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Vittoria MariannaRiva

8.2.1714 Lugano, nach 1791 Lugano, katholisch, von Lugano. Gräfin, Oberin des Augustinerinnenklosters Santa Margherita in Lugano.

Brief von Francesco Saverio Riva an seinen Bruder Antonio Riva in Betreff ihrer Nichte Vittoria Marianna Riva. Tinte auf Papier, 12. September 1754 (Archivio storico della città di Lugano, Lugano, Fondo Famiglia Riva, Inv. 1.341).
Brief von Francesco Saverio Riva an seinen Bruder Antonio Riva in Betreff ihrer Nichte Vittoria Marianna Riva. Tinte auf Papier, 12. September 1754 (Archivio storico della città di Lugano, Lugano, Fondo Famiglia Riva, Inv. 1.341). […]

Maria Anna Vittoria Lucrezia Riva war das vierte von zwölf Kindern des Rodolfo Giovanni Riva, eines der einflussreichsten Magistraten Luganos, und der Maria Maddalena Rusca, die ihrerseits aus einer der mächtigsten Familien der Stadt stammte. Als Enkelin des Grafen Giovanni Battista Riva, Stammvaters der Linie der Notabeln, führte sie den Gräfinnentitel. Wie vielen jungen Adelsfrauen der damaligen Zeit war ihr eine geistliche Laufbahn bestimmt. Durch Vermittlung des Grafen Antonio Riva, ihres Onkels und Taufpaten, trat sie 1731 gegen eine bescheidene Aussteuer ins Augustinnerinnenkloster Santa Margherita in Lugano ein, wo sie den Ordensnamen Vittoria Marianna annahm. Wohl im Folgejahr, anlässlich ihrer feierlichen Profess, erschien ein Lied mit dem Titel Della vanità de’ beni mondani («Von der Vergänglichkeit der weltlichen Güter»), komponiert vom Grafen und Abt Francesco Saverio Riva, der ebenso ihr Onkel war wie der bedeutende Geistliche und Intellektuelle Gian Pietro Riva. Zur Oberin oder Äbtissin (1745-1747 und 1758-1760) und Vikarin (1791) des Klosters Santa Margherita avanciert, sind Vittoria Marianna Rivas Führungsaufgaben in zahlreichen landwirtschaftlichen Pachtverträgen sowie klösterlichen Grundstücks- und Kreditgeschäften, die ihren Namen tragen, dokumentiert.

Die religiösen Frauengemeinschaften waren nicht der Gerichtsbarkeit des jeweiligen Ordens, sondern derjenigen des Bischofs unterstellt. In der frühen Neuzeit spielten sie eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben grösserer Dörfer und der Städte: Nicht nur bildeten die Klöster für die vielen jungen Frauen, die in den geistlichen Stand eingewiesen wurden, eine örtliche Unterbringungsmöglichkeit, sondern sie boten darüber hinaus Schulbildung, die Möglichkeit zur künstlerischen Entfaltung (Musik und Malerei) sowie Unterweisung in handwerklichen Tätigkeiten. Auch die Riva reihten sich ganz in diese Tradition ein, indem einerseits zahlreiche Familienmitglieder in die religiösen Orden der Stadt eintraten, und andererseits die Familie diese Gemeinschaften sowohl durch gute Dienste als auch materiell unterstützte. So sorgte der Grossvater von Vittoria Marianna Riva, der bereits erwähnte Giovanni Battista Riva, 1726 in seinem Testament für die medizinische Versorgung von Santa Margherita, während ihr Onkel Francesco Saverio Riva, der in einer prächtigen Villa gegenüber dem Kloster im Stadtteil Verla lebte, lange Zeit dessen Schirmherr war. Der berufliche Werdegang von Vittoria Marianna Riva, der sich zumindest in groben Zügen rekonstruieren lässt, steht somit stellvertretend für viele andere, weniger gut dokumentierte Laufbahnen von Klosterfrauen, die in führende Positionen avancierten, sich aktiv ins gesellschaftliche Leben der Stadt einbrachten und insbesondere im Bildungsbereich Akzente zu setzen vermochten.

Quellen und Literatur

  • Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona, Fondo conventi soppressi.
  • Archivio storico della città di Lugano, Lugano, Fondo Famiglia Riva.
  • Fidecommesso Riva (Hg.): Storia della famiglia Riva, 3 Bde., 1972-1993.
  • Canobbio, Elisabetta: «Lugano», in: Helvetia Sacra, IV/6, 2003, S. 213-228.
  • Schnyder, Marco: Famiglie e potere. Il ceto dirigente di Lugano e Mendrisio tra Sei e Settecento, 2011.
  • Caesar, Mathieu; Schnyder, Marco (Hg.): Religion et pouvoir. Citoyenneté, ordre social et discipline morale dans les villes de l'espace suisse (XIVe-XVIIIsiècles), 2014.
  • Nicoli, Miriam: «Les religieuses et leur rôle éducatif au Tessin à l’aune des écrits conventuels (Ancien Régime-début du XIXs.)», in: Etudes de Lettres,  2016/1-2, S. 135-156.
Weblinks
Kurzinformationen
Variante(n)
Maria Anna Vittoria Lucrezia Riva (Geburtsname)
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ 8.2.1714 ✝︎ 1791

Zitiervorschlag

Marco Schnyder: "Riva, Vittoria Marianna", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 26.05.2023, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/059601/2023-05-26/, konsultiert am 14.09.2024.