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Höhlenkunde

Speläologie

Im Mittelalter wurden Höhlen – in der Schweiz sind über 7500 bekannt – wegen ihres mystischen Charakters kaum erforscht. Da sie angeblich von Naturwesen bevölkert waren, wurden sie gemieden, es sei denn sie dienten als Zufluchtsstätten für Eremiten oder als Wohnburgen. 1555 beschrieb Konrad Gessner die sagenumwobene, angeblich heilkräftige Mondmilch (weisse Calcitmasse) aus dem Mondmilchloch im Pilatusmassiv. Doch erst 1767 publizierte Moritz Anton Kappeler den ersten Höhlenplan des Mondmilchlochs. Ab 1861 wurden im Wildkirchli prähistorische Tierknochen- und Werkzeugfunde gemacht. 1898 fand eine erste Vermessung (4,3 km) des Muotathaler Höllochs statt, welches das längste Höhlensystem der Schweiz ist (196,89 km/939 m). Ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Höllgrotten in Baar entdeckt. 1909 galt das Nidlenloch im Solothurner Jura mit 394 m Tiefe während einiger Jahre als tiefste Höhle der Welt.

1939 erfolgte die Gründung der Schweizerischen Gesellschaft für Höhlenforschung (SGH). Sie umfasste zu Beginn des 21. Jahrhunderts 41 Sektionen und ist für Vermessung, Dokumentation, Schutz und Nutzen der schweizerischen Höhlen sowie für Rettungen zuständig (gemeinsam mit der Rega). Mit der Gründung der SGH setzte nach einer Phase der systematischen Erforschung der Höhlen die organisierte Höhlenforschung ein. 1961 publizierte Maurice Audétat das erste Höhleninventar der Westschweiz und des Tessins.

1966 begann die Erforschung des Karstgebiets der Sieben Hengste bei Beatenberg. Zwei Jahre später wurde bei der Vermessung des Höllochs erstmals die 100-km-Marke überschritten. Mit dem Aufkommen der Einseiltechnik multiplizierte sich zu dieser Zeit die Anzahl der Höhlenforscher. Seit 1970 ist die Höhlenforschung in der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften vertreten. Alfred Bögli publizierte 1978 das weltweit beachtete Werk "Karsthydrographie und physische Speläologie" (englisch 1980). Ein Hochwasser schuf 1987 die Verbindung der Sieben Hengste mit dem Faustloch. Dieses System überschritt damals erstmals die Marke von 1000 m Tiefe und gilt bis anhin als tiefstes in der Schweiz (150 km/1340 m). 1998 wurde die SGH Referenzorganisation der Eidgenossenschaft für Karstfragen. Ein Jahr später gründete die SGH das Schweizerische Institut für Speläologie und Karstforschung in La Chaux-de-Fonds.

Quellen und Literatur

  • J.-J. Pittard, Explorateurs de l'ombre, 1985
  • A. Wildberger, C. Preiswerk, Karst und Höhlen der Schweiz, 1997
Weblinks

Zitiervorschlag

Philipp Häuselmann: "Höhlenkunde", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.06.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/044987/2012-06-15/, konsultiert am 13.09.2024.