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Bauma

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Pfäffikon, am Fuss des Hörnli im oberen Tösstal gelegen, bestehend aus den zwei Gemeindeteilen Bauma und Saland mit rund 80 Weiler- sowie Einzelhofsiedlungen in der Talsohle und an den Abhängen, unter anderem dem früh erwähnten Hörnen (869 Huornomarcha), Blitterswil, Wellenau, Undel, Bliggenswil, Lipperschwendi und Laubberg, zudem seit 2015 mit Sternenberg. 1470 Boumen. 1468 27 Haushaltungen; 1634 455 Einwohner; 1691 1082; 1772 2530; 1836 3217; 1850 2993; 1900 2768; 1950 2989; 2000 4259.

Eine dauerhafte Besiedlung erfolgte vom 7. bis 10. Jahrhundert von Westen her, zunächst auf Geländeterrassen und am Rande des Talbodens. Zentrum des im 12. und 13. Jahrhundert intensivierten Landesausbaus war der Burgsitz Alt-Landenberg. Charakteristisch für das 16. bis 19. Jahrhundert wurde die Ausbildung mehrerer Flarzdörfchen. Das grosse Gemeindegebiet ging mehrheitlich aus dem Niedergerichtssprengel des 1549 von Zürich erworbenen St. Galler Burglehens Alt-Landenberg hervor; südöstlich des Tösslaufs folgt die Gemeindegrenze der ehemaligen Kyburger Landmarch. Eine selbstständige Gemeinde entwickelte sich erst nach dem Bau einer eigenen Kirche (1651). Neben der damals von Bäretswil und Pfäffikon abgetrennten Kirchgemeinde entstanden im 17. und 18. Jahrhundert Schulgemeinden in Undel, Lipperschwendi und Blitterswil (zusammengelegt 1959). Seit der Helvetik besitzt die politische Gemeinde eigene Behörden und Finanzmittel. Die bestehende Zivilgemeinde Bauma ging im 19. Jahrhundert aus einer mit der Jahrmarktsaufsicht betrauten Fleckengenossenschaft hervor.

Bauma liegt im Übergangsgebiet von der Ackerbau- zur Graswirtschaftszone. Vom Spätmittelalter an verlor der Getreidebau (grösste Ausdehnung um 1300, Umwandlung des Sennhofs Wellenau in verzelgte Ackerflur) gegenüber Viehwirtschaft und vorindustrieller Heimarbeit (im 17. und 18. Jh. Ablösung der v.a. nach St. Gallen orientierten Leinenweberei durch Baumwollverarbeitung) an Boden. Der seit 1661 abgehaltene regionale Wochenmarkt förderte den Einfluss der Zürcher Tuchherren und eine lokale Sozialstruktur, welche von wohlhabenden Vieh- und Kornbauern, Gewerbeinhabern (Müller, Ladenhändler, Färber, Wirte) und Tuchverlegern einerseits, andererseits einer rasch wachsenden Mehrheit kleinbäuerlicher Heimarbeiter bestimmt war. Die geografische Randlage, die Streusiedlungsweise und Einflüsse vom Zürichsee bis zum Voralpengebiet prägten eine eigenständige Mentalität, die zeitweise in politischem und religiösem Nonkonformismus (Täufer im 16. und 17. Jh., Separatisten um 1770-1780) zum Ausdruck kam.

Im 19. Jahrhundert verbesserten sich die Verkehrsbedingungen dank Strassen- und Bahnbau (Tösstalstrasse 1835, Verbindung nach Wetzikon 1839, Tösstalbahn 1876, Uerikon-Bauma-Bahn 1901). An der Töss und an Nebengewässern entstanden nach 1821 mehrere Textilfabriken, ferner im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts verlagsmässig betriebene Stickerei-Lokale. 1905 stellte das Textilgewerbe 515 der 1725 Arbeitsplätze. Daneben wurde Holz zu Gebrauchsgegenständen verarbeitet (daher der Ausdruck "Chelleland"). 1986 schloss die letzte Textilfabrik ihre Tore. Zentralörtliche Funktionen für das Zürcher Berggebiet (Gewerbezentrum, Hallenbad, Kreisspital), Naherholungstourismus (u.a. Guyer-Zeller-Wanderwege, Museums-Dampfbahn) und eine wachsende Zahl von Wegpendlern bestimmen die jüngste Gemeindeentwicklung.

Quellen und Literatur

  • Kdm ZH 3, 1978, 282-310
  • Gesch. der Gem. Bauma, 1994
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Thomas Schärli: "Bauma", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.11.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000116/2016-11-24/, konsultiert am 19.03.2024.