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Wohlen bei Bern

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Bern, Verwaltungskreis Bern-Mittelland. Die Vorortsgemeinde der Stadt Bern erstreckt sich über die zum Frienisberg ansteigenden Geländeterrassen am rechten Ufer des Wohlensees und umfasst rund zwei Dutzend Dörfer und Weiler, darunter Hinterkappelen, Uettligen, Wohlen, Möriswil, Säriswil, Illiswil, Murzelen und Innerberg. 1275 Wolun. 1764 1060 Einwohner; 1831 2374; 1850 3172; 1900 3235; 1950 2916; 1980 7666; 1990 9003; 2000 8952.

Von der frühen Begehung und Besiedlung des Gemeindegebiets zeugen unter anderem neolithische Steinbeile, je eine bronzezeitliche Lappenaxt in Illiswil und Säriswil, ferner Nekropolen der Hallstatt- und Latènezeit mit Grabhügeln auf oder an heute bewaldeten Hügeln, so im Buchholz, Buchwald, Spachweid, Bühlhölzli und Ausserbergwald. Die römische Besiedlung breitete sich auf allen Terrassen aus. Entdeckt wurden Leistenziegel in Steinisweg, gestempelte Leistenziegel in der Hirscheren, die eventuell auf eine Ziegelei hindeuten, sowie Mauerzüge und ein Gräberfeld (30-40 Bestattungen, Gefässe, Keramik des 1.-2. Jh.) in Uettligen. Bei Hinterkappelen kam ein frühmittelalterliches Gräberfeld mit Beigaben des 7. Jahrhunderts zutage.

Die hochmittelalterlichen Holzburganlagen wie die Burgstellen Ballmoos, Sandbühl, Heugraben und Aspitanne stammen teils wohl aus der Zeit der Herrschaft Oltigen, mit der ein Teil von Wohlen 1410 und 1412 an Bern kam. Wohlen wurde in der bernischen Vogtei Oltigen und 1483-1798 in der Landvogtei Laupen verwaltet und unterstand hochgerichtlich dem Landgericht Zollikofen. Bern erwarb 1412 die Niedergerichtskreise Säriswil und Frieswil, nicht aber die privaten Twingherrschaften Illiswil und Dettigen. Die Kleinherrschaft Dettigen mit dem Landsitz Sagerschlössli in Oberdettigen, der 1595-1601 von Schultheiss Hans Rudolf Sager anstelle eines Vorgängerbaus errichtet worden war, gehörte ab dem Spätmittelalter Bernburgerfamilien und wurde um 1748 verkauft. Rechte und Gericht kamen zum Stadtgericht Bern, das Schlössli an Bauernfamilien. Im 19. Jahrhundert wurden Illiswil und Dettigen allmählich politisch in die Gemeinde eingebunden.

Die Dörfer und Weiler waren mittelalterliche Zelgdörfer und Flurgenossenschaften. Im Spätmittelalter bildeten sich an Randlagen Ausbausiedlungen, zum Beispiel Salvisberg. Einzelhöfe und weitere Weiler, teils Taunerorte, kamen ab dem 16. Jahrhundert auf wie Innerberg, Bächleren, Wölflisried und Steinisweg. Wege verbanden die Dörfer untereinander und mit der Landstrasse Bern-Aarberg-Biel. Über die Aare führte die 1311 erstmals erwähnte Fähre bei Unterdettigen, ab 1467 die Neubrücke bei Bremgarten.

Die 1275 erstmals bezeugte hochmittelalterliche Kirche mit unbekanntem Patrozinium steht in Unterwohlen. Das Schiff aus dem 12.-13. Jahrhundert und der Turm aus dem 14. Jahrhundert sind erhalten. Die Kirche wurde 1678 umgebaut und 1907 sowie 1966-1970 renoviert. Kirchensatz und Kirchenvogtei waren Reichslehen und kamen als Donation der Herren von Bremgarten 1320 und 1354 an die Johanniter von Münchenbuchsee, in der Reformation 1528 an Bern. Im 16. Jahrhundert wurde die Kirchgemeinde mit Aufgaben wie Armen-, Niederlassungs- und Schulwesen betraut, die sie mit Hilfe der Viertel (Kirchgemeindebezirke) Wohlen, Uettligen, Murzelen und Säriswil erfüllte.

Im Umfang der Kirchgemeinde entstand 1834 die Einwohnergemeinde Wohlen. Viertels- und Dorfgemeinden sowie Schul-, Weg- und Spritzengemeinden blieben jedoch bestehen und waren weiterhin für kommunale Aufgaben zuständig, vor allem im Schulwesen, Wegbau und in der Feuerwehr. Die Gemeindezentralisation erfolgte 1922. Aus den ehemaligen Viertelsgemeinden wurden drei Burgerkorporationen.

Bis ins 18. Jahrhundert herrschte Kornbau vor mit Mühlen in Hofen und Säriswil. Im 19. Jahrhundert stieg der Anteil der Vieh- und Milchwirtschaft, erste Käsereien entstanden ab 1819 in Oberwohlen. 1834 wurden die Wälder zwischen dem Staat Bern, den Rechtsamebesitzern und den armen Burgern aufgeteilt. Landwirtschaft mit hablichen Bauernbetrieben prägte auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Flur- und Siedlungsbild sowie die Wirtschaft: 2005 bot der 1. Sektor 20% der Arbeitsplätze in Wohlen. Möriswil, Illiswil, Murzelen und Säriswil bewahrten schöne Ortsbilder.

Die Aufstauung der Aare zum Wohlensee und der Bau des Wasserkraftwerks Mühleberg 1917-1921 durch die Bernischen Kraftwerke AG bedeuteten für die Gemeinde den Verlust von Kulturland und mehreren Dutzend Häusern, brachten ihr aber auch neue Strassen und Brücken sowie Steuereinnahmen. Nach 1960 geriet die Gemeinde in den Sog der Stadt Bern. In aussichtsreicher Lage über dem Stausee entstanden vorstädtische Siedlungen in Uettligen, Säriswil, Innerberg, Wohlen und vor allem Hinterkappelen. Gute Verkehrsverhältnisse über die neue Kappelenbrücke von 1920 – mit ersten Postautokursen ab 1906 – sowie der Anschluss an verschiedene Autobahnen ab 1962 lockten Zuzüger an.

Trotz Betrieben des grafischen Gewerbes, Bausektors und Holzbaus sowie Kleingewerbes vor allem in Wohlen, Uettligen und Hinterkappelen überwogen 2000 die Wegpendler mit 78% der Erwerbstätigen. Zentrale Institutionen und Dienstleistungsbetriebe verteilten sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem auf Wohlen mit Kirche und Gemeindeverwaltung, ferner Post, Spitex und landwirtschaftlicher Genossenschaft, Uettligen mit Sekundarschule, Post, Altersheim, landwirtschaftlicher Genossenschaft und eidgenössischer Versuchskäserei sowie Hinterkappelen mit Sekundarschule, Post, Gesundheits- und Ladenzentrum. Die Gemeinde wurde 2012 von den drei Pfarrämtern in Wohlen, Hinterkappelen und Uettligen betreut. Entsprechend der geografisch-demografischen Vielfalt ist Wohlen in sechs Schulbezirke mit sieben Schulhäusern eingeteilt, die seit 2010 unter einer einzigen Schulkommission stehen.

Quellen und Literatur

  • E. Jenni, Uettligen, 1985
  • B. Christen, Wohlen: Eine toponomast. Unters. zur Siedlungsgesch., Liz. Bern, 1986
  • T. Loertscher, Bauinventar der Gem. Wohlen, Amtsbez. Bern, [1992]
  • C. Waber et al., Die Pfarrkirche von Wohlen bei Bern, 1995
  • T. Brodbeck, A. Schüpbach, Wohlen bei Bern im 19. und 20. Jh., 2006
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Wohlen bei Bern", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.02.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000218/2015-02-03/, konsultiert am 11.11.2024.