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Russikon

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Pfäffikon. Periurbane Wohngemeinde in einer Geländemulde auf dem Höhenzug zwischen Töss und Kempt. 775 Hroadgisinchova (Zuweisung unsicher), 1247 Rusinchon. 1467 32 Haushalte; 1634 512 Einwohner; 1710 981; 1850 1876; 1900 1272; 1950 1358; 1980 2810; 2000 3952.

Höhensiedlung Furtbühl aus der späten Bronze- bzw. der frühen Hallstattzeit. Im 8. Jahrhundert war Russikon Grundbesitz des Klosters St. Gallen. Hoch- und mehrheitlich auch niedergerichtlich gehörte Russikon zur Grafschaft Kyburg und gelangte mit dieser 1424 vorläufig und 1452 endgültig an Zürich. Die niederen Gerichte über das Dorf Gündisau, mit welchen die Habsburger die Herren von Wildberg belehnt hatten, wurden Ende des 14. Jahrhunderts in die Gerichtsherrschaft Werdegg-Hittnau integriert. Die Siedlungswüstung Erisberg ist 1471 letztmals bezeugt. Bereits im 16. Jahrhundert verfügte Russikon über ein ansehnliches Gemeindegut, so dass der Zürcher Rat 1600 die Einkaufsgebühr für Neubürger gegenüber 1557 verdoppelte. Die 1275 erwähnte Pfarrkirche geht gemäss Grabungsergebnissen (1977) bis auf die romanische Zeit zurück, der Kern des heutigen Baus datiert von 1519 bis 1523. Die Patronatsrechte kamen 1385 vom Schaffhauser Schultheissen Hans von Randenburg an die Grafen von Toggenburg und 1438 an das Antoniterspital von Uznach. Erst 1809 erwarb der Kanton Zürich die Kollatur.

1789 erstellte Russikon ein Schul- und Gemeindehaus. Die textile Heimindustrie war verbreitet, 1772 beschäftigte die Baumwollspinnerei 40% der Bevölkerung. Die Erschliessung der Gemeinde begann mit dem Ausbau der Strassenverbindung nach Fehraltorf und ins Tösstal (1849-1852), Postkutschen verkehrten ab 1865, Postautos ab 1925. Die Gemeinde beteiligte sich am Bau der Kemptthalbahn (1876 Bahnstation in Fehraltorf). Die Industrialisierung knüpfte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Heimindustrie an. 1816 entstand die Kleinspinnerei "im Töbeli" in Sennhof und 1824 jene in der Bläsimühle. 1837 nahm der erste Betrieb die Zündholzfabrikation auf. Der einheimische Jean Weber und Adolf Bosshard gründeten 1887 die Weberei Weber und Bosshard (heute WR Weberei Russikon AG), den einzigen industriellen Grossbetrieb der Gemeinde. 1850 waren ca. 320 Personen in der Landwirtschaft beschäftigt; die Verlagerung vom Ackerbau zur Milchwirtschaft dokumentieren die Gründungen von Sennereigenossenschaften, unter anderem 1873 in Gündisau, 1896 in Madetswil und 1907 in Russikon. Die Zivilgemeinden Madetswil, Gündisau, Wilhof, Ludetswil, Sennhof und Rumlikon wurden 1928 aufgelöst. Die Entwicklung zur Agglomerationsgemeinde setzte mit der Zonenplanung von 1963 ein, die Südlagen wurden hauptsächlich mit Einfamilienhäusern überbaut, in jüngerer Zeit führte der Trend zu Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Gemeinde nahm 1941-2000 nur unwesentlich zu, während sich die Zahl der Berufstätigen in derselben Periode verdreifachte und dadurch der Anteil der Wegpendler von 16% auf 75% stieg. 1976 wurde das 1900 gegründete Pestalozziheim für lernbehinderte und verhaltensauffällige Kinder von Pfäffikon nach Russikon verlegt. Mit 15 Wohn- und Schulgebäuden sowie Personalhäusern hat die Institution Dorfcharakter.

Quellen und Literatur

  • H. Keller, F. Hauswirth, Chronik der Gem. Russikon, 2 Bde., 1998
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Martin Illi: "Russikon", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000123/2011-12-09/, konsultiert am 19.03.2024.