlechtskrankheiten, das Einrenken verrenkter Glieder, die Fremdkörperentfernung, die Behandlung von Knochenbrüchen, das Öffnen von Abszessen usw. Manche präventiven oder therapeutischen Eingriffe, wie zum Beispiel der Aderlass, geschahen auf Anweisung des gelehrten Arztes. Den vom 16. Jahrhundert an vereidigten Stadtchirurgen oder Stadtschnittärzten oblag die Aufsicht über die Ausbildung der Chirurgen; sie wirkten mit bei der Spitaleinweisung und Betreuung der chirurgischen Kranken. Die Berufsgruppen der Chirurgen und der gelehrten Ärzte wirkten meist einträchtig in verschiedenen Kommissionen des öffentlichen Gesundheitswesens (Wundgschau zur Einweisung in die Krankenanstalten, gerichtsmedizinische Behörden, Schlichtungsinstanzen von Streitigkeiten zwischen Ärzten bzw. Ärzten und Patienten, Sonderkommissionen zur Bekämpfung von Seuchen), da die Chirurgen die geistige Überlegenheit der Doktoren anerkannten, diese sich aber ihrerseits verpflichteten, alle den Chirurgen vorbehaltenen Eingriffe zu respektieren.
Im 18. Jahrhundert, zum Teil aber erst nach 1850 verlor sich der Gegensatz zwischen Ärzten und Chirurgen, indem akademisch ausgebildete Ärzte zunehmend das Fachgebiet der Chirurgie übernahmen oder den Chirurgen an meist privat gegründeten medizinisch-chirurgischen Ausbildungsstätten (z.B. Zürich 1782, Bern 1797) eine bessere anatomische und physiologische Grundlage boten. Methoden und Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Forschung (Anästhesie, Asepsis, Röntgendiagnose, Blutersatz) erweiterten im 19. und 20. Jahrhundert die Grenzen des chirurgischen Handelns und sicherten dem Chirurgen als nunmehr universitär ausgebildetem medizinischem Spezialisten ein dem Internisten ebenbürtiges Ansehen.