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Erlenbach (ZH)

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Meilen. Dorf am gleichnamigen Bach mit den früheren Aussenwachten Wyden, Winkel, Isler, Bindschädler und Lerchenberg, am rechten Ufer des Zürichsees am Verkehrsweg Zürich-Rapperswil gelegen. 981 (im Liber Heremi, unsicher), 1173-1190 Erlibach. 1400 ca. 200 Einwohner; 1764 682; 1850 978; 1860 936; 1888 944; 1900 1207; 1910 1510; 1950 3448; 1970 4523; 1990 4377; 2000 4609; 2010 5188; 2020 5536.

Erlenbach (ZH): Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.
Erlenbach (ZH): Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.

Aus dem Neolithikum stammen Ufersiedlungen im Winkel und Wyden mit Artefakten vor allem der Horgener Kultur (daneben Pfyner Kultur, Schnurkeramik, Frühbronzezeit) sowie Steinkistengräber im Gehren, aus der Bronzezeit ein Brandgräberfeld im Grund (Nekropolen). Eine römische Villa auf der Allmend ist nur zu vermuten. Zum zwischen 1173 und 1190 erwähnten Dinghof (später Kelnhof) des Klosters Einsiedeln gehörten die niedere Gerichtsbarkeit und bedeutender Rebbesitz. Meier im erblichen Amt waren durch Klosterammänner ersetzt worden, deren Haus sich bei der Schifflände befand. Das Hofrecht (1331, erneuert 1510, 1620, 1682) regelte Rechte und Pflichten der Hofleute untereinander und gegenüber dem Abt. Die hohe Gerichtsbarkeit hatten vor 1200 die Freiherren von Tengen, dann die Grafen von Rapperswil, 1335-1400 die Grafen von Toggenburg inne. Nach der Verpfändung an Zürich um 1400 war Erlenbach bis 1798 Obervogtei, gehörte 1803-1815 zum Bezirk Horgen, danach zum Oberamt und heutigen Bezirk Meilen. Von den im 16. und 17. Jahrhundert erwähnten Burgstellen Dachsberg und Balp fehlen gesicherte archäologische Nachweise. In den Alten Zürichkrieg datiert ein Scharmützel am See, der sogenannte Gehrenkrieg 1445. Eine Einsiedler Propstei des 12. Jahrhunderts am See ist unsicher überliefert. Die 1275 erwähnte Kirche St. Agnes (Neubau 1497-1517) war bis 1703 Filiale von Küsnacht. Danach wurde Erlenbach selbstständige Kirchgemeinde. Nach dem Bau der neugotischen Kirche 1890 wurde die Agneskirche 1892 abgebrochen. Von der Reformation bis 1850 fast ausschliesslich reformiert, waren die Einwohner 2000 zu 47% reformiert, zu 29% katholisch.

Die Bevölkerung der Gemeinde war vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert vor allem mit Rebbau (Rebturm des 17. Jh., 1886 65 ha Rebfläche) beschäftigt, daneben wenig Acker-, Gartenbau und Viehwirtschaft. Besitzer der Rebgüter – als Einsiedler Erblehen – waren ab dem späten 14. Jahrhundert häufig Zürcher Stadtbürger (u.a. Meiss, von Grebel). Eine Allmendteilung (Allmend) erfolgte 1793. Mühle (1331 erwähnt) und Säge am Dorfbach erlitten 1778 und 1878 Überschwemmungsschäden. Besitzer der herrschaftlichen Landgüter Erlengut, Mariahalde und Meissengut (Schönegg) waren wohlhabende Zürcher Stadtbürger. Textile Heimindustrie (1830 über 130 Webstühle) und dörfliches Gewerbe wurden von der Textilindustrie (1872-1929 Seidenweberei Schwarzenbach) und der nachfolgenden Maschinenindustrie (1880 Spulmaschine von Conrad Graf, Maschinenfabrik Schärer bis 1988) verdrängt. Nach Eröffnung der rechtsufrigen Bahnlinie 1894 erfuhr Erlenbach ein Wachstum als Wohngemeinde, teils als Villenvorort der Stadt, mit dörflichem Gepräge. Die Kuranstalt Fellenberg (Kneippkuren) bestand 1898-1917. Die Mariahalde wird seit 1894 von der Martin Stiftung als Wohnheim für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen geführt.

Quellen und Literatur

  • Kuprecht, Karl; Imhof, Walter: Erlenbach. Geschichte einer Zürichseegemeinde, 1981.
  • Kuprecht, Karl: Kirche und Kirchgemeinde Erlenbach in ihrer Geschichte, 1990.
Von der Redaktion ergänzt
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Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1173-1190: Erlibach

Zitiervorschlag

Karl Kuprecht: "Erlenbach (ZH)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.08.2023. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000106/2023-08-29/, konsultiert am 29.03.2024.