Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Winterthur, im mittleren Tösstal, umfasst Zell sowie die 1933 aufgelösten Zivilgemeinden Ober- und Unterlangenhard, Au-Kollbrunn und Rikon sowie mehrere Einzelsiedlungen wie Rämismühle und Lettenberg (mit abgegangener Filialkapelle). 741 Cella. 1580 552 Einwohner; 1780 ca. 900; 1836 1685; 1850 1855; 1900 1666; 1950 2892; 1970 4008, 2000 4595.
Reste einer spätrömischen Portikusvilla, einer Einsiedlerklause und ein Kirchenbau aus der Zeit um 900 wurden unter der reformierten Kirche entdeckt. 741 schenkte Beata Grundbesitz in Zell dem Kloster Lützelau. Durch den Verkauf desselben an das Kloster St. Gallen wurde Zell Curia und in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts auch Ausstellungsort von Urkunden dieser Abtei. Die Gerichtsbarkeit lag im Hochmittelalter beim Haus Kyburg. Mit der im späteren 12. Jahrhundert gebauten und im 16. Jahrhundert abgegangenen Burg Liebenberg oberhalb von Au an der Töss als Mittelpunkt errichteten die kyburgischen Schenken zu Liebenberg ein eigenständiges Herrschaftsgebilde. Entsprechend der teils hügeligen, teils eingeengten Lage des Gemeindegebiets war die Flurverfassung heterogen; Zelgenblöcke, Egarten- und Urwechselwirtschaft bestanden nebeneinander, was das rasche Aufkommen der textilen Protoindustrie schon im früheren 17. Jahrhundert begünstigte.
Die heutige Saalkirche stammt aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts; darin integriert sind der Turmchor der romanischen Kirche mit der 1958-1959 freigelegten Ausmalung aus dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts und den 1930 weitgehend zerstörten Übermalungen von 1464. Die Kirche wurde 1789 gegen Westen verlängert und barockisiert; die «Regotisierung» erfolgte 1958-1959.
An der Töss setzte die Industrialisierung früh ein. Die jeweiligen Wasserrechte der Mühlen nutzend, entstanden 1817-1818 erste mechanische Spinnereien in Rikon und Rämismühle, denen 1824, 1842 und 1850 bzw. 1855 weitere Anlagen folgten. Die Spinnfabriken in Kollbrunn, wo sich 1831 eine mechanische Werkstätte für Spinnmaschinen niederliess, wurden 1833 und 1837 gegründet.
Um 1850 war das Gemeindegebiet hochindustrialisiert. Zuzüger bewirkten ein rasches Wachstum der Bevölkerung in der Talachse, während die Einwohnerzahl im einst wohlhabenden Bauern- und Weberdorf Oberlangenhard auf dem Hochplateau abnahm. Die Tösstalstrasse wurde 1817-1818 und 1837-1839 ausgebaut. Die 1875 eröffnete Tösstalbahn verfügte auf dem Gemeindegebiet über drei Stationen. Typische soziale Gegensätze des frühen Fabrikzeitalters wurden innerhalb der Gemeinde abgebaut, unter anderem dadurch, dass sich die Unternehmer aktiv an der Gemeindepolitik beteiligten und ihre Interessen an Gemeindeversammlungen direkt darzulegen wussten. Zeitweise bestanden Spannungen zwischen den eingesessenen Fabrikarbeitern mit Grundeigentum und zugezogenen Arbeitern ohne eigenes Haus; sie verschwanden jedoch rasch infolge der Durchsetzung eines auf dem Einwohnerprinzip basierenden Gemeindeverständnisses. Die Krise nach 1880 zog einen vorübergehenden Bevölkerungsrückgang nach sich.
Die Textilindustrie Zells kämpfte von den 1960er Jahren an mit den branchenüblichen Strukturproblemen. Die Folgen waren Anfang des 21. Jahrhunderts noch spürbar. Frühe Fabrikbauten, Fabrikantenwohnbauten, Arbeiterhäuser, Kanal- und Weihersysteme bilden exemplarische Ensembles schützenswerter Industrielandschaften. Die Weiher sind teils als Naturschutzgebiete von Bedeutung. Am Bolsternbuck (Kollbrunn) entwickelte sich ab ca. 1960 ein wegen seiner Nähe zu Winterthur bevorzugtes Wohngebiet. Das Schülersingspiel «Zäller Wiehnacht» des Komponisten Paul Burkhard, das 1960 erstmals in der Dorfkirche Zell aufgeführt wurde, fand grosse Verbreitung. Das seit 1968 bestehende tibetische Kloster in Hinter-Rikon wurde zu einem wichtigen geistigen und kulturellen Zentrum für Exiltibeter.